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EuGH: Keine Energieabgaben-Vergütung für Dienstleistungsbetriebe

Bearbeiter: Birgit Bleyer / Bearbeiter: Barbara Tuma

EnAbgVergG: § 2 Abs 1, § 4 Abs 7 idF BGBl I 2010/111

AEUV: Art 108 Abs 3

VO (EU) 651/2014 (AGVO 2014): Art 44 Z 3, Art 58 Abs 1

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 hat der österreichische Gesetzgeber die Rückvergütung von Energieabgaben für den Zeitraum ab 2011 eingeschränkt, so dass Anspruch auf Vergütung der Energieabgaben nur mehr jene Betriebe haben, deren Schwerpunkt in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht. Dienstleistungsbetriebe – wie im vorliegenden Fall ein Hotel – wurden damit von der Vergütung ausgeschlossen.

Da das Beihilfevolumen einer bestehenden Beihilfe mit dieser Änderung lediglich reduziert wurde, wollte der VwGH mit seinem Vorabentscheidungsersuchen vom EuGH va klären lassen, ob diese Regelung der Anmeldepflicht nach Art 108 Abs 3 AEUV unterliegt oder ob sie aufgrund der VO (EU) 651/2014 (Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung 2014; AGVO 2014) von dieser Pflicht befreit ist (zum Vorabentscheidungsersuchen siehe Rechtsnews 24320).

Mit seinem Urteil in der Rs C-585/17, Dilly's Wellnesshotel, stellt der EuGH nun klar, dass die strittige Einschränkung des Kreises der Erstattungsberechtigten auf die produzierenden Betriebe (und damit der Ausschluss der Dienstleistungsbetriebe) gem Art 58 Abs 1 der AGVO 2014 von der Anmeldepflicht rückwirkend freigestellt werden kann (danach gilt die AGVO 2014 „für vor ihrem Inkrafttreten gewährte Einzelbeihilfen, sofern diese alle Voraussetzungen dieser Verordnung, ausgenommen Artikel 9, erfüllen“).

Die Frage des VwGH hinsichtlich der Erfüllung der Voraussetzungen der AGVO 2014 durch eine Regelung wie hier, bei der der Vergütungsbetrag der Energieabgaben im Gesetz eindeutig durch eine Berechnungsformel festgelegt ist, bezieht der EuGH konkret auf Art 44 Abs 3 der AGVO 2014, wonach Beihilfen in Form von Umweltsteuerermäßigungen nach der RL 2003/96/EG „auf einer Senkung des anwendbaren Umweltsteuersatzes oder der Zahlung eines festen Ausgleichsbetrags oder einer Kombination solcher Mechanismen“ bestehen. Nach Ansicht des EuGH ist die Ermittlung der Steuerermäßigung durch eine gesetzlich festgelegte konkrete Berechnungsformel mit Art 44 Z 3 der AGVO 2014 vereinbar.

Conclusio:

Dienstleistungsunternehmen (zB Hotels) dürften daher (bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen der AGVO 2014) ab 2011 keinen Anspruch auf Erstattung der entrichteten Energieabgaben mehr haben. Die entsprechende Rsp des BFG vom 3. 8. 2016, RV/5100360/2013, ÖStZB 2016/416, und vom 13. 2. 2017, RV/5100859/2016 dürfte somit nicht aufrechtzuerhalten sein. Eine Entscheidung des VwGH bleibt abzuwarten.

EuGH 14. 11. 2019, C-585/17, Dilly's Wellnesshotel

Zum Vorabentscheidungsersuchen VwGH 14. 9. 2017, Ro 2016/15/0041 (EU 2017/0005) und Ro 2017/15/0019 (EU 2017/0006), siehe Rechtsnews 24320.

Zu den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 14. 2. 2019 siehe Rechtsnews 26822.

Hinweis: Zu den unterschiedlichen Rechtspositionen siehe ausführlich va

-Caspari in ÖStZ 2019/523 (österr. Regelung im Widerspruch zu EU-Beihilfenrecht) und
-Schamp in ÖStZ 2019/524 (keine neue Beihilfe, dh keine anmeldepflichtige Umgestaltung einer Beihilferegelung nach Art 108 Abs 3 AEUV).

Der EuGH hat für Recht erkannt:

1.Art 108 Abs 3 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, mit der eine Beihilferegelung geändert wird, indem der Kreis der Empfänger dieser Beihilfe verkleinert wird, grundsätzlich der in dieser Bestimmung vorgesehenen Anmeldepflicht unterliegt.
2.Art 58 Abs 1 der VO (EU) 651/2014 der Kommission vom 17. 6. 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Art 107 und 108 AEUV ist dahin auszulegen, dass Beihilfen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung auf der Grundlage einer Beihilferegelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden gewährt wurden, gem dieser Verordnung von der in Art 108 Abs 3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht freigestellt werden können.
3.Art 44 Abs 3 der VO (EU) 651/2014 ist dahin auszulegen, dass eine Beihilferegelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, für die der Betrag der Vergütung von Energieabgaben ausdrücklich in einer Berechnungsformel festgelegt ist, die in der nationalen Regelung, mit der diese Beihilferegelung eingeführt wird, vorgesehen ist, mit dieser Bestimmung vereinbar ist.
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28251 vom 15.11.2019