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Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

IO: § 27, § 37 Abs 1, § 39 Abs 1, § 116 Abs 1 Z 3

ABGB: § 1392, § 1393

Bei dem Anfechtungsrecht nach der IO, das vom Insolvenzverwalter ausgeübt wird, handelt es sich um einen Rechtsgestaltungsanspruch auf Unwirksamerklärung einer gültigen Rechtshandlung.

Der Insolvenzverwalter kann das Anfechtungsrecht zumindest gemeinsam mit dem aus der Ausübung folgenden Leistungsanspruch der Masse wirksam an einen Dritten abtreten.

Die Zession ist unwirksam, wenn sie rechtsmissbräuchlich oder offenbar insolvenzzweckwidrig erfolgt ist. Von der Angemessenheit des Abtretungspreises, den der Zessionar an die Masse zu leisten hat, hängt die Wirksamkeit nicht ab. Der vom Zessionar in Anspruch genommene Anfechtungsgegner kann daher nicht mit Erfolg den Einwand erheben, dass der Abtretungspreis zu niedrig ist.

Ob der Insolvenzverwalter die Zessionsvereinbarung analog § 116 Abs 1 Z 3 IO erst nach vorheriger Mitteilung an das Insolvenzgericht schließen darf, bleibt offen. Für die Wirksamkeit der Zession gegenüber dem Anfechtungsgegner hat die unterlassene Mitteilung keine Bedeutung.

OGH 17. 6. 2019, 17 Ob 6/19k

Anmerkung

Während die hA eine Abtretung des Anfechtungsrechts ablehnt (zB König, Anfechtung5 Rz 15/37), schloss sich der OGH in der vorliegenden Entscheidung mit ausführlicher Begründung Mindermeinungen an, die keine generellen Hindernisse sehen und auf das praktische Bedürfnis hinweisen (zB Nunner-Krautgasser, Zur Abtretbarkeit von Insolvenzanfechtungsansprüchen, JBl 2018, 277; dazu Zak 2018/415, 220).

Mit Zessionsvertrag, der mit Zustimmung des Gläubigerausschusses abgeschlossen wurde, trat der Insolvenzverwalter das Anfechtungsrecht bezüglich eines Liegenschaftskaufvertrags samt dem daraus folgenden Leistungsanspruch der Masse nach § 39 Abs 1 IO an einen Zessionar ab. Als Abtretungspreis wurde unter Verweis auf das Prozess- und Einbringlichkeitsrisiko ein Betrag von 5.000 € vereinbart. Selbst hätte der Insolvenzverwalter den Anfechtungsprozess wegen Massearmut nicht führen können. In der Folge klagte der Zessionar beim Käufer unter Berufung auf das abgetretene Anfechtungsrecht einen Betrag von ca 470.000 € ein. Die Vorinstanzen folgten dem Einwand des Käufers, dass die Zession wegen Unabtretbarkeit des Anfechtungsrechts oder wegen des unangemessen niedrigen Abtretungspreises unwirksam ist, und wiesen die Klage schon mangels Aktivlegitimation ab. Der OGH bejahte hingegen die Wirksamkeit der Abtretung. Das Verfahren wird vor dem Erstgericht fortgesetzt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27740 vom 06.08.2019