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Ausgleichszulage: Einkauf der Lebensmittel durch Lebensgefährten

Bearbeiter: Bettina Sabara / Bearbeiter: Barbara Tuma

ASVG § 292 Abs 3

Dass der Lebensgefährte die Lebensmittel für den gemeinsamen Haushalt einkauft, ist bei der Ausgleichszulage der Lebensgefährtin nicht pauschaliert als - teilweise gewährte - freie Station anzurechnen: Mit dem Begriff der „freien Station“ ist nämlich nicht nur die bloße Zurverfügungstellung von Lebensmitteln gemeint, sondern grds die Verköstigung mit Mahlzeiten. Die Bewertung der überlassenen Lebensmittel hat daher nach § 6 SachbezugswerteVO zu erfolgen und stellt im Regelfall auf die tatsächlichen Anschaffungskosten ab. Auf die Ausgleichszulage der Lebensgefährtin sind daher als Sachbezug grds die tatsächlichen Anschaffungskosten der Lebensmittel anzurechnen, die tatsächlich ihrem Bedarf entsprechen.

OGH 22. 2. 2016, 10 ObS 9/16w

Sachverhalt

Strittig ist im vorliegenden Fall die Höhe der Ausgleichszulage, die die Klägerin zusätzlich zu ihrer Witwenpension bezieht.

Die Klägerin lebt mit ihrem Lebensgefährten im gemeinsamen Haushalt, einer Genossenschaftswohnung. Sie trägt die Miete und die Betriebskosten für die Wohnung. Der Lebensgefährte der Klägerin bezahlt monatlich den Strom und die Lebensmittel.

Strittig ist, inwiefern die Zuwendungen des Lebensgefährten an die Klägerin bei der Bemessung der Ausgeichszulage zu berücksichtigen sind.

Das Berfungsgericht hat einen pauschalierten Sachbezug iSd § 292 Abs 3 Satz 2 ASVG angerechnet und ist der Ansicht, dass die Zurverfügungstellung von Lebensmitteln durch den Lebensgefährten eine Verköstigung im Sinn einer teilweisen Gewährung der freien Station bedeutet.

Der OGH ließ die Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Höhe des anrechenbaren Sachbezugswerts bei bloßer Überlassung von Lebensmitteln fehlt.

Entscheidung

Ausgleichszulage - Anrechnung bei Lebensgefährten

Mit ausführlicher Begründung hat der OGH bereits dargelegt, dass im Ausgleichszulagenrecht nur bei einem gemeinsamen Haushalt mit dem Ehegatten (oder eingetragenen Partner) der höhere „Familienrichtsatz“ zu Anwendung kommt und dafür das gesamte Nettoeinkommen des Ehegatten (eingetragenen Partners) anzurechnen ist, nicht jedoch bei einem gemeinsamen Haushalt des Pensionsberechtigten mit einem Lebensgefährten: Im Fall einer Lebensgemeinschaft sind vielmehr nur die im Einzelnen festgestellten bedarfsmindernden Zuwendungen des Lebensgefährten zu berücksichtigen, die dem Pensionsberechtigten tatsächlich zugeflossen sind (vgl OGH 6. 9. 2005, 10 ObS 271/03f, ARD 5666/10/2006). Eine Pauschalierung solcher Zuwendungen kann hingegen auch in einer Lebensgemeinschaft nur insoweit stattfinden, als sie dem Ausgleichszulagenbezieher im Rahmen der sogenannten „freien Station“ gewährt werden (vgl OGH 16. 9. 2003, 10 ObS 196/03a, ARD 5482/9/2004).

Hinweis: Zur Berücksichtigung von Synergieeffekten durch gemeinsames Wirtschaften von Lebensgefährtn siehe auch ganz aktuell OGH 22. 2. 2016, 10 ObS 147/15p, LN Rechtsnews 21321 vom 22. 3. 2016.

„Freie Station“ erfordert zubereitete Mahlzeiten

Grundsätzlich zutreffend hat das BerufungsG im vorliegenden Fall nach Ansicht des OGH den Bezug der vom Lebensgefährten finanzierten Lebensmittel als - wiederkehrenden - Sachbezug der Klägerin behandelt.

