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EU-AbgÄG 2016: Registrierkassenpflicht gelockert - BGBl

Bearbeiter: Sabine Sadlo

Bundesgesetz, mit dem ua das EStG 1988, das KStG 1988 und die BAO geändert werden (EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 - EU-AbgÄG 2016)

BGBl I 2016/77, ausgegeben am 1. 8. 2016

Zum Nationalratsbeschluss vom 6. 7. 2016 siehe LN Rechtsnews 21943 vom 8. 7. 2016

Mitten in die Hochsaison des Sommertourismus und der Zeltfeste fällt die Kundmachung zahlreicher Erleichterungen bei der Registrierkassenpflicht und der Steuerbefreiung beim Einsatz von Aushilfskräften in Stoßzeiten. Dieses Maßnahmenbündel geht auf eine Erweiterung des EU-AbgÄG 2016 um Zusätze im EStG, KStG und der BAO zurück, die erst der Finanzausschuss vorgenommen hatte (siehe auch LN Rechtsnews 21858 vom 24. 6. 2016).

1. BAO und KStG: Erleichterungen betr Registrierkassen

1.1. Manipulationsschutz

Die Frist zur Einrichtung technischer Vorkehrungen gegen Manipulationen von Registrierkassen wird um drei Monate bis 1. 4. 2017 verlängert, um den betroffenen Unternehmen ausreichend Zeit für die Umstellung zu verschaffen.

Zudem werden jene Bestimmungen im § 131b BAO, die das Thema elektronische Signaturen regeln, terminologisch an die eIDAS-VO (EU) 910/2014 (über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste) angepasst. Diese führt ab 1. 7. 2016 neben einer Neuregelung elektronischer Signaturen als neuen Dienst die elektronische Siegel ein (= Herkunftsnachweis bei juristischer Person/Institution).

1.2. Registrierkassenpflicht

Darüber hinaus können aufgrund des EU-AbgÄG 2016 für „Kalte Hände“-Unternehmer, bestimmte Wirte und gemeinnützige Vereine per Verordnung rückwirkend auf den 1. 1. 2016 neue Ausnahmen von der Einzelaufzeichnungs-, Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht zugelassen werden:

-für Umsätze im Freien bis zu € 30.000 jährlich (vor dem EU-AbgÄG 2016 bezog sich die € 30.000-Grenze auf den Gesamtbetrieb);
-für Umsätze in unmittelbarem Zusammenhang mit Hütten, wie insb Alm-, Berg-, Schi- und Schutzhütten bis zu einem Jahresumsatz von € 30.000;
-für Umsätze bis jeweils € 30.000 pro Kalenderjahr in einem Buschenschank iSd § 2 Abs 1 Z 5 GewO, wenn dieser weniger als 14 Tage im Jahr geöffnet hat (betriebsbezogene Betrachtung);
-Kantinen, die von gemeinnützigen Vereinen an nicht mehr als 52 Tagen im Kalenderjahr betrieben werden und weniger als € 30.000 Umsatz im Kalenderjahr haben („kleine Kantinen“);
-wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von abgabenrechtlich begünstigten Körperschaften (zB Vereinsfeste) unter gewissen Bedingungen, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs 1a BAO erfüllt sind (Kriterien für das Vorliegen eines „kleinen Vereinsfests“).

Gemeinnützige Vereine waren schon bisher nach Rz 306 ff VereinsR unter bestimmten Umständen (vgl 48-Stunden-Regelung) von der Registrierkassenpflicht ausgenommen. Mit dem EU-AbgÄG 2016 werden nun zusätzliche Erleichterungen für Vereine betreffend die Registrierkassenverwendung und Belegausstellung geschaffen. Neben den Neuregelungen zur Registrierkassenpflicht wurden die Rahmenbedingungen für „kleine Vereinsfeste“ - und somit die Gemeinnützigkeit des Vereins - klargestellt bzw auch praktikabler ausgestaltet:

-Demnach muss das Fest zu mindestens 75 % von den Mitgliedern des Vereins oder deren Angehörigen getragen werden.
-Beauftragt der gemeinnützige Verein für die Verpflegung zB einen Gastwirt, wurde klargestellt, dass dessen Tätigkeit nicht als Bestandteil des Vereinsfests anzusehen ist. Dies führt in diesem Fall nicht zum Verlust der Gemeinnützigkeit des Vereins.
-Die Dauer der Veranstaltung darf allerdings insgesamt 72 Stunden im Jahr nicht übersteigen; es kommt dabei auf die Ausschankstunden (gastgewerbliche Betätigung) an. Bei Überschreiten der erhöhten Grenze liegt ein begünstigungsschädlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (sog „großes Vereinsfest“) vor.
-Außerdem sind Auftritte von Musik- oder anderen Künstlergruppen für die steuerliche Beurteilung unschädlich, wenn diese für Unterhaltungsdarbietungen höchstens € 1.000 pro Stunde erhalten.

