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Betriebshaftpflichtversicherung – Risikoausschluss bei Gesetzesverstoß

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: §§ 914 f

AHVB: Art 8.2.3

Nach dem Risikoausschluss des Art 8.2.3 der vorliegenden Allgemeinen Bedingungen für die Betriebshaftpflichtversicherung Eurotop 2004 idF 7/2012 (AHVB) erstreckt sich die Versicherung nicht auf Schadenersatzverpflichtungen infolge bewussten Zuwiderhandelns gegen Vorschriften. Danach ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, „wenn der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt wurde und bewusst – insbesondere im Hinblick auf die Wahl einer kosten- oder zeitsparenden Arbeitsweise – den für den versicherten Betrieb oder Beruf geltenden Gesetzen, Verordnungen oder behördlichen Vorschriften zuwider gehandelt wurde […]“.

Übernimmt der Versicherungsnehmer bewusst eine Ausführung der Arbeiten, die dem Kundenwunsch entspricht, aber gesetzwidrig ist (hier: Errichtung eines nicht kindersicheren Stiegengeländers in einem Wohnhaus), so ist ihm dies im Vertragsverhältnis zum Versicherer vorzuwerfen. Die vage Annahme, der Kunde werde später noch eine vorschriftsgemäße Ausführung veranlassen, exkulpiert den Versicherungsnehmer nicht, steht ihm doch keine juristische Handhabe zur Verfügung, eine solche Ausführung zu erreichen.

OGH 16. 10. 2015, 7 Ob 126/15b

Entscheidung

Motiv für Verstoß

Der Kl ging selbst davon aus, bewusst § 17 Oö BauTG 1994 zuwider gehandelt zu haben. Er argumentierte aber damit, dass Art 8.2.3 AHVB durch die Wortfolge „insbesondere im Hinblick auf die Wahl einer kosten- oder zeitsparenden Arbeitsweise“ ein besonders gelagertes Fehlverhalten umschreibe. Vom Ausschluss sei nur ein Verhalten umfasst, das aus unlauteren Motiven und um sich selbst zu begünstigen zu Lasten eines Dritten gesetzt werde.

Dazu stellt der OGH klar, dass der Hinweis „insbesondere im Hinblick auf die Wahl einer kosten- oder zeitsparenden Arbeitsweise“ – wie bereits das Wort insb zeigt - bloß demonstrativen Charakter hat. Das Motiv des Zuwiderhandelns ist nicht relevant (Reisinger in Fenyves/Schauer VersVG § 152 Rz 36).

Damit war die erste Voraussetzung des Art 8.2.3 AHVB erfüllt.

Grobe Fahrlässigkeit

Nach Ansicht des OGH haben die Vorinstanzen unter den vorliegenden Umständen auch zu Recht das Vorliegen grober Fahrlässigkeit bejaht:

Der Kl – als ausführender Unternehmer – errichtete ein nicht kindersicheres Geländer in einem Wohnhaus, dessen horizontale Traversen einen Abstand von 17 cm aufwiesen. Er musste die besondere Gefährlichkeit des Stiegengeländers im Hinblick auf die Gefahr des Durchfallens eines Kindes kennen. Selbst wenn er damals davon ausging, dass die Bauherren kein Kind hätten, konnte er zum einen nicht annehmen, dass der Haushalt weiterhin kinderlos bleibt; zum anderen musste ihm auch klar sein, dass die Gefährlichkeit des Stiegengeländers auch im Hinblick auf Kinder besteht, die zu Besuch kommen.

Keine Ablehnung des Kundenwunsches

Vom festgestellten Sachverhalt entfernt sich der Kl nach Ansicht des OGH mit seinem Argument, er wäre von der Einhaltung des Schutzgesetzes durch Faktoren abgehalten worden, die nicht in seinem Einflussbereich standen, bzw die Einhaltung wäre ihm von Dritten unmöglich gemacht worden. Dem hält der OGH entgegen, dass dem Kl eine dem Gesetz entsprechende Errichtung nicht unmöglich gemacht wurde, sondern er vielmehr das dem Gesetz widersprechende Stiegengeländer im Einvernehmen mit den Bauherrn herstellte. Lehne aber der Versicherungsnehmer die dem Kundenwunsch entsprechende gesetzwidrige Ausführung nicht ab, sondern übernehme er diese vereinbarungsgemäß, so sei ihm dies im Vertragsverhältnis zum Versicherer vorzuwerfen. Die vage Annahme, der Kunde werde die Möglichkeit einer späteren Fertigstellung des Geländers noch veranlassen, exkulpiere den Kl in dieser Situation ebenso wenig, stehe ihm doch keine juristische Handhabe zur Verfügung, eine solche Fertigstellung zu erreichen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20920 vom 15.01.2016