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Absicherung der Skipiste mit Fangnetz

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

ABGB: § 1295 Abs 1, § 1304

ZPO: §§ 228, 393

Verläuft die Skipiste vor einer steilen, mit einzelnen Bäumen bewachsenen Böschung als scharfe, nach außen hängende Kurve, muss der Pistenhalter die Böschungskante nicht nur mit einem Absperrband, sondern mit einem Fangnetz absichern, selbst wenn die erforderliche Richtungsänderung für aufmerksame Wintersportler schon von weitem erkennbar ist.

Verschuldensteilung im Verhältnis 1:1 zwischen dem Pistenhalter, der eine scharfe, nach außen geneigte Kurve der Skipiste vor einer steilen Böschung nicht mit einem Fangnetz absicherte, und dem Skifahrer, der mit hoher Geschwindigkeit (60 bis 65 km/h) durch die Kurve fuhr, verkantete und über die Böschung stürzte.

Ein Zwischenurteil über ein schadenersatzrechtliches Feststellungsbegehren ist mangels Feststellungsinteresses ausgeschlossen. Die Unzulässigkeit des dennoch gefällten Zwischenurteils ist – auch noch in dritter Instanz – ohne Rüge durch die Parteien von Amts wegen aufzugreifen.

OGH 19. 1. 2016, 2 Ob 186/15i

Sachverhalt

Die Kläger sind Angehörige eines Skifahrers, der bei einem Wintersportunfall im Skigebiet der Beklagten ums Leben kam. Im Unfallbereich endet eine mittelschwere, 60 m breite und relativ steile Skipiste und mündet in einen im rechten Winkel quer verlaufenden Skiweg ein. Hinter der Einmündung befindet sich eine sehr steile Böschung, an deren Fuß mehrere Bäume stehen. Pistenbenützer müssen daher in diesem Bereich eine scharfe Kurve fahren, die zudem zur Böschung hin geneigt ist. Dass eine Richtungsänderung erforderlich ist, kann ein aufmerksamer Wintersportler bereits aus einer Entfernung von 180 m erkennen, auch wenn das volle Ausmaß zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhersehbar ist. Im Unfallzeitpunkt war die Böschung durch Stangen und ein Absperrband von der Piste abgegrenzt. Besondere Warntafeln waren nicht aufgestellt.

Der Skifahrer näherte sich der Einmündung in großen Carvingschwüngen mit einer Geschwindigkeit von 60 bis 65 km/h. In der scharfen Kurve, die er im Bereich der Einmündung fahren musste, verkantete er. Er verlor das Gleichgewicht, stürzte über die Böschung und prallte gegen einen Baum. Trotz Skihelms erlitt er beim Aufprall tödliche Kopfverletzungen. Er verfügte über eine gültige Liftkarte.

Im vorliegenden Verfahren begehrten die Kläger von der Beklagten Schadenersatz für entgangenen Unterhalt. Die Beklagte habe ihre vertraglichen Verkehrssicherungspflichten als Pistenhalterin verletzt, weil die gefährliche Kurve nicht mit einem Fangnetz abgesichert war.

Entscheidung

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren unter Anrechnung eines Mitverschuldens des Skifahrers im Ausmaß von 50 % statt. Als Mitverschulden berücksichtigte es die hohe Geschwindigkeit, die die Gefahr des Verkantens und des Abrutschens über den Pistenrand erhöht habe. Demgegenüber gelangte das Berufungsgericht zur Auffassung, dass die Beklagte nicht gegen ihre Pistensicherungspflicht verstoßen hat, und wies die Klage ab. Wegen der guten Erkennbarkeit handle es sich beim Unfallbereich um keine atypische Gefahrenstelle, die besonders gesichert werden müsste.

Der OGH stellte die Entscheidung des Erstgerichts wieder her. Bei einer scharfen, nach außen geneigten Kurve in steilem Gelände seien besondere Sicherungsmaßnahmen wie ein Fangnetz erforderlich, weil auch für verantwortungsbewusste Skifahrer unabhängig von der Wahrnehmbarkeit des Pistenrandes die Gefahr des Abrutschens oder des Absturzes über die Böschungskante (mit – wie hier – drastischen Folgen) besteht. Die vom Erstgericht vorgenommene Schadensteilung sei unbedenklich.

Anmerkung

Zur Unzulässigkeit eines Zwischenurteils Bestätigung von 6 Ob 187/05a = Zak 2006/100, 58.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21099 vom 12.02.2016