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BMF: Zweifelsfragen zum Inkrafttreten der Einlagenrückzahlung Neu

Bearbeiter: Sabine Sadlo

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat eine „BMF-Info zu Zweifelsfragen iZm Inkrafttreten des § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015“ auf ihrer Homepage veröffentlicht (www.kwt.or.at | Service | Download Center | Steuerfachsenat).

BMF-Info vom 19. 10. 2015

Die Neuregelung des § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 wurde mit 15. 8. 2015 in BGBl I 2015/118 veröffentlicht. Aufgrund zahlreicher Anfragen - insbesondere im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Regelung - soll die Rechtsansicht des BMF zu diesen Zweifelsfragen im Folgenden dargelegt (Punkte 1 bis 3) und anhand von zusammenfassenden Beispielen (Punkt 4) veranschaulicht werden.

1. Für welche Ausschüttungen ist § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 erstmals anzuwenden?

Gemäß § 124b Z 279 EStG ist § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. 7. 2015 beginnen. Folglich ist die in § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 vorgesehene Verwendungsreihenfolge für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. 8. 2015 beginnen, noch nicht anzuwenden.

Nach Ansicht des BMF ist dabei maßgeblich, in welchem Wirtschaftsjahr die Beschlussfassung über eine Gewinnverteilung erfolgt.

2. Was ist bei der erstmaligen Ermittlung der Evidenzkonten zu beachten?

Gemäß § 124b Z 279 lit a EStG sind der Stand der Innenfinanzierung und der Stand der Einlagen idF StRefG 2015/2016 erstmalig bereits zum letzten Bilanzstichtag vor dem 1. 8. 2015 zu ermitteln. Dabei kann der erstmalige Stand der Innenfinanzierung als Unterschiedsbetrag zwischen dem unternehmensrechtlichen Eigenkapital und den vorhandenen Einlagen iSd § 4 Abs 12 EStG idF vor StRefG 2015/2016 ermittelt werden. Diese in der Übergangsvorschrift vorgesehene Ermittlungsweise dient der Vereinfachung; eine exaktere Bestimmung des Innenfinanzierungsstands im Einzelfall wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Die erstmalige Ermittlung kann auch einen negativen Anfangsstand der Innenfinanzierung ergeben.

3. Was ist bei der Fortentwicklung der Evidenzkonten zu beachten?

Gemäß § 124b Z 279 lit c EStG sind die erstmalig erstellten Evidenzkontenstände nach Maßgabe von § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 fortzuführen; der Stand der Einlagen sowie der Stand der Innenfinanzierung sind somit laufend fortzuentwickeln. Sofern für Ausschüttungen die Verwendungsreihenfolge nach § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 noch keine Anwendung findet und die Ausschüttung noch nach der Rechtslage vor dem StRefG 2015/2016 zu behandeln ist (siehe dazu Punkt 1.), sind die erstmals ermittelten Evidenzkontenstände dennoch nach Maßgabe von § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 - entsprechend der tatsächlichen Verwendung von Ausschüttungen - anzupassen.

4. Zusammenfassende Beispiele

Beispiel

Beispiel 1:

Das Wirtschaftsjahr der A-GmbH endet per 31. 12. Das unternehmensrechtliche Eigenkapital am 31. 12. 2014 beträgt 100.000, der Stand der Einlagen am Evidenzkonto 80.000.

Per 31. 12. 2014 hat die A-GmbH erstmalig den Stand der Innenfinanzierung zu ermitteln. Dieser beträgt aufgrund der vereinfachten Ermittlung 20.000 (100.000 - 80.000).

Am 1. 9. 2015 wird die Ausschüttung des Bilanzgewinns des Wirtschaftsjahres 2014 in Höhe von 40.000 beschlossen.

Da die Ausschüttung in einem Wirtschaftsjahr beschlossen wird, das vor dem 1. 8. 2015 beginnt, ist auf die Ausschüttung noch § 4 Abs 12 EStG idF vor StRefG 2015/2016 anzuwenden. Die Verwendungsreihenfolge nach § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 findet folglich keine Anwendung, weshalb die A-GmbH die Ausschüttung in Höhe von 40.000 zur Gänze als Gewinnausschüttung behandelt.

