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EuGH: Kein ermäßigter USt-Satz für e-Books

Bearbeiter: Barbara Tuma

UStG § 10 Abs 2 Z 1 lit a

RL 2006/112/EG: Anh III

In zwei Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen Frankreich und Luxemburg hat der EuGH klargestellt, dass auf die Lieferung elektronischer Bücher – anders als bei Büchern aus Papier – kein ermäßigter Mehrwertsteuersatz angewendet werden darf: Nach der RL 2006/112/EG (MehrwertsteuersystemRL) und ihrem Anhang III darf ein ermäßigter Steuersatz nur auf die „Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern“ erhoben werden. Ein elektronisches Buch benötigt zwar auch einen solchen physischen Träger (wie einen Computer), um gelesen werden zu können, jedoch wird ein solcher Träger nicht zusammen mit dem elektronischen Buch geliefert, so dass die Lieferung solcher Bücher nicht in den Anwendungsbereich des Anhangs III fällt.

Die Lieferung elektronischer Bücher fällt auch in keine andere Kategorie des Anhangs III der RL 2006/112/EG, sondern unter „elektronisch erbrachte Dienstleistungen“, worauf ein ermäßigter USt-Satz nach der RL 2006/112/EG nicht angewendet werden darf.

EuGH 5. 3. 2015, C-479/13 und C-502/13, Kommission/Frankreich und Kommission/Luxemburg

Entscheidung

Seine Rechtsansicht stützt der EuGH nicht nur auf den Wortlaut („auf jeglichen physischen Trägern“), sondern auch auf den Kontext der Bestimmung, die als Ausnahmeregelung eng auszulegen ist.

Auch wenn der Unionsgesetzgeber mit der Einführung des Anhangs III der RL 2006/112/EG einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Gegenstände und Dienstleistungen ermöglichen wollte, die sozialen oder kulturellen Zielen dienen und keine oder nur eine geringe Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung bedeuten, und auch wenn weiters die mit der RL 2009/47/EG eingeführte Änderung auf „Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern“ das Ziel verfolgte, den Begriff „Bücher“ klarer zu fassen und dem technischen Fortschritt Rechnung zu tragen, ändere dies nichts daran, dass sich der Unionsgesetzgeber ebenfalls entschieden habe, die Möglichkeit der Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf „elektronisch erbrachte Dienstleistungen“ auszuschließen (vgl Art 98 Abs 2 Unterabs 2 der RL 2006/112/EG).

Und die Lieferung von elektronischen Büchern stellt nach Ansicht des EuGH eben eine „elektronisch erbrachte Dienstleistung“ iSv Art 98 Abs 2 Unterabs 2 RL 2006/112/EG dar:

-Nach Art 24 Abs 1 RL 2006/112/EG gilt als „Dienstleistung“ jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist. Ein elektronisches Buch könne aber nicht als ein körperlicher Gegenstand angesehen werden und der physische Träger, der das Lesen des elektronischen Buchs ermögliche und als „körperlicher Gegenstand“ betrachtet werden könnte, sei in der Lieferung nicht enthalten.
-Gem Art 7 Abs 1 DurchführungsVO (EU) 282/2011 seien weiters „elektronisch erbrachte Dienstleistungen“ iSd RL 2006/112/EG „Dienstleistungen, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht möglich wäre“.

Auch der Grundsatz der steuerlichen Neutralität erlaube es nicht, den Geltungsbereich eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auszuweiten, soweit es an einer eindeutigen Bestimmung fehlt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19091 vom 06.03.2015