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Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 2014 - BGBl

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden - Arbeits- und Sozialrechts- Änderungsgesetz 2014 (ASRÄG 2014)

BGBl I 2014/94, ausgegeben am 16. 12. 2014

Zur Regierungsvorlage siehe LN Rechtsnews 18267 vom 23. 10. 2014

Mit dem Gesetzespaket „Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSDB-G)“, BGBl I 2011/24, wurde im AVRAG die behördliche Kontrolle des Grundlohns (durch das „Kompetenzzentrum LSDB“) verankert; diese Kontrolle ist dabei nicht nur auf Entsendungen aus dem EWR-Raum und aus Drittstaaten sowie auf die grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung beschränkt, sondern bezieht sich grds auch auf bereits in Österreich ansässige Arbeitnehmer (siehe dazu ausführlicher LN Rechtsnews 10995 vom 29. 4. 2011 bzw ARD 6138/4/2011). Mit dem ASRÄG 2014 erfolgt nun erstmalig eine weitreichende Überarbeitung und Ausdehnung dieser Bestimmungen (va Neufassung der §§ 7a ff AVRAG sowie der einschlägigen Regelungen in AÜG und BUAG).

Gleichzeitig soll mit dem ASRÄG 2014 aber auch die Bürokratie in Unternehmen reduziert werden.

Die RV 21. 10. 2014, 319 BlgNR 25. GP, LN Rechtsnews 18267 vom 23. 10. 2014, wurde in der Fassung eines Abänderungsantrages im Ausschuss für Arbeit und Soziales beschlossen. Im Folgenden werden die wichtigsten Änderungen, die grundsätzlich mit 1. 1. 2015 in Kraft treten, nochmals kurz zusammengefasst:

1. Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping

Ab 2015 werden va die Lohnkontrolle ausgedehnt, die Verjährung von Unterentlohnung auf praktikablere Weise neu geregelt und die Verwaltungsstrafbestimmungen im AVRAG überarbeitet:

1.1. Verwaltungsstrafen bei Entsendung:

Derzeit ist die Nichtmeldung einer Entsendung sowie das Nichtbereithalten der Entsendemeldung in Abschrift und der Unterlagen über die Anmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung am Arbeitsort sanktioniert (vgl § 7b Abs 5 und 8 AVRAG). Der Straftatbestand des § 7b Abs 8 AVRAG wird nun dahingehend erweitert, dass künftig auch die Nichtübermittlung dieser Unterlagen an die Abgabebehörde verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert wird.

Weiters wird klargestellt, dass bei Verwaltungsübertretungen nach § 7b Abs 5 AVRAG iVm § 7b Abs 8 AVRAG die Strafe nicht pauschal je Arbeitgeber, sondern für jeden betroffenen Arbeitnehmer zu verhängen ist, und die Abgabenbehörde in diesen Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung hat.

1.2. Ausweitung der Lohnkontrolle:

Die behördliche Lohnkontrolle wird auf das gesamte dem Arbeitnehmer durch Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien ausgeweitet (unter Beachtung des Ausnahmekatalogs des § 49 Abs 3 ASVG). Künftig ist damit jede Unterschreitung des nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Entgelts verwaltungsrechtlich strafbar (Strafrahmen: pro Arbeitnehmer € 1.000,- bis € 10.000,-, im Wiederholungsfall € 2.000,- bis € 20.000,-; bei mehr als drei betroffenen Arbeitnehmern € 2.000,- bis € 20.000,- bzw im Wiederholungsfall € 4.000,- bis € 50.000,-).

Entgeltbestandteile, die in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Arbeitsvertrag vereinbart wurden, fallen nicht unter die Lohnkontrolle nach § 7 Abs 5 AVRAG. Eine Unterzahlung derartig vereinbarter Entgeltbestandteile fällt nicht unter den Verwaltungsstraftatbestand des Lohndumpings nach § 7i Abs 5 AVRAG. Umgekehrt wird gesetzlich klargestellt, dass auf Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag beruhende Überzahlungen auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen sind.

1.3. Kompetenzzentrum LSDB:

Der Aufgabenbereich des Kompetenzzentrums LSDB wird dahingehend erweitert, dass der Arbeitnehmer über einen sein Arbeitsverhältnis betreffenden Strafbescheid betreffend Lohndumping zu informieren ist.

1.4. Nichtbereithalten der Lohnunterlagen:

Die Verwaltungsstrafen bei Nichtbereithalten der Lohnunterlagen werden in zweifacher Weise angehoben: Zum einen wird der Strafrahmen auf das Niveau des Strafrahmens für Lohndumping angehoben, zum anderen wird klargestellt, dass die Strafe wegen Nichtbereithalten der Lohnunterlagen nicht pauschal je Arbeitgeber, sondern für jeden Arbeitnehmer zu verhängen ist, für den die Lohnunterlagen nicht bereitgehalten werden. Weiters wird klargestellt, dass auch die Nichtübermittlung der Lohnunterlagen (sofern dies von der Abgabenbehörde verlangt wird) verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert ist.

