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Die Stellungnahme des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung eines Arbeitnehmers muss klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, ob der Kündigung widersprochen oder zugestimmt wird. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber mit, dass er sich für den betroffenen Arbeitnehmer als nicht zuständig erachtet (weil der Arbeitnehmer zuletzt in einer Tochtergesellschaft des kündigenden Arbeitgebers tätig war) und „somit“ der Kündigung zustimme, ergibt die Äußerung in ihrer Gesamtheit für einen objektiven Betrachter keinen nachvollziehbaren Sinn. Wenn die Stellungnahme aber keinen klaren und eindeutigen Erklärungsinhalt wiedergibt, ist sie einem Stillschweigen des Betriebsrats gleichzusetzen und nimmt dem Arbeitnehmer nicht das Recht, die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit gemäß § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG anzufechten.
In Aufhebung von OLG Wien 7 Ra 56/14b, ARD 6453/6/2015
Entscheidung:
Zur Vermeidung von Missverständnissen weist der OGH darauf hin, dass es hier nicht darum geht, die Motive des BR bei der Zustimmung zur Kündigung zu hinterfragen; die eigene Unzuständigkeit tauge auch nicht zum Motiv, wenn man von konstruierten Situationen absehe. Geprüft werden müsse aber in jedem Fall, ob überhaupt eine klare und eindeutige Zustimmung des BR zur Kündigung vorliegt. Dies verneint der OGH hier, weil dieser Prüfung die gesamte Erklärung des BR zugrunde gelegt werden müsse und eine vordergründige Zustimmung durch weitere Beifügungen in der Erklärung des BR wieder in Frage gestellt sein könne.
Die Erklärung des BR bestand hier aus zwei Sätzen: Im 1. Satz hält der BR fest, dass er für den Kläger nicht zuständig ist (weil dieser bei einer Tochtergesellschaft beschäftigt ist). Im 2. Satz stimmt er der Kündigung des Klägers „somit“ zu.
Anders als die Vorinstanzen geht der OGH davon aus, dass der BR schon durch den Ausdruck „somit“ im 2. Satz eine isolierte Betrachtung des 2. Satzes unter Ausblendung des 1. Satzes verhinderte. Diese Verknüpfung ergebe aber in der vorliegenden Form für den objektiven Betrachter der gesamten Erklärung keinen nachvollziehbaren Sinn.
Da der BR bezüglich der eigenen Überzeugung, für den Kläger nicht zuständig zu sein, keinen Spielraum offen ließ („Aufgrund der Tatsache ... fällt ... nicht in den Geltungsbereich“), musste der OGH nicht darauf eingehen, ob eine bedingte Zustimmung für den Fall vorlag, dass der BR entgegen seiner Annahme doch zuständig sein sollte, und eine bedingte Zustimmung die Voraussetzungen einer ausdrücklichen Zustimmung iSd § 105 Abs 4 ArbVG überhaupt erfüllt.
Da die Stellungnahme des BR im Ergebnis keinen klaren und eindeutigen Erklärungsinhalt wiedergibt, ist sie einem Stillschweigen des BR gleichzusetzen - so der OGH - und dem Kläger das Recht zur Anfechtung der Kündigung gemäß § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG nicht genommen. Im fortzusetzenden Verfahren muss das ErstG nun über die Behauptung des Arbeitgebers entscheiden, das der Kläger als leitender Angestellter iSd § 36 Abs 2 Z 3 ArbVG anzusehen und damit vom II. Teil des ArbVG ausgenommen sei. Verneinendenfalls wird es die Frage der Sozialwidrigkeit der Kündigung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG zu prüfen haben.