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Behandlung von Prozesseinreden - BGBl

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Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozessordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter sowie das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden.

BGBl I 2015/94, ausgegeben am 3. 8. 2015

Den Mittelpunkt der kleinen Novelle, die auf einem Initiativantrag der Regierungsparteien beruht (1210/A 25 GP), bildet die Überarbeitung des § 261 ZPO, der den Umgang mit Prozesseinreden regelt. Die Neuerungen sollen Verfahrensverzögerungen vermeiden helfen und dadurch die Verfahrensökonomie steigern.

Im Wesentlichen sind folgende Änderungen vorgesehen:

-Bisher musste zwingend eine mündliche Verhandlung über die Prozesseinrede durchgeführt werden. In Zukunft hat das Gericht in jedem Einzelfall nach pflichtgebundenem Ermessen zu entscheiden, ob eine mündliche Verhandlung - etwa zur Klärung von Tatfragen - erforderlich ist oder nicht.
-Ein selbstständig anfechtbarer Beschluss über die Verwerfung einer Prozesseinrede durfte bisher nur dann erlassen werden, wenn über die Einrede abgesondert verhandelt worden ist. Diese Voraussetzung entfällt. Unabhängig davon, ob gar nicht, abgesondert oder zusammen mit der Hauptsache verhandelt worden ist, kann das Gericht wählen, ob es die Entscheidung über die Einrede erst in das Urteil aufnimmt oder den Parteien durch einen gesonderten Beschluss die Möglichkeit gibt, die Prozessvoraussetzungen schon vorab im Instanzenzug prüfen zu lassen. Ein gesonderter Beschluss ist sofort anfechtbar.
-Es entfällt die Notwendigkeit, nach Verwerfung einer Prozesseinrede den Übergang zur Verhandlung in der Hauptsache zu beantragen; das Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen.

Darüber hinaus wird - der hA entsprechend - klargestellt, dass § 261 ZPO auf sämtliche Prozessvoraussetzungen anzuwenden ist. Darunter fallen etwa auch Verstöße gegen die Geschäftsverteilung sowie deren Fehlerhaftigkeit wegen Nichteinhaltung der (verfassungs-)gesetzlichen Vorgaben bei der Erlassung. Diesbezüglich wird in § 260 ZPO nF nun ausdrücklich festgehalten, dass nicht nur ein Verstoß, sondern auch ein Fehler der Geschäftsverteilung nur dann erfolgreich mit einem Rechtsmittel geltend gemacht werden kann, wenn der Mangel umgehend gerügt worden ist (so bereits 3 Ob 188/14i = Zak 2015/502, 278 und 8 Ob 109/14h = Zak 2015/503, 279 zur geltenden Rechtslage).

Die angeführten Änderungen treten am 4. 8. 2015 (Kundmachung folgender Tag) in Kraft und sind nach den Materialien auch in bereits anhängigen Verfahren anzuwenden (AB 721 BlgNR 25. GP 4).

Abgesehen von den dargestellten prozessualen Änderungen bringt die Novelle Anpassungen bei der Kostentragungspflicht des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags für die Tätigkeit des OGH in Disziplinarsachen sowie bei der Stellenbewertung in Justizverwaltungssachen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19989 vom 04.08.2015