1.5. Neuregelung der Verjährung bei Lohndumping:

Derzeit ist die Strafverfolgung möglich, solange der Arbeitgeber nicht den vorenthaltenen Grundlohn nachzahlt; auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkt keinen Eintritt der Verfolgungsverjährung. Davon abweichend tritt künftig der Beginn der Verjährung (Verfolgungs- und Strafbarkeitsverjährung) mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Entgelts ein. Bei einer durchgehenden Unterentlohnung, die mehrere Lohnzahlungszeiträume umfasst, beginnt der Lauf dieser Fristen mit der Fälligkeit des Entgelts der letzten Lohnzahlungsperiode.

1.6. Verantwortliche Beauftragte:

Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs 2 oder 3 VStG für die Einhaltung des AVRAG wird nur wirksam, wenn bei der nach dem AVRAG zuständigen Kontrollstelle eine schriftliche Mitteilung der Bestellung (samt Nachweis der Zustimmung des Beauftragten) einlangt.

1.7. Untersagung der Dienstleistung:

Die Untersagung der Dienstleistung wird - zusätzlich zum Tatbestand der Unterentlohnung - auch auf die Tatbestände der Behinderung/Vereitelung der Lohnkontrolle sowie den Tatbestand der Nichtübermittlung der Lohnunterlagen ausgeweitet.

1.8. Sicherheitsleistung:

Die Organe der Abgabenbehörden können künftig bei Vorliegen eines begründeten Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach § 7b Abs 8 AVRAG (Nichtbereithalten oder Nichtübermittelns der Entsendemeldung sowie der Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung), § 7i AVRAG (dh auch im Fall des Nichtbereithaltens/Nichtübermittlung der Lohnunterlagen, aber auch im Fall der Vereitelung der Lohnkontrolle und insbesondere der Unterentlohnung) oder § 7k Abs 4 AVRAG (Tätigkeit des ausländischen Arbeitgebers trotz Untersagung) gegen den Auftragnehmer eine vorläufige Sicherheit nach Maßgabe des § 37a VStG verhängen und im Fall der Nichtleistung der vorläufigen Sicherheit die Beschlagnahme von verwertbaren und dem Auftragnehmer gehörenden Sachen verfügen.

Bei Vorliegen eines begründeten Verdachts einer der genannten Verwaltungsübertretungen können die kontrollierenden Stellen (BUAK, Organe der Abgabenbehörden) künftig aber auch gegen den inländischen Auftraggeber zunächst einen Zahlungsstopp verfügen und unmittelbar nach der Kontrolle bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde die Erlegung einer Sicherheit beantragen; die Bezirksverwaltungsbehörde hat über diesen Antrag binnen drei Arbeitstagen nach Einlangen zu entscheiden.

1.9. Verwaltungsstrafevidenz:

Im Bereich der Verwaltungsstrafevidenz wird klargestellt, dass

-in der Evidenz auch Strafbescheide nach § 7b Abs 8 AVRAG (Nichtbereithalten oder Nichtübermitteln der Entsendemeldung sowie der Unterlagen über die SV-Anmeldung) und Bescheide nach § 7m AVRAG betreffend die Erlegung einer Sicherheit (bisher § 7k AVRAG) zu erfassen sind und
-dass das Kompetenzzentrum LSDB auch dem Auftraggeber nach dem Bundesvergabegesetz auf Verlangen Auskunft darüber zu geben hat, ob hinsichtlich des im Auskunftsersuchen genannten Arbeitgebers eine rechtskräftige Bestrafung iZm Lohn- und Sozialdumping vorliegt oder ihm eine solche zuzurechnen ist.

1.10. Zustellung:

Die Zustellungsregelung des § 7o AVRAG (bisher § 7m AVRAG), die für Zustellungen an dieser besonderen Abgabestelle gilt, wird dahingehend geändert, dass eine erleichterte Zustellung an den in § 7b Abs 1 Z 4 AVRAG bezeichneten Beauftragten möglich ist. Weiters wird für gewisse Fälle einer erschwerten Zustellung die Möglichkeit vorgesehen, die Benennung eines Zustellbevollmächtigten aufzutragen.