Der von der A-GmbH erstmalig ermittelte Stand der Innenfinanzierung ist folglich um 40.000 zu vermindern und beträgt in weiterer Folge -20.000; der Einlagenstand der A-GmbH bleibt durch diese Ausschüttung unverändert.

Beispiel 2:

Das Wirtschaftsjahr der B-GmbH endet per 30. 9. Das unternehmensrechtliche Eigenkapital am 30. 9. 2014 beträgt 100.000, der Stand der Einlagen am Evidenzkonto 80.000. Der Bilanzgewinn des Wirtschaftsjahres 10/2013-9/2014 in Höhe von 30.000 wurde nicht ausgeschüttet, sondern vorgetragen. Der Jahresüberschuss des Wirtschaftsjahres 2014/2015 beträgt 10.000.

Per 30. 9. 2014 hat die B-GmbH erstmalig den Stand der Innenfinanzierung zu ermitteln. Dieser beträgt aufgrund der vereinfachten Ermittlung 20.000 (100.000 - 80.000). Mangels zwischenzeitlicher Ausschüttung erfolgte keine Verminderung des Stands der Innenfinanzierung (zu den Folgen einer solchen Ausschüttung siehe bereits Beispiel 1). Der erstmalig ermittelte Stand der Innenfinanzierung ist allerdings um den Jahresüberschuss in Höhe von 10.000 aus 2014/2015 zu erhöhen, weshalb der Stand der Innenfinanzierung per 30. 9. 2015 somit 30.000 beträgt.

Am 1. 12. 2015 wird die Ausschüttung des Bilanzgewinns des Wirtschaftsjahres 10/2014-9/2015 in Höhe von 40.000 beschlossen.

Da die Ausschüttung in einem Wirtschaftsjahr beschlossen wird, das nach dem 31. 7. 2015 beginnt, ist auf die Ausschüttung bereits § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 anzuwenden. Die B-GmbH hat daher die beschlossene Ausschüttung bereits unter Berücksichtigung der Verwendungsreihenfolge nach § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 zu behandeln. Im Ausmaß von 30.000 ist die Ausschüttung zwingend als Gewinnausschüttung, im Ausmaß von 10.000 als Einlagenrückzahlung zu behandeln.

Der Stand der Innenfinanzierung ist folglich um 30.000 zu vermindern und beträgt in weiterer Folge 0; der Einlagenstand ist um 10.000 zu vermindern und beträgt daher 70.000.


Hinweis:

Am 16. 10. 2015 wurde der Ministerialentwurf zum Abgabenänderungsgesetz 2015 (AbgÄG 2015) in Begutachtung versendet, mit dem auch eine Adaptierung der Neuregelung der Einlagenrückzahlung durch das Steuerreformgesetz 2015/2016 erfolgen soll.

Das in § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 vorgesehene Primat der Gewinnausschüttung soll aufgegeben und die Rechtslage vor dem StRefG 2015/2016 weitgehend wieder für Einlagenrückzahlungen und offene Ausschüttungen, die nach dem 31. 12. 2015 beschlossen werden, hergestellt werden. Dabei soll wiederum ein gesetzliches Wahlrecht verankert werden, wonach eine offene Ausschüttung eines unternehmensrechtlichen Bilanzgewinns steuerlich entweder als Einlagenrückzahlung oder als Gewinnausschüttung behandelt werden kann.

Unverändert zum StRefG 2015/2016 soll aber Voraussetzung für Einlagenrückzahlungen ein positiver Einlagenstand und für Gewinnausschüttungen eine positive Innenfinanzierung sein. Somit sollen Körperschaften auch nach der Neuregelung des AbgÄG 2015 nicht nur den Stand der Einlagen (Außenfinanzierung), sondern auch den Stand der Innenfinanzierung im Evidenzkonto zu erfassen haben. Der Stand der Einlagen soll nach den Vorschriften idF vor dem StRefG 2015/16 zu ermitteln sein. Der Stand der Innenfinanzierung soll nach dem Vorbild des § 4 Abs 12 EStG idF StRefG 2015/2016 ermittelt werden, wobei nicht nur verdeckte Einlagen und erhaltene Einlagenrückzahlungen außer Ansatz bleiben sollen, sondern auch nach § 235 Abs 1 UGB ausschüttungsgesperrte Beträge („umgründungsbedingte Differenzbeträge“). (Sabine Sadlo)

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20438 vom 22.10.2015