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Änderung von MSchG und VKG - BGBl

Bearbeiter: Bettina Sabara

Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 und das Väter-Karenzgesetz geändert werden

BGBl I 2015/149, ausgegeben am 28. 12. 2015

1. Überblick

Die Neuerungen im MSchG und im VKG sollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern und den Bedürfnissen der betrieblichen Praxis entgegenkommen.

Im Begutachtungsentwurf (LN Rechtsnews 20530 vom 5. 11. 2015) waren zahlreiche Änderungen des MSchG/VKG zu finden (Verbesserungen für freie Dienstnehmerinnen, Kündigungs- und Entlassungsschutz bei Fehlgeburten, „Zweiter Meldepunkt“ für Elternkarenz, Arbeitszeitbandbreite bei der Elternteilzeit), die in der Regierungsvorlage (LN Rechtsnews 20640 vom 25. 11. 2015) dann nicht mehr enthalten waren. Durch einen Abänderungsantrag im Ausschuss für Arbeit und Soziales wurden diese Änderung dann aber doch wieder in die Gesetzesnovelle eingefügt.

Im Folgenden werden die wichtigsten Änderungen, die allesamt mit 1. 1. 2016 in Kraft treten bzw hinsichtlich der Elternteilzeit für Geburten ab dem 1. 1. 2016 gelten, unter Berücksichtigung des im Ausschuss beschlossenen Abänderungsantrags kurz zusammengefasst:

2. Freie Dienstnehmerinnen

Zum Schutz von freien Dienstnehmerinnen iSd § 4 Abs 4 ASVG, die bereits in vielen Bereichen den Arbeitnehmerinnen gleichgestellt sind, erfolgt nunmehr auch eine Anpassung im Rahmen des Mutterschutzes. Dies wird wie folgt umgesetzt (§ 1 Abs 5, § 10 Abs 8 MSchG):

-Einbeziehung von arbeitnehmerähnlichen freien Dienstnehmerinnen in die absoluten und individuellen Beschäftigungsverbote gemäß § 3 MSchG sowie § 5 Abs 1 und 3 MSchG: Freie Dienstnehmerinnen dürfen sowohl während des generellen und allenfalls individuellen Beschäftigungsverbots vor der Geburt als auch während des generellen Beschäftigungsverbots nach der Geburt nicht beschäftigt werden.
-Gewährung eines Motivkündigungsschutzes (neuer § 10 Abs 8 MSchG), wobei das Verfahren im Rahmen der Anfechtungsklage jenem nach § 105 Abs 5 und 7 ArbVG nachgebildet ist:
Die Kündigung einer freien Dienstnehmerin, die wegen ihrer Schwangerschaft oder eines Beschäftigungsverbots bis 4 Monate nach der Geburt ausgesprochen wird, kann binnen 2 Wochen nach Ausspruch der Kündigung bei Gericht angefochten werden, wobei die freie Dienstnehmerin den Anfechtungsgrund glaubhaft zu machen hat. Die Klage ist abzuweisen, wenn bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein anderes vom Dienstgeber glaubhaft gemachtes Motiv für die Kündigung ausschlaggebend war. Lässt die freie Dienstnehmerin die Kündigung gegen sich gelten, behält sie ihren Entgeltanspruch für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des (freien) Dienstverhältnisses durch Ablauf der Vertragszeit oder durch ordnungsmäßige Kündigung hätte verstreichen müssen („Kündigungsentschädigung“).

3. Fehlgeburt - Kündigungs-/Entlassungsschutz

Insbesondere, um die psychische Belastung nach einer Fehlgeburt möglichst gering zu halten, kommt Arbeitnehmerinnen nach einer Fehlgeburt künftig ein Schutz vor Kündigung und Entlassung zu. Der Kündigungs- und Entlassungsschutz beginnt mit der Fehlgeburt zu laufen und endet 4 Wochen danach, unabhängig davon, ob und wann die Meldung erfolgt. (§ 10 Abs 1a, § 12 Abs 1 und 3 MSchG)

4. Weiterzahlung des Arbeitsentgelts

Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber im Falle eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs 3 besteht gemäß § 14 Abs 3 MSchG nur dann, wenn kein Anspruch auf Wochengeld besteht. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist gemäß § 14 Abs 1 erster Satz MSchG nach dem Durchschnitt der letzten 13 Wochen zu berechnen. Nunmehr wird klargestellt, dass dies der Zeitraum von 13 Wochen vor Eintritt des Beschäftigungsverbotes ist.

Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht daher dann, wenn die Dienstnehmerin bei Beginn des Beschäftigungsverbotes noch in Karenz für ein früheres Kind ist, jedoch in den letzten 32 Wochen vor Eintritt des Beschäftigungsverbotes keine Pflichtversicherung bestand, weil sie eine kurze Kinderbetreuungsgeldvariante gewählt hat. (§ 14 Abs 2 MSchG)

5. „Zweiter Meldepunkt“ für Elternkarenz

Bislang konnte Karenz nur entweder im Anschluss an die Mutterschutzfrist oder im Anschluss an die Karenz des jeweils anderen unselbstständig erwerbstätigen Elternteils angetreten werden. Nunmehr kann ein Elternteil Karenz auch zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch nehmen, sofern der andere Elternteil keinen Karenzanspruch hat, weil er nicht unselbstständig erwerbstätig ist. Der Elternteil hat in diesem Fall das Recht, Beginn und Dauer der Karenz nach MSchG spätestens 3 Monate vor dem geplanten Antritt bekannt zu geben und in Anspruch zu nehmen. (§ 15 Abs 3 und 4, § 15c Abs 2 Z 1 MSchG, § 2 Abs 5, § 5 Abs 2 VKG)

6. Arbeitszeitbandbreite bei der Elternteilzeit

Das Regierungsprogramm sieht eine gewisse Bandbreite für die Arbeitszeitverkürzung im Rahmen der Elternteilzeit vor: Die Arbeitszeitreduktion muss für Geburten ab dem 1. 1. 2016 zumindest 20 % der wöchentlichen Normalarbeitszeit betragen; die Mindestarbeitszeit während der Elternteilzeit beträgt 12 Stunden pro Woche.

Daher wurde nun in § 15h MSchG (§ 8 Abs 1 VKG) neben den beiden bereits bestehenden Anspruchsvoraussetzungen für Elternteilzeit (mind 3-jährige Dauer des Dienstverhältnisses und mehr als 20 Beschäftigte im Betrieb) die beschriebene Bandbreite als dritter Anspruchstatbestand festgelegt. Diese Bandbreite gilt auch für die vereinbarte Elternteilzeit und sinngemäß auch für die einmalige Änderungsmöglichkeit der Basisvereinbarung der Elternteilzeit.

Kommen jedoch die Vertragsparteien überein, ein Ausgestaltungsmodell der Teilzeit außerhalb der Bandbreite zu vereinbaren, finden aufgrund dieser Willensübereinstimmung die Bestimmungen über die Elternteilzeit Anwendung. Da ein Teilzeitmodell außerhalb der Bandbreite ausschließlich aufgrund einer Übereinkunft der Vertragsparteien zustande kommen kann, kann ein solches Ausgestaltungsmodell nie Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein. Daher kann einem gerichtlichen Verfahren nur eine fehlende Einigung über die Ausgestaltung innerhalb der Bandbreite zugrunde liegen.

(§ 15h Abs 1, § 15i, § 15j, § 15k und § 15l MSchG, § 8 Abs 1, § 8a, § 8b Abs 5 und 5, 6 und 10 VKG)

7. Zurückziehen eines Teilzeitantrages

Es wird klargestellt, dass das Recht, die Teilzeitbeschäftigung für jedes Kind nur einmal in Anspruch zu nehmen, durch das Zurückziehen eines Antrags auf Elternteilzeit nicht verwirkt wird. (§ 15j Abs 2 MSchG, § 8b Abs 2 VKG)

8. Karenz für Partnerin der Mutter

Mit § 144 Abs 2 und 4 ABGB werden einer Frau, deren Lebensgefährtin oder eingetragene Partnerin durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung schwanger wird, die Rechte und Pflichten eines Elternteils eingeräumt. Diesen Frauen stehen nunmehr auch die Möglichkeiten der Elternkarenz nach dem VKG offen. (§ 1 Abs 1a VKG)

Hinweis: Die im Ministerialentwurf vorgesehene Änderung betreffend einen Karenzanspruch für Pflegeeltern findet sich nunmehr im Sozialrechts-Änderungsgesetz 2015, BGBl I 2015/162; die vorgesehene Klarstellung in § 8 Abs 4 AngG, dass der dort genannte Anspruch auf das Entgelt während 6 Wochen nach der Entbindung nur insoweit besteht, als der Arbeitnehmerin kein Wochengeld, Krankengeld oder Kinderbetreuungsgeld zukommt, wurde im Arbeitsrechts-Änderungsgesetz 2015, BGBl I 2015/152, beschlossen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20847 vom 29.12.2015