Wirtschaftsrecht

Tschernobyl und das österreichische AtomHG

Helmut Koziol

Die Gefährdungshaftungsbestimmungen des AtomHG gehörten bisher glücklicherweise nicht zum „lebenden“ Recht in Österreich; das Reaktorunglück von Tschernobyl verhilft ihnen nun möglicherweise zu einer unerwünschten praktischen Bedeutung. Der Verkauf von Frischgemüse wurde wegen dessen radioaktiver Verseuchung untersagt. Gemäß § 3 Abs 1 AtomHG hat der Betriebsunternehmer der Kernanlage, von der die Schädigung ausgeht, dem Eigentümer Ersatz zu leisten, wenn „eine Sache beschädigt oder in ihrer Verwendbarkeit beeinträchtigt“ wird. Der im Gesetz umschriebene Schaden ist somit sicherlich eingetreten. Probleme entstehen jedoch dadurch, daß sich das Unglück in der Sowjetunion ereignet hat und der Betriebsunternehmer des Kernkraftwerkes der sowjetische Staat oder eine dort ansässige Gesellschaft ist. Zunächst stellt sich die Frage der Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes; in Betracht käme hier wohl nur der Gerichtsstand des Vermögens (§ 99 JN), doch sind die Voraussetzungen dafür kaum gegeben, wenn der Betriebsunternehmer eine selbständige juristische Person ist.

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Artikel-Nr.
RdW 1986, 134

01.05.1986
Heft 5/1986
Autor/in
Helmut Koziol

Univ.-Prof. i.R. Helmut Koziol war von 1969 bis 2000 Mitglied der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und danach Direktor des Europäischen Zentrums für Schadenersatz- und Versicherungsrecht. Die Forschungsschwerpunkte lagen im Schuldrecht, insbesondere dem Schadenersatzrecht, ferner dem Bankvertragsrecht und dem Recht der Gläubigeranfechtung.

Publikationen:
Über 400 Veröffentlichungen, insb aus dem Bereich des Schadenersatzrechts, des Bankrechts, des Rechts der Gläubigeranfechtung und der Rechtsvergleichung.