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Einmalige abfällige Bemerkung über Geschäftsführer - Entlassung?

Bearbeiter: Manfred Lindmayr / Bearbeiter: Barbara Tuma

AngG § 27 Z 1

Äußert sich der Prokurist eines Unternehmens in einem Gespräch mit einem ehemaligen Arbeitskollegen, der nun bei einem wichtigen Kunden des Arbeitgebers beschäftigt ist, abfällig über die unternehmerischen Fähigkeiten der Geschäftsführerin, ist dies zwar zweifellos herabsetzend und subjektiv verletzend, aus objektiver Sicht musste aufgrund der einmaligen abfällige Bemerkung des bereits 22 Jahre anstandslos im Unternehmen beschäftigten Prokuristen aber noch nicht befürchtet werden, dass der Arbeitnehmer seinen arbeitsvertraglichen Pflichten in Hinkunft nicht mehr nachkommen wird. Die Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit war somit nicht berechtigt.

OGH 18. 3. 2016, 9 ObA 12/16d

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall sieht der Arbeitgeber - und ihm folgend das Berufungsgericht - den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit dadurch erfüllt, dass der Kläger in einem Gespräch mit einem ehemaligen Arbeitskollegen, der nun bei einem wichtigen Kunden des Arbeitgebers beschäftigt ist, in Bezug auf die Zukunft des Unternehmens meinte, das Unternehmen werde in der Kombination mit der derzeitigen Geschäftsführerin an die Wand gefahren.

Es konnten keine weiteren Fälle festgestellt werden, in denen der Kläger mit Außenstehenden schlecht oder abwertend über die Geschäftsführerin oder deren fachliche Kompetenz gesprochen hätte.

Entscheidung

Keine objektive Vertrauensverwirkung

Der OGH teilt nicht die Ansicht des Berufungsgerichts, dass dadurch bereits der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit erfüllt wird:

Beim Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27 Z 1 letzter Fall AngG ist entscheidend, ob das Verhalten des Angestellten nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise - also nicht nach dem subjektiven Empfinden des einzelnen Arbeitgebers, sondern nach objektiven Grundsätzen - als so schwerwiegend angesehen werden muss, dass das Vertrauen des Arbeitgebers derart heftig erschüttert wird, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann und daher eine sofortige Abhilfe erforderlich ist.

Die beanstandete Äußerung des Klägers im vorliegenden Fall ist nach Ansicht des OGH zweifellos herabsetzend, soweit damit die unternehmerischen Fähigkeiten der Geschäftsführerin in Frage gestellt werden (vgl Kuderna, Entlassungsrecht2 89). Insbesondere schon aufgrund seiner hierarchischen Stellung im Unternehmen als Prokurist wäre vom Kläger gegenüber Dritten ein loyales Verhalten zur Geschäftsleitung des Unternehmens zu erwarten.

Nicht vergleichbar ist der vorliegende Fall jedoch mit dem Sachverhalt der Entscheidung OGH 7. 11. 2002, 8 ObA 207/02b, ARD 5381/4/2003, auf die das Berufungsgericht verwiesen hat: In jenem Fall war die Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit gerechtfertigt, weil die Arbeitnehmerin eine Vielzahl von großteils wichtigen Weisungen des Geschäftsführers nicht befolgt hat und damit ganz offensichtlich seine Autorität erheblich untergraben wollte, weshalb die Arbeitgeberin tatsächlich befürchten musste, dass die Arbeitnehmerin ihre Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen, sondern weiterhin die Autorität des Geschäftsführers ständig in Frage stellen werde.

Dem steht im vorliegenden Fall die bloß einmalige abfällige Bemerkung des Klägers gegenüber, der zum Entlassungszeitpunkt nahezu 22 Jahre im Unternehmen beschäftigt war, ohne dass er in der Vergangenheit wegen einer ihm unterlaufenen Pflichtwidrigkeit auch nur einmal ermahnt worden wäre.

Trotz Betroffenheit der Geschäftsführerin aus subjektiver Sicht musste - so der OGH - aus objektiver Sicht bei der erforderlichen Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des Klägers aufgrund seiner bloß einmaligen verbalen Entgleisung in einem Gespräch mit einem ehemaligen Arbeitskollegen noch nicht befürchtet werden, dass der Kläger seinen arbeitsvertraglichen Pflichten in Hinkunft nicht mehr nachkommen werde.

Keine Untreue

Auch den Entlassungsgrund der Untreue nach § 27 Z 1 erster Fall AngG sieht der OGH nicht verwirklicht:

„Untreue im Dienst“ setzt einen vorsätzlichen und pflichtwidrigen Verstoß gegen die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers voraus; Fahrlässigkeit genügt nicht. Dass der Kläger durch die inkriminierte Äußerung vorsätzlich die Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmen und einem Kunden gefährdet hätte, konnte der Arbeitgeber hier nicht beweisen. Für den OGH ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb dem Kläger an der Gefährdung dieser Geschäftsbeziehung gelegen gewesen sein sollte, hatte er doch selbst durch seinen Anspruch auf Bilanzgeld Anteil am Erfolg des Unternehmens.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21491 vom 21.04.2016