News

Abgabenerhöhung bei Selbstanzeige anlässlich einer Prüfung

Bearbeiter: Birgit Bleyer

FinStrG: § 29 Abs 6 idF BGBl I 2014/65

Gem § 29 Abs 6 FinStrG tritt die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, dass auch eine Abgabenerhöhung entrichtet wird. Selbstanzeigen, die erst zu einem Zeitpunkt erstattet werden, in dem bei verständiger Würdigung der Sachlage mit einer Tatentdeckung gerechnet werden muss, soll nämlich ohne zusätzliche Leistung keine strafbefreiende Wirkung zukommen.

Eine Abgabenerhöhung nach dieser Gesetzesstelle kann dabei auch für nicht vom Prüfungsauftrag umfasste Zeiträume festgesetzt werden. Im Falle einer Selbstanzeige, die nach dem 30. 9. 2014 erstattet wird, kann eine Abgabenerhöhung zudem auch für Tatzeitpunkte vor dem In-Kraft-Treten der Finanzstrafgesetz-Novelle 2014 festgesetzt werden.

VwGH 26. 3. 2019, Ro 2019/16/0003

Sachverhalt

Das Finanzamt kündigte im Oktober 2016 gegenüber der Revisionswerberin eine Außenprüfung betreffend Lohnabgaben, Kommunalsteuer und SV-Beiträge für den Zeitraum 1. 1. 2011 bis 31. 12. 2013 an.

Vor Beginn der Außenprüfung erstattete die Revisionswerberin am 23. 11. 2016 eine Selbstanzeige über die Verkürzung der Lohnabgaben während des Zeitraumes November 2006 bis Oktober 2016.

Mit Bescheid vom 30. 1. 2017 setzte das Finanzamt gem § 29 Abs 6 FinStrG eine Abgabenerhöhung in der Höhe von insgesamt € 88.776,- fest.

Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde mit der Begründung, eine Abgabenerhöhung gem § 29 Abs 6 FinStrG dürfe nur für den von der Behörde zur Prüfung angemeldeten Zeitraum, also für die Jahre 2011 bis 2013, vorgeschrieben werden. Jene Abgabenzeiträume, die erst nach Erstatten der Selbstanzeige in den Prüfungszeitraum einbezogen worden seien, seien für die Bemessung der Abgabenerhöhung auszuscheiden. Die Mehrbeträge an Lohnabgaben beliefen sich für den Zeitraum von 1. 1. 2011 bis 31. 12. 2013 nur auf € 94.254,89, sodass lediglich eine Abgabenerhöhung von € 14.138,23 festzusetzen gewesen wäre.

Das BFG wies mit dem angefochtenen Erkenntnis diese Beschwerde gem § 279 BAO als unbegründet ab.

Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den VfGH, der mit Erkenntnis vom 10. 10. 2018, E 2751/2018, Rechtsnews 26226, aussprach, dass die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis nicht in Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden sei, die Beschwerde abwies und sie dem VwGH zur Entscheidung darüber abtrat, ob die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis in einem sonstigen Recht verletzt worden sei.

Auch der VwGH wies die erhobene Revision als unbegründet ab.

Entscheidung

Abgabenerhöhung für sämtliche Zeiträume

Die ErläutRV zur FinStrG-Novelle 2014 verdeutlichen, dass generell Selbstanzeigen, die erst zu einem Zeitpunkt erstattet werden, in dem bei verständiger Würdigung der Sachlage mit der Tatentdeckung gerechnet werden muss, ohne zusätzliche Leistung keine strafbefreiende Wirkung mehr zukommen soll. Auch der VfGH sah die Zielrichtung des § 29 Abs 6 FinStrG dahin, mit der Selbstanzeige von vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Finanzvergehen nicht erst bis zur (Ankündigung der) finanzbehördlichen Überprüfung zuzuwarten. Die Abgabenerhöhung schaffe einen Anreiz, Selbstanzeigen bereits frühzeitig, ohne konkreten Anlass einer behördlichen Überprüfung, zu erstatten.

Die vollumfängliche Erfassung aller von der revisionsgegenständlichen Selbstanzeige vom 23. 11. 2016 abgedeckten Zeiträume und Abgaben bei der Festsetzung der Abgabenerhöhung nach § 29 Abs 6 FinStrG idF der FinStrG-Novelle 2014 ist daher nach Ansicht des VwGH vom Telos der Novelle gedeckt. Somit waren die Abgabenbehörde und das BFG bei der Bemessung der Abgabenerhöhung nach § 29 Abs 6 FinStrG idF der FinStrG-Novelle 2014 weder auf den Zeitraum ab dem In-Kraft-Treten dieser Novelle noch auf jenen in der Ankündigung vom Oktober 2016 beschränkt, sondern konnten prüfen, ob der Bemessung der Abgabenerhöhung sämtliche während des gesamten Zeitraumes der Selbstanzeige verkürzten Abgabenbeträge zugrunde zu legen seien, weil die Selbstanzeige auch insoweit anlässlich der angekündigten Außenprüfung erstattet worden sei.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27492 vom 25.06.2019