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Elternteilzeit: Keine Einwilligung des Arbeitgebers - Bestandschutz?

Bearbeiter: Bettina Sabara / Bearbeiter: Barbara Tuma

VKG: § 8d, § 8f

MSchG: § 15l, § 15n

Der Kündigungs- und Entlassungsschutz, der sowohl im Fall eines Anspruchs auf Elternteilzeit als auch im Fall einer vereinbarten Elternteilzeit während des Verfahrens auf Einwilligung in die Elternteilzeit besteht, beginnt im Regelfall mit der Bekanntgabe des Teilzeitwunsches, ist während des gesamten außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahrens aufrecht und endet 4 Wochen nach dem Ende des gerichtlichen oder außergerichtlichen Verfahrens.

Gibt demnach ein Arbeitnehmer, der keinen Anspruch auf Elternteilzeit hat, bekannt, Elternteilzeit nach dem VKG antreten zu wollen, scheitern schließlich die außergerichtlichen Verhandlungen und bringt der Arbeitnehmer keine Klage auf Einwilligung in die Elternteilzeit ein, so endet der Bestandschutz 4 Wochen nach dem endgültigen Scheitern der außergerichtlichen Verhandlungen. Eine nach diesem Zeitpunkt ausgesprochene Kündigung oder Entlassung ist daher wirksam.

OGH 26. 2. 2016, 8 ObA 1/16d zu OLG Wien 7 Ra 43/15t, ARD 6483/7/2016 (Bestätigung)

Sachverhalt

Im Betrieb des klagenden Arbeitgebers sind durchschnittlich weniger als 20 Arbeitnehmer beschäftigt, weshalb dem beklagten Arbeitnehmer kein gesetzlicher Anspruch auf Elternteilzeit zusteht. Am 1. 2. 2010 begehrte der beklagte Arbeitnehmer den Abschluss einer Vereinbarung über Elternteilzeit nach § 8a VKG. Die Verhandlungen darüber scheiterten spätestens am 16. 2. 2010.

Am 22. 3. 2010 wurde der Arbeitnehmer entlassen. Er erhob daraufhin am 25. 3. 2010 gegen den Arbeitgeber eine Klage auf Feststellung des Weiterbestehens des Dienstverhältnisses über den 22. 3. 2010 hinaus. Dieser Rechtsstreit wurde bis zur Rechtskraft der Entscheidung im hier vorliegenden Verfahren unterbrochen.

Im hier vorliegenden Verfahren begehrt der Arbeitgeber mit Klage vom 23. 3. 2010 ua die Festellung, dass kein über den 22. 3. 2010 hinaus andauerndes Dienstverhältnis bestehe. Das Begehren auf Gewährung von Elternteilzeit sei unmissverständlich abgelehnt worden. Zum Zeitpunkt der Entlassung habe weder ein Kündigungs- noch ein Entlassungsschutz nach dem VKG bestanden.

Die Vorinstanzen gaben dem Feststellunsbegehren des Arbeitgebers statt.

Die vom Berfungsgericht zugelassene Revision erachtete der OGH nicht für berechtigt, weil sich die als erheblich qualifizierte Rechtsfrage der Auslegung des § 8d Abs 2 iVm § 8f Abs 1 VKG (Frist für eine Klage nach § 8d Abs 2 VKG nach Scheitern der Verhandlungen) hier nicht stellt:

Eine Klage nach § 8d Abs 2 VKG wurde nicht erhoben und daher ist auch nicht zu klären, ob für diese Klage - analog zu § 8d Abs 3 oder zu § 8e Abs 1 VKG (Karenzverlängerung) eine Frist (von einer Woche) nach erfolglosem Ablauf der zweiwöchigen Einigungsfrist nach § 8d Abs 2 VKG bzw nach einem früheren Scheitern der Verhandlungen besteht.

Entscheidung

Nach Darstellung der Regelungen zum Kündigungs- und Entlassungsschutz in § 8f VKG (bzw im Wesentlichen ident in § 15n MSchG) hält der OGH zunächst fest, dass dieser Kündigungs- und Entlassungsschutz für den gesamten Zeitraum ab Meldung der Teilzeitbeschäftigung gegeben und während des außergerichtlichen und des gerichtlichen Verfahrens aufrecht ist und spätestens 4 Wochen nach dem Ergehen eines Urteils ende; das Ende des Kündigungs- und Entlassungsschutz könne aber auch schon vorher eintreten, wenn zB bei Nichteinigung über die Bedingungen der Teilzeitbeschäftigung keine Klage eingebracht wird. Trete ein Kündigungs- und Entlassungsschutz nicht aufgrund anderer Bestimmungen ein (zB durch einen Wechsel in die Karenz), so laufe der Kündigungs- und Entlassungsschutz 4 Wochen (Nachfrist) nach dem Ende des Verfahrens ab.

Für den Anlassfall bedeuten diese Grundsätze nach Ansicht des OGH Folgendes:

Da ein gerichtliches Durchsetzungsverfahren vom Arbeitnehmer nach § 8d VKG nicht eingeleitet wurde, endete der Bestandschutz 4 Wochen nach Beendigung des außergerichtlichen Verfahrens, dh nach Scheitern der außergerichtlichen Verhandlungen.

Das Erstgericht habe dazu zutreffend erkannt, dass das Scheitern der außergerichtlichen Verhandlungen mit jenem Zeitpunkt anzunehmen ist, zu dem der Arbeitnehmer nach dem objektiven Horizont eines redlichen und verständigen Verhandlungspartners nicht mehr mit der Annahme seines Wunsches bzw Angebots oder zumindest mit einer (zum Gegenstand weiterer Verhandlungen zu machenden) Gegenofferte des Arbeitgebers rechnen darf.

Nach den Feststellungen konnte für den Arbeitnehmer kein Zweifel bestehen, dass nach dem Ergebnis der Besprechung vom 16. 2. 2010 die begehrte Teilzeitbeschäftigung für den Arbeitgeber nicht in Betracht kommt und endgültig abgelehnt wurde. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer in weiteren Gesprächen seinen Wunsch auf Elternteilzeit wiederholte, vermag an diesem Verständnis des Arbeitnehmers nichts zu ändern. Eine Verhandlungsbereitschaft des Arbeitgebers bestand ohne jeden Zweifel nicht.

Davon ausgehend hat der Bestandschutz des Arbeitnehmers 4 Wochen nach dem 16. 2. 2010 geendet und bestand bei Ausspruch der Entlassung am 22. 3. 2010 nicht mehr; die Entlassung war damit wirksam.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21454 vom 15.04.2016