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Angeblich missbräuchlicher Konkursantrag - internationale Zuständigkeit

EuInsVO: Art 3, Art 4

Rom II-VO: Art 17

ZPO § 408

Nach Art 17 Rom II-VO sind bei der Beurteilung des Verhaltens der Person, deren Haftung geltend gemacht wird, faktisch und soweit angemessen die Sicherheits- und Verhaltensregeln zu berücksichtigen, die an dem Ort und zu dem Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses in Kraft sind. Als Sicherheits- und Verhaltensregel kommt dabei grundsätzlich jede verhaltensleitende Norm in Betracht, gleich, ob sie ein Verhalten vorschreibt, erlaubt oder verbietet. Darunter fallen auch normative Regelungen.

Nach Art 3 Abs 1 EuInsVO sind für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens grundsätzlich die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat; dieser wird bei Gesellschaften am Ort ihres satzungsmäßigen Sitzes (hier: Rumänien) vermutet. Nach Art 4 Abs 1 EuInsVO gilt für das Insolvenzverfahren grds das Insolvenzrecht des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren eröffnet wird.

Erfolgte das - eine allfällige Schadenersatzverpflichtung des bekl Unternehmens auslösende - Verhalten, nämlich die Konkursantragstellung, in Rumänien, ist das Verhalten der Bekl bei Antragstellung in Rumänien daher selbst dann an den Maßstäben des rumänischen Insolvenzrechts zu messen, wenn - wie die Kl meint - ihre Schadenersatzansprüche nach österreichischem Recht zu beurteilen wären. Dies gilt aber erst recht, wenn überhaupt rumänisches Recht zur Anwendung kommen würde.

OGH 9. 10. 2014, 6 Ob 57/14x

Entscheidung:

Im vorliegenden Fall bejahte der OGH unter Anwendung rumänischen Rechts die Rechtmäßigkeit der Konkursantragstellung der Bekl und wies das Leistungsbegehren ab.

Im vorliegenden Fall verfügte die Bekl bei Konkursantragstellung in Rumänien über eine zwar nicht titulierte, wohl aber unbestrittene und auch fällige Forderung, die von der Kl im Verfahren vor dem LG Linz sogar anerkannt worden war. Unter Berücksichtigung der iSd Art 17 Rom II-VO maßgeblichen Verhaltensregeln des rumänischen Insolvenzrechts, gestand der OGH der Bekl zu, dass sie ihren Konkursantrag in Rumänien (zumindest) für rechtmäßig halten konnte; Missbräuchlichkeit könne aber jedenfalls nicht unterstellt werden, sei doch auch keine der von der Rsp herausgearbeiteten verpönten Absichten erkennbar.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 18665 vom 23.12.2014