Hinweis: Einen Tag nach Abschluss des Gesetzgebungsprozesses sind zur Umsetzung der Erleichterungen bzw technischen Details die Barumsatzverordnung 2015, BGBl II 2015/247, ARD 6466/18/2015, und die Registrierkassensicherheitsverordnung, BGBl II 2015/410, ARD 6480/11/2016, angepasst worden: siehe BGBl II 2016/209 und BGBl II 2016/210 vom 3. 8. 2016. Ohne Zusammenhang mit dem EU-AbgÄG 2016 wird in der BarUV 2015 ab 4. 8. 2016 weiters klargestellt, dass für das Taxi- und Mietwagen-Gewerbe die für mobile Umsätze bestehenden Erleichterungen der nachträglichen Erfassung nicht gelten.

Darüber hinaus ist auf der BMF-Homepage unter „Informationen zu Registrierkassen“ schon die Ankündigung zu finden, dass eine Novellierung des Erlasses zur Registrierkassenpflicht vom 12. 11. 2015, ARD 6475/1/2015, in Vorbereitung und mit dessen Veröffentlichung noch im August 2016 zu rechnen ist. Im adaptierten Erlass werden nicht nur die neuen Erleichterungen zur Registrierkassenpflicht aus dieser jüngsten Gesetzgebung behandelt, sondern auch zwischenzeitig aufgetauchten Praxisfrage beantwortet und die Erkenntnisse aus der Spruchpraxis des VfGH berücksichtigt (vgl VfGH 9. 3. 2016, G 606/2015, G 644/2015, G 649/2015, ARD 6491/17/2016; einen weiteren Individualantrag gegen die Registrierkassenpflicht für Taxiunternehmen und die Ausstattung von Fahrzeugen mit Registrierkassen hat der VfGH mit Beschluss vom 2. 7. 2016, G 53/2016, V 13/2016, aus formalen Gründen zurückgewiesen).

1.3. Feste von KöR und Parteien

Zwecks einheitlicher Vollziehung mit „kleinen Vereinsfesten“ wird auch die in § 5 Z 12 KStG verankerte Steuerbefreiung für gesellige und gesellschaftliche Veranstaltungen von Körperschaften öffentlichen Rechts (zB Freiwillige Feuerwehren) rückwirkend ab 2016 von 48 Stunden auf 72 Stunden ausgeweitet.

Neu hinzu kommt, dass bis zu einem Jahresumsatz von € 15.000 auch ortsübliche Feste von Bezirks- und Ortsorganisationen politischer Parteien damit von der Registrierkassenpflicht ausgenommen sind. Voraussetzung ist, dass die Überschüsse für gemeinnützige oder politische Zwecke verwendet werden.

1.4. Kreditinstitute

Für Kreditinstitute entfällt die Registrierkassenpflicht rückwirkend ab 2016, weil diese ohnehin einer strengen staatlichen Aufsicht unterliegen, die eine korrekte Erfassung der Abgabenbemessungsgrundlagen bereits sicherstellt.

2. EStG: Neue Beschäftigungskategorie „Aushilfskraft“

Für Personen, die bereits erwerbstätig und aus diesem Grund vollversichert sind, werden Aushilfstätigkeiten ab 2017 attraktiver gestaltet. Für diese Aushilfskräfte wird in § 3 Abs 1 Z 11 EStG eine Steuerbefreiung eingeführt. Der Arbeitgeber muss auch keine Lohnnebenkosten in Form von Kommunalsteuer und Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abführen. Er muss lediglich einen Lohnzettel übermitteln.

Die Befreiung steht für Aushilfskräfte unter folgenden Voraussetzungen zu:

-Die Beschäftigung darf nur zur Abdeckung eines temporären zusätzlichen Arbeitsanfalls in Spitzenzeiten erfolgen („Stoßzeiten“, wie zB an Einkaufssamstagen in der Vorweihnachtszeit) oder zum zeitlich begrenzten Ersatz einer Arbeitskraft.
-Der monatliche Arbeitslohn darf die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigen (aktuell: € 415,72).
-Die begünstigte Aushilfstätigkeit wird für einen Zeitraum von höchstens 18 Tagen pro Kalenderjahr - auch bei verschiedenen - Arbeitgebern - ausgeübt.
-Der Arbeitgeber darf die Tätigkeit nur dann steuerfrei behandeln, wenn er an nicht mehr als 18 Tagen im Kalenderjahr pro Tag eine Aushilfskraft oder mehrere Aushilfskräfte beschäftigt.

Werden diese Grenzen überschritten, steht die Begünstigung von Beginn an nicht zu. Arbeitgeber, die voraussichtlich an mehr als 18 Tagen eine Aushilfskraft oder mehrere Aushilfskräfte beschäftigen, können die Begünstigungen daher von Beginn an nicht berücksichtigen. Die Regelung ist vorerst für die Jahre 2017 bis 2019 befristet.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22110 vom 04.08.2016