1.11. Weitere Änderungen im AVRAG:

Darüber hinaus werden im AVRAG folgende Maßnahmen legistisch umgesetzt:

-Transparentere Regelung des Entsendebegriffs verbunden mit einer gesetzlichen Klarstellung, in welchen Fällen keine Entsendung vorliegt;
-Ergänzung der Entsendemeldung um bestimmte Angaben, die insbesondere im Hinblick auf die behördliche Lohnkontrolle erforderlich sind (ua Gewerbebefugnis oder Unternehmensgegenstand des ausländischen Arbeitgebers; UID-Nummer; Zeitraum der Entsendung insgesamt sowie Dauer und Lage der vereinbarten Normalarbeitszeit der einzelnen Arbeitnehmer; genauer Ort der Beschäftigung in Österreich; Art der Tätigkeit und Verwendung des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung des maßgeblichen österreichischen Kollektivvertrages);
-Einschränkung des Montageprivilegs auf das Geschäftsfeld des „klassischen“ Anlagenbaus („Maschinen“ sind daher künftig nicht mehr umfasst).

2. Änderungen im Arbeitnehmerschutzrecht

Im Arbeitnehmerschutzrecht werden folgende Maßnahmen vorgenommen, die ebenfalls mit 1. 1. 2015 in Kraft treten:

-Entfall der Vorschreibung von Brandschutzgruppen nach den Arbeitnehmerschutzvorschriften;
-Reduktion der verpflichtenden Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses von zweimal pro Jahr auf einmal pro Jahr;
-Klarstellung, dass die Funktion von Präventivfachkräften und Sicherheitsvertrauenspersonen vereinbar ist, sowie Klarstellung zur Ausbildung.

Hinweis: In diesem Zusammenhang werden mit BGBl II 2014/324 auch die Arbeitsstättenverordnung und die Verordnung über die Sicherheitsvertrauenspersonen geändert.

3. Änderungen im Arbeitszeitrecht

Im Arbeitszeitrecht kommt es vor allem zu Erleichterungen für die Arbeitgeber bei den Arbeitszeitaufzeichnungen:

-Die Möglichkeit nach § 26 Abs 3 AZG, Aufzeichnungen lediglich über die Dauer der Tagesarbeitszeit zu führen (Saldenaufzeichnung), war bisher an die Voraussetzung gebunden, dass Arbeitnehmer sowohl die Lage ihrer Arbeitszeit und ihren Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen können, als auch ihre Arbeitszeit überwiegend außerhalb der Arbeitsstätte verbringen. Das Erfordernis der überwiegenden Tätigkeit außerhalb der Arbeitsstätte ist nunmehr entfallen, zusätzlich ist die Saldenaufzeichnung künftig auch bei jenen Arbeitnehmern möglich, die überwiegend in ihrer Wohnung tätig sind (Teleheimarbeiter), auch wenn sie nicht weitgehend selbst über Arbeitszeit und Arbeitsort bestimmen können.
-Ausdehnung der Ausnahme von der Aufzeichnung der Ruhepausen (Regelung durch Einzelvereinbarung in Betrieben ohne BR; Entfall der Beschränkung auf Ruhepausen im Mindestausmaß).
-Entfall gesonderter Arbeitszeitaufzeichnungen bei fixer Arbeitszeiteinteilung: Arbeitgeber haben nur die Einhaltung der schriftlich festgehaltenen fixen Arbeitszeiteinteilung zu bestätigen (am Ende jeder Entgeltzahlungsperiode sowie auf Verlangen des Arbeitsinspektorats); lediglich Abweichungen von fixer Arbeitszeiteinteilung sind weiterhin laufend aufzuzeichnen (zB Änderungen der Lage der Arbeitszeit oder Mehr- oder Überstunden).
Hinweis: Die neu eingeführte Sonderregelung für die Arbeitszeitaufzeichnungen bei fixer Arbeitszeitaufteilung wurde auch in das ARG übernommen, sodass auch Störungen der Wochenendruhe, Wochenruhe, Feiertagsruhe und Ersatzruhe als laufend aufzuzeichnende Abweichungen gelten (Ergänzung des § 25 Abs 1 ARG durch BGBl I 2014/91).
-Arbeitnehmer haben auf Verlangen einmal monatlich Anspruch auf die kostenfreie Übermittlung ihrer Arbeitszeitaufzeichnungen (bei sonstiger Hemmung der Verfallsfristen).
-Entfall der Verpflichtung der Arbeitgeber, das Arbeitsinspektorat von der Einführung der durchlaufenden mehrschichtigen Arbeitsweise oder Nachtschwerarbeit zu informieren und Regelungen über Kurzpausen zu übermitteln.
-Klarstellung, dass für Lenker in Oberleitungsomnibusunternehmen grundsätzlich die Sonderbestimmungen für Straßenbahnen anzuwenden sind.

4. Änderungen im AlVG

Im AlVG kommt es zu folgenden Änderungen:

-Anrechnung von Zeiten des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld auf die Anwartschaft auf und die Bezugsdauer von Leistungen aus dem AlVG (Gleichstellung von Zeiten des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld mit der Zeit des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes).
-Anspruch von Nebenerwerbslandwirten auf Arbeitslosengeld trotz Bestehens einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung.
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 18617 vom 17.12.2014