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EuGH: Natriumgehalt natürlicher Mineralwässer

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

RL 2009/54/EG: Art 9, Anhang III

VO (EG) 1924/2006 idF VO (EG) 107/2008: Art 8, Anhang

Die Angabe „sehr natriumarm/kochsalzarm“ (bzw jede Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat) darf für natürliche Mineralwässer und andere Wässer grundsätzlich nicht verwendet werden (Art 8 Abs 1 iVm dem Anhang der VO (EG) 1924/2006).

Die Angabe bzw ein Hinweis darauf, dass die fraglichen Wässer natriumarm/kochsalzarm bzw für eine natriumarme Ernährung geeignet sind, ist auf den Verpackungen und Etiketten natürlicher Mineralwässer und in der Werbung nur dann zulässig, wenn der Gesamtgehalt an Natrium in allen seinen vorhandenen chemischen Formen weniger als 20 mg/l beträgt (Art 9 Abs 2 iVm Anhang III der RL 2009/54/EG).

Da Natrium in verschiedenen chemischen Verbindungen vorkommt – nämlich insb in Natriumchlorid oder Tafelsalz und in Natriumbicarbonat –, muss seine in den natürlichen Mineralwässern vorhandene Menge unabhängig von seiner chemischen Form unter Berücksichtigung seines Gesamtvorkommens in den betreffenden natürlichen Mineralwässern beurteilt werden.

EuGH 17. 12. 2015, C-157/14, Neptune Distribution

Zu einem französischen Vorabentscheidungsersuchen.

Entscheidung

Analyse und weitere Angaben – Irreführung

Nach Art 7 Abs 2 Buchst a RL 2009/54/EG ist zwar für die Etikettierung natürlicher Mineralwässer die Angabe der analytischen Zusammensetzung unter Nennung der charakteristischen Bestandteile verbindlich vorgeschrieben, der EuGH hält dazu aber auch noch fest, dass die Verpackungen und Etiketten natürlicher Mineralwässer sowie die Werbung für diese, die unabhängig von der Angabe des Natriumgesamtgehalts dieser Wässer auf dem Etikett gem Art 7 Abs 2 Buchst a RL 2009/54/EG eine Angabe mit Bezug auf einen niedrigen Natriumgehalt der Wässer enthalten, ebenfalls geeignet sind, den Verbraucher irrezuführen. Sie könnten nämlich den Eindruck entstehen lassen, dass diese Wässer natriumarm/kochsalzarm oder für eine natriumarme Ernährung geeignet sind, obwohl sie tatsächlich 20 mg/l oder mehr Natrium enthalten (vgl auch EuGH 4. 6. 2015, C-195/14, Teekanne, EU:C:2015:361, Rn 38 bis 41, LN Rechtsnews 19621 vom 8. 6. 2015 = RdW 2015/377).

Gültigkeit des Verbots

Das Verbot, auf den Verpackungen und Etiketten und in der Werbung für natürliche Mineralwässer Angaben oder Hinweise zum niedrigen Natriumchlorid- oder Tafelsalzgehalt dieser Wässer anzubringen, die den Verbraucher hinsichtlich des Natriumgesamtgehalts irreführen könnten, hält der EuGH für gerechtfertigt und verhältnismäßig: Das Verbot sei angemessen und erforderlich, um den Schutz der menschlichen Gesundheit in der Union sicherzustellen, und das Vorsorgeprinzip rechtfertige den Erlass beschränkender Maßnahmen, weil es nicht ersichtlich ist, dass ein Risiko für die menschliche Gesundheit durch einen übermäßigen Konsum von Natrium ausgeschlossen wäre, das in verschiedenen chemischen Verbindungen vorhanden ist, insb in Natriumbicarbonat.

Der EuGH hat daher für Recht erkannt:

1.Art 8 Abs 1 iVm dem Anhang der VO (EG) 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 12. 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel in der durch die VO (EG) 107/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 1. 2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass für natürliche Mineralwässer und andere Wässer die Angabe „sehr natriumarm/kochsalzarm“ und jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, nicht verwendet werden darf.
Art 9 Abs 2 iVm Anhang III der RL 2009/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. 6. 2009 über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern ist dahin auszulegen, dass er Angaben oder Hinweisen auf den Verpackungen und Etiketten natürlicher Mineralwässer oder in der Werbung für diese entgegensteht, die beim Verbraucher den Eindruck entstehen lassen, dass die fraglichen Wässer natriumarm/kochsalzarm oder für eine natriumarme Ernährung geeignet sind, wenn der Gesamtgehalt an Natrium in allen seinen vorhandenen chemischen Formen 20 mg/l beträgt oder überschreitet.
2.Die Prüfung der zweiten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art 9 Abs 1 und 2 der RL 2009/54/EG iVm Anhang III dieser RL und dem Anhang der VO (EG) 1924/2006 beeinträchtigen kann.
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20796 vom 18.12.2015