Hinsichtlich der Bewertung dieser Sachleistungen verweist der OGH nun darauf, dass gem § 292 Abs 3 Satz 2 ASVG primär § 15 Abs 2 EStG sowie die darauf basierende Sachbezugswerteverordnung idgF BGBl II 2015/395 heranzuziehen sind, und hält dazu weiters fest, dass der - veraltete - Begriff der „freien Station“ (§ 1 SachbezugswerteVO) die Gewährung einer freien Unterkunft und Verpflegung bedeutet und mit dem Begriff der „Verpflegung“ in diesem Zusammenhang nicht bloß die Zurverfügungstellung von Lebensmitteln gemeint ist, sondern von - zubereiteten - Mahlzeiten: Bereits nach dem Wortlaut des § 1 Abs 1 SachbezugswerteVO seien im Wert der vollen „freien Station“ mit jeweils genau festgelegten Anteilen die Werte für verschiedene Mahlzeiten enthalten (erstes und zweites Frühstück, Mittagessen, Jause, Abendessen) und der Verordnungsgeber ordne einen Großteil des pauschalierten Werts - nämlich acht Zehntel - den Mahlzeiten zu, die dem Arbeitnehmer im Rahmen der freien Station zukommen.

Im Übrigen erinnert der OGH auch an § 3 Abs 1 Z 17 EStG und § 49 Abs 3 Z 12 ASVG, wonach idR kein steuerpflichtiges Einkommen bzw kein (beitragspflichtiges) Entgelt des Arbeitnehmers vorliegt, wenn der Arbeitgeber - ohne rechtliche Verpflichtung - an Arbeitnehmer, die er nicht in seinen Haushalt aufgenommen hat, freie oder verbilligte Mahlzeiten zur Verköstigung (Kost) am Arbeitsplatz gewährt. Auch diese Bestimmungen gehen - so der OGH - von einer Verköstigung des Arbeitnehmers mit Mahlzeiten aus und nicht von einer bloßen Zurverfügungstellung von Lebensmitteln.

Bewertung der Lebensmittel

Ebenso wie die beispielhafte Aufzählung in § 15 Abs 2 EStG unterscheidet daher auch die Sachbezugswerteverordnung - so der OGH - zwischen der lohnsteuerrechtlichen Bewertung von „Kost“ einerseits (Regelung im Rahmen der „freien Station“ gem § 1 SachbezugswerteVO) und dem Bezug von Lebensmitteln (§ 6 SachbezugswerteVO, „Sonstige Sachbezüge“) andererseits:

In § 6 Abs 1 Z 2 bis 10 SachbezugswerteVO werden Werte für die Bewertung der dort im Einzelnen genannten Lebensmittel festgesetzt (zB Eier, Butter, Käse, Kartoffeln, etc); gem § 6 Abs 2 SachbezugswerteVO sind jedoch die jeweiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu ersetzen, wenn diese höher sind, als die in § 6 Abs 1 SachbezugswerteVO festgesetzten Werte für die dort genannten Wirtschaftsgüter.

Für das fortzusetzende Verfahren verlangt der OGH daher nun Feststellungen darüber, welche bedarfsmindernden Zuwendungen des Lebensgefährten der Klägerin tatsächlich zugeflossen sind. Dazu gibt der OGH noch folgende Hinweise:

Bei den Lebensmitteln, die in § 6 Abs 1 SachbezugswerteVO genannt sind, sind die dort festgesetzten Werte tendenziell eher niedrig angesetzt. Da der Lebensgefährte der Klägerin nach den bisherigen Verfahrensergebnissen über keine Möglichkeit zum Bezug vergünstigter Lebensmittel verfügt, wird im konkreten Fall § 6 Abs 2 SachbezugswerteVO zu beachten sein, wonach es unter den dort normierten Voraussetzungen auf die tatsächlich entstandenen Anschaffungskosten ankommt.

Für die nicht in § 6 Abs 1 SachbezugswerteVO genannten Lebensmittel kommt es für die Bewertung jedenfalls auf die üblichen Mittelpreise des Verbrauchsorts und damit in der Regel ebenfalls auf die tatsächlichen Anschaffungskosten an.

Sachbezug iSd § 292 Abs 3 Satz 2 ASVG stellen nur jene Lebensmittel dar, die tatsächlich dem Bedarf der Klägerin dienen. Soweit daher die vom Lebensgefährten für den gemeinsamen Haushalt angeschafften Lebensmittel seinem eigenen Bedarf dienen, sind die dafür entstandenen Kosten (bzw Werte nach der Sachbezugsverordnung) nicht zu berücksichtigen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21322 vom 22.03.2016