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Abgrenzung Versicherungsagent - Versicherungsmakler

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GewO 1994: § 94, § 137, § 137c, § 137f

MaklerG § 26

VersVG § 43

Die GewO 1994 ermöglicht es dem Versicherungsagenten, Agenturverhältnisse mit mehr als einem Versicherungsunternehmen einzugehen, verbietet ihm aber, dass er als Versicherungsmakler tätig wird. Ein Mehrfachagent, der das Trennungsgebot missachtet und gegenüber seinem Kunden innerhalb einer Versicherungssparte mehrere Versicherungsunternehmen ins Spiel bringt, steht nicht mehr eindeutig auf der Seite der Versicherungsunternehmen. Sobald er signalisiert, für den Kunden eine ausgewogene Marktuntersuchung (§ 137f Abs 9 GewO 1994) vorzunehmen und das Produkt auszuwählen, das den Kundenbedürfnissen am besten entspricht, tritt er als Makler auf. Zivilrechtlich ist er dann gegenüber seinem Kunden als Makler verpflichtet, und zwar idR aufgrund eines Maklervertrags.

Mehrfachagenten unterliegen daher einer spezifischen Deklarations- und Offenlegungspflicht. Die Deklarationspflicht (§ 137f Abs 1 und 2 GewO 1994) besagt, dass Versicherungsagenten „im Geschäftsverkehr als solche aufzutreten“ haben. Der Agent muss seine Gewerberegistriernummer, die Bezeichnung „Versicherungsagent“ und jene Versicherungsunternehmen auf seinem Geschäftspapier anführen, zu denen er im Agenturverhältnis steht. Die Offenlegungspflicht sieht vor, dass der Mehrfachagent bestimmt, für welches der Versicherungsunternehmen er im Folgenden als Agent auftritt. Sobald ein Mehrfachagent gegenüber seinem Kunden seine Pflichten zur Deklaration und Offenlegung erfüllt, ist hinsichtlich seiner Versicherungsunternehmen eine Maklertätigkeit ausgeschlossen, und er handelt de facto wie de iure als Einzelagent.

Erklärt der Vermittler, er stütze seinen Rat auf eine ausgewogene Marktuntersuchung (§ 137f Abs 8 Z 1 GewO), und erklärt sich der Kunde hiemit - zumindest schlüssig - einverstanden, kommt ein Maklervertrag zustande. Deshalb kann die erteilte Information zur Klärung der Frage beitragen, ob und mit welchem Inhalt ein Vertragsverhältnis zwischen dem Vermittler und dem Kunden zustande gekommen ist. Spätestens in jenem Moment, in dem der Versicherungskunde beim Mehrfachagenten nicht nur materiellen Rat in Bezug auf Versicherungsschutz bei einem bestimmten, von vorhinein feststehenden Versicherer sucht, sondern dem Mehrfachagenten auch die Auswahl des Versicherers überlässt, ist der Agent Versicherungsmakler.

OGH 2. 7. 2015, 7 Ob 92/15b

Entscheidung

§ 137c GewO 1994 sieht für Versicherungsvermittler eine Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung vor, die die Haftpflicht bei Verletzung beruflicher Sorgfaltspflichten abdeckt. Es handelt sich um eine gesetzliche Haftpflichtversicherung iSd §§ 158b ff VersVG (RIS-Justiz RS0129258).

Im vorliegenden Fall geht es um die Versicherungsdeckung aus einer solchen Berufshaftpflichtversicherung, wobei im Rekursverfahren nicht mehr strittig ist, dass der Versicherungsschutz lediglich die Tätigkeit des Versicherungsnehmers als „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ umfasst. Ebenfalls unstrittig ist die Zulässigkeit der Einschränkung des Deckungsschutzes des bekl Versicherungsunternehmens auf diese Tätigkeit (vgl RIS-Justiz RS0129261).

Zu prüfen war daher, ob der Versicherungsnehmer - ein Mehrfachagent, der über eine Vielzahl von Agenturverhältnissen verfügt - im vorliegenden Fall als „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ tätig wurde oder als „Versicherungsagent“ im Rahmen eines Agenturverhältnisses, wofür Deckungsschutz nicht gegeben wäre.

Vor dem Hintergrund der Ausführungen des OGH (siehe Leitsatz) wurden bisher jedoch noch keine ausreichenden Tatsachenbehauptungen aufgestellt und Feststellungen getroffen, die die Beurteilung erlauben, ob der Versicherungsnehmer seine Tätigkeit im Rahmen eines der Agenturverhältnisse entfaltete oder aber als Versicherungsmakler. Es bedarf daher noch eines Vorbringens des Kl (= Kunde des Versicherungsnehmers) zum Verhältnis des Versicherungsnehmers zu seinen Agenturen (insb zu Überschneidungen der Versicherungssparten), zum Inhalt des Auftrags, den der Kunde dem Versicherungsnehmer erteilt hat, und dazu, wie der Versicherungsnehmer ihm gegenüber aufgetreten ist.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20121 vom 28.08.2015