News

Bestreitung von Forderungen - Parteirollen laut IO

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

IO § 110

Streitigkeiten über die Richtigkeit angemeldeter Forderungen, für die der Rechtsweg zulässig ist und die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gerichtsanhängig sind, sind in einem eigenen Prüfungsverfahren nach § 110 IO auszutragen. Die Parteirollen werden durch § 110 IO selbst festgelegt, also ausschließlich durch das Gesetz verteilt, nicht durch richterlichen Beschluss. Nach § 110 Abs 1 IO hat der anmeldende Gläubiger alle Bestreitenden zu klagen; nach Abs 2 hingegen ist dem Bestreitenden die Klägerrolle zugewiesen, wenn er eine bereits vollstreckbare Forderung bekämpfen will. Im Prüfungsprozess nach § 110 IO findet eine amtswegige Prüfung der Legitimation statt.

Im Prüfungsprozess nach § 110 IO können nur solche bestrittenen Forderungen geltend gemacht werden, die schon in der Anmeldung ausreichend substantiiert und konkretisiert wurden. Nicht erforderlich ist es, eine rechtliche Qualifikation vorzunehmen; es müssen aber die anspruchsbegründenden Tatsachen dargelegt werden. Bei vollstreckbaren Forderungen ist der Exekutionstitel anzugeben; so kann der Gläubiger die Anspruchsexistenz in oft besonders qualifizierter Form nachweisen und sich insb für den Bestreitungsfall die Beklagtenrolle sichern.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer vollstreckbaren Forderung ist die Prüfungstagsatzung, in der die betreffende Forderung geprüft wurde, weil wegen der laufenden Klagsfrist des § 110 Abs 4 IO Klarheit darüber herrschen muss, wer gegen wen vorzugehen hat.

Gegenstand des Prüfungsprozesses ist der Teilnahmeanspruch, so wie er Gegenstand der Prüfungsverhandlung gewesen ist.

OGH 16. 3. 2016, 7 Ob 6/16g

Sachverhalt

N***** (in der Folge: Schuldner) schloss im Jahr 2011 mit der bekl Bank einen Kreditvertrag zur Finanzierung eines Fahrzeugs.

Über das Vermögen des Schuldners wurde am 12. 11. 2013 das Konkursverfahren eröffnet und die Bekl meldete eine offene Forderung von 33.364,32 € aus dem Kreditvertrag an. Der damalige Masseverwalter anerkannte diese - vom Schuldner nicht bestrittene - Forderung, führte das Unternehmen des Schuldners fort und erklärte, in den zwischen dem Schuldner und der Bekl geschlossenen Kreditvertrag einzutreten. Infolge rechtskräftiger Bestätigung des Sanierungsplans (Quote von insgesamt 22 %) wurde das Konkursverfahren aufgehoben. Der Schuldner zahlte jedoch nur die erste Teilquote von 8 %.

In dem nun 2014 über das Vermögen des Schuldners eröffneten Konkursverfahren wurde die Kl zur Masseverwalterin bestellt. Die Bekl meldete eine offene Kreditforderung aus demselben Kreditvertrag von 27.130,79 € ohne Verweis auf eine Titulierung an und legte einen Kontoauszug vor, der Buchungen vom ursprünglichen Vertragsbeginn bis kurz vor Eröffnung des zweiten Konkursverfahrens aufwies. Im Anmeldungsverzeichnis ist unter der Rubrik „Rechtsgrund d. Forderung“ nur „Kreditforderungen“ angeführt (kein Verweis auf eine Judikatschuld), in der Spalte „Anmerkungen“ wurde darauf verwiesen, dass eine „teilweise wiederaufgelebte Forderung enthalten“ sei. In der Prüfungstagsatzung bestritt die Kl die angemeldete Forderung zur Gänze.

Innerhalb der vom Konkursgericht gesetzten Klagsfrist begehrte die Masseverwalterin mit ihrer Klage nun die Feststellung des Erlöschens der von der Bekl angemeldeten Forderung im Umfang von 5.897,74 €: Die in der Vorinsolvenz anerkannte Forderung sei teilweise getilgt (im Verhältnis des bezahlten Betrags zu dem nach dem Sanierungsplan zu zahlenden Betrag, demnach im Ausmaß von 36,36 %). Wiederaufgelebt sei die Forderung im Umfang von 63,64 % (21.233,05 €); der Differenzbetrag von 5.897,74 € zur Forderungsanmeldung der Bekl stehe dieser nicht zu.

Die Bekl beantragte die Abweisung der Klage: In der Vorinsolvenz habe der Masseverwalter das Unternehmen des Schuldners weitergeführt, sei in das Vertragsverhältnis gem § 21 IO eingetreten und habe auch die monatlich fälligen Kreditraten bedient. Die Zahlungsverpflichtungen aus dem Vertrag hätten aus diesem Grund eine Masseforderung dargestellt, die auch im Fall eines Sanierungsplans voll zu erfüllen seien.

Entscheidung

Der OGH änderte die klagsstattgebenden Entscheidungen der Vorinstanzen in eine Klagsabweisung ab, weil die kl Masseverwalterin nicht klagslegitimiert ist:

Die bekl Bank meldete hier eine nicht titulierte Forderung aus einem (ihrer Meinung nach infolge Eintritts des damaligen Masseverwalters) aufrechten Kreditvertrag an, die auch Gegenstand der Prüfungstagsatzung war.

Die Kl (neue Masseverwalterin) hingegen vertrat (iS ihrer Anmerkung im Anmeldeverzeichnis) die Ansicht, es läge in Wahrheit eine titulierte Forderung aus dem aufgelösten Kreditvertrag vor (ein Eintritt des damaligen Masseverwalters sei nicht wirksam erfolgt), weil diese Forderung im Vorkonkursverfahren angemeldet, geprüft und auch anerkannt worden sei.

Gegenstand der Prüfungstagsatzung und des Prüfungsprozesses ist aber die Forderung so wie sie angemeldet wurde, nämlich eine Forderung aus einem bis zur (neuerlichen) Konkurseröffnung aufrechten Kreditvertrag. Da die Bekl ausdrücklich eine nicht titulierte Forderung geltend macht und nichts anderes zu prüfen war, hat sich danach die Verteilung der Parteirollen zu richten und die Masseverwalterin ist nicht klagslegitimiert.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21511 vom 25.04.2016