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Besteuerung einer Vergleichssumme als Abfertigung iSd § 67 Abs 3 EStG

Bearbeiter: Sabine Sadlo / Bearbeiter: Barbara Tuma

EStG § 67 Abs 3

Hat ein Arbeitnehmer nach einvernehmlicher Beendigung des Dienstverhältnisses neben einem Abfertigungsanspruch zunächst auch eine Reihe weiterer Ansprüche gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber beim ASG geltend gemacht, wird dann aber ein Vergleich nur über Abfertigung geschlossen - und zwar mit einem niedrigeren Betrag als ursprünglich eingeklagt -, ist die gesamte Vergleichssumme der begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs 3 EStG zu unterwerfen. Auch wenn laut der Generalbereinigungsklausel im Vergleich mit diesem sämtliche Forderungen und Ansprüche bereinigt und verglichen sein sollen, lässt diese Klausel nicht den Rückschluss zu, dass der Vergleichsbetrag „nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt“ auch anteilsmäßig die anderen eingeklagten Ansprüche enthält, wenn die Vergleichssumme ausdrücklich als „Abfertigung“ bezeichnet und vom ehemaligen Arbeitgeber bei der Abrechnung auch als solche behandelt wird.

VwGH 27. 1. 2016, 2013/13/0001

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer schloss mit seinem ehemaligen Arbeitgeber einen gerichtlichen Vergleich, aufgrund dessen ihm ein Betrag iHv € 36.000,- zusteht. Strittig ist, ob dieser Betrag zur Gänze der begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs 3 EStG unterliegt (Meinung des Beschwerdeführers) oder nur ein Teilbetrag und eine Versteuerung nach § 67 Abs 8 lit a EStG für den Restbetrag zu erfolgen hat (Ansicht des Finanzamts). Der Beschwerdeführer hatte zunächst € 373.697,72 beim ASG eingeklagt - bestehend aus einer Abfertigung iHv € 47.221,- und ausstehenden Gehältern, Sonderzahlungen usw.

Nach Auffassung des UFS Wien als Berufungsbehörde hat das Finanzamt die eingeklagten Entschädigungen zu Recht prozentuell aufgeteilt (Abfertigung = 12,64 % der Vergleichssumme, dh € 4.500,40): Da der Beschwerdeführer neben der Abfertigung auch andere Gehaltsbestandteile eingeklagt habe und der Vergleich keinen Hinweis darauf enthalte, dass die Forderungen auf die Abfertigung eingeschränkt worden seien, ergebe sich, dass mit der Zahlung strittige Ansprüche aller Art („sämtliche“ Ansprüche und Forderungen) abgegolten werden sollten. Die Vergleichssumme könne in diesem Fall nicht nur aus einer steuerlich begünstigten Abfertigung bestehen.

Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist jedoch der gesamte Vergleichsbetrag dem begünstigten Lohnsteuersatz von 6 % zu unterwerfen, weil die im Rahmen des Vergleichs vereinbarte Auszahlung einer gesetzlichen Abfertigung (alt) iHv € 36.000,- unter dem strittigen bzw klagsgegenständlichen Ausmaß der Abfertigung iHv € 47.221,- liegt.

Hinweis: Der Vergleich lautete auszugsweise wie folgt:

„1.Die beklagte Partei verpflichtet sich, aus dem einvernehmlich am 11. 5. 2005 beendeten Dienstverhältnis, dem Kläger (Anm: der Beschwerdeführer) € 36.000,- brutto an Abfertigung binnen 14 Tagen ab Rechtswirksamkeit des Vergleichs zu Handen des Klagevertreters zu bezahlen.
2.Durch diesen Vergleich sind sämtliche zwischen den Parteien allfällig bestehenden Ansprüche und Forderungen bereinigt und verglichen.“

Im Lohnzettel des ehemaligen Arbeitgebers war der Betrag iHv € 36.000,- als „Bezüge gemäß § 67 Abs 3 bis 8“ mit dem festen Steuersatz von 6 % ausgewiesen und auf dem Überweisungsbeleg mit dem Betrag von € 33.840,- war als Verwendungszweck „Vergleichsbetrag netto (Abfertigung abzüglich Lohnsteuer)“ angeführt.

Entscheidung

Aus § 67 Abs 8 lit a EStG folgt, dass eine gesetzliche Abfertigung auch dann nach § 67 Abs 3 EStG zu versteuern ist, wenn ein solcher Bezug von einem Vergleich umfasst ist. Dies setzt voraus, dass erkennbar ist, in welchem Ausmaß eine Vergleichssumme auf einen derartigen Anspruch entfällt. Das wird insbesondere dann der Fall sein, wenn Gegenstand des Verfahrens nur ein derartiger Anspruch war, oder wenn von mehreren Ansprüchen durch (Teil-)Vergleich ein solcher Anspruch verglichen werden soll, während die übrigen Ansprüche strittig bleiben, oder wenn in sonst erkennbarer Weise im Vergleich erklärt wird, welcher von mehreren Ansprüchen mit welchem Betrag verglichen werden soll (vgl VwGH 26. 7. 1995, 92/15/0104, ARD 4696/26/95).

Wenn die belangte Behörde zur Auffassung gelangt, die Vergleichssumme sei nur aliquot - nämlich im Verhältnis des klagsweise geltend gemachten Abfertigungsanspruchs zur gesamten Forderung laut Klagschrift - der begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs 3 EStG zu unterwerfen, so kann dem nicht gefolgt werden. Im abgeschlossenen Vergleich wurde der gesamte Betrag in Höhe von € 36.000,- ausdrücklich als „Abfertigung“ bezeichnet. Auch der ehemalige Arbeitgeber hat die Vergleichssumme als solche behandelt, was durch Vorlage des Lohnzettels und des Überweisungsbelegs vom Beschwerdeführer dargetan wurde.

Zwar ist der belangten Behörde zuzustimmen, wonach die bloße Bezeichnung der Vergleichssumme als „Abfertigung“ für die Inanspruchnahme der begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs 3 EStG nicht genügt, wenn dies nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt entspricht (vgl insoweit VwGH 8. 4. 1986, 85/14/0162, ARD 3791/7/86). Jedoch lässt alleine die Formulierung im Vergleich, wonach mit diesem sämtliche Forderungen und Ansprüche bereinigt und verglichen seien, einen solchen Rückschluss nicht zu, wenn - wie im Beschwerdefall unstrittig - der Beschwerdeführer nach einvernehmlicher Beendigung des Dienstverhältnisses neben einer Reihe weiterer Ansprüche auch einen die Vergleichssumme betragsmäßig übersteigenden Abfertigungsanspruch iSd § 67 Abs 3 EStG gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber klagsweise geltend gemacht hat. (Bescheid aufgehoben)

Anmerkung: Zum Abschluss eines „abgabenschonenden Vergleichs“ siehe auch BFG 6. 3. 2014, RV/3100479/2008, ARD 6411/16/2014, das schon aus früheren VwGH-Erkenntnissen eine als zulässig anerkannte Dispositionsbefugnis ableitet, begünstigte Entgelte bis zur strittigen Höhe zu begleichen und auf nicht begünstigte Gehaltsbestandteile zu verzichten. (Sabine Sadlo)

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21248 vom 08.03.2016