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EuGH: Pauschales Beraterhonorar - Vorsteuerabzug

Bearbeiter: Barbara Tuma

RL 2006/112/EG: Art 24, Art 62, Art 63, Art 64

Der Begriff „Dienstleistung“ iSv Art 24 Abs 1 der RL 2006/112/EG (MehrwertsteuersystemRL) umfasst auch die Fälle von „Abonnementverträgen“ über die Erbringung von Beratungsdienstleistungen, insb im Rechts-, Wirtschafts- und Finanzbereich, in deren Rahmen sich der Berater dem Auftraggeber für die Dauer des Vertrags zur Verfügung gestellt hat. Der Steuertatbestand und der Steueranspruch treten dabei mit Ablauf des Zeitraums ein, für den die Zahlung vereinbart wurde, ohne dass es darauf ankommt, ob und wie oft der Auftraggeber die Dienste des Leistenden tatsächlich in Anspruch genommen hat.

EuGH 3. 9. 2015, C-463/14, Asparuhovo Lake Investment Company

Ausgangsfall

Im bulgarischen Anlassfall hatte ein Unternehmen mit einem Beratungsunternehmen einen Vertrag über die Erbringung von Beratungsdienstleistungen gegen ein Pauschalhonorar abgeschlossen. Das Beratungsunternehmen war aufgrund dieses Vertrages verpflichtet, dem Auftraggeber dauerhaft zur Verfügung zu stehen, und durfte mit dessen Wettbewerbern keine Verträge schließen. Das Pauschalhonorar wurde monatlich entrichtet, unabhängig von Art und Umfang der Beratungsleistungen im vergangenen Monat.

Auch wenn die bulgarischen Steuerbehörden keinen Steuerbetrug annahmen, verweigerten sie dem Auftraggeber dennoch den Vorsteuerabzug wegen des „Fehlens eines konkret zu erreichenden Ergebnisses“.

Entscheidung

(Noch) unbestimmte Dienstleistung gegen bestimmtes Entgelt

In seinen Entscheidungsgründen erinnert der EuGH daran, dass der unmittelbare Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und der empfangenen Gegenleistung, deren Betrag im Voraus und nach genau festgelegten Kriterien bestimmt wird, nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass die Leistungen weder im Voraus bestimmt noch individualisiert sind und das Entgelt in Form einer Pauschale entrichtet wird. Dies gelte auch für einen Abonnementvertrag über Beratungsdienstleistungen, in dessen Rahmen sich ein Klient - wie hier - verpflichtet hat, die vereinbarte Vergütung in Pauschalbeträgen unabhängig von Umfang und Art der tatsächlich erbrachten Beratungsdienstleistungen in diesem Zeitraum zu leisten.

Auch die Leistung mehrerer wiederkehrender Zahlungen statt eines einzelnen Pauschalbetrags könne keinen Einfluss auf diese Feststellung haben, weil der Unterschied zwischen diesen Zahlungen nicht die Steuerbarkeit der Tätigkeit, sondern ausschließlich die Modalitäten der Pauschalzahlung betrifft.

Die Verpflichtung des Beratungsunternehmens, einem Wettbewerber des Auftraggebers keine Dienstleistungen anzubieten, kommt nach Ansicht des EuGH einer Ausschließlichkeitsklausel gleich, die sich in den Abonnementvertrag über Beratungsdienstleistungen einfügt und nichts an der Steuerbarkeit dieses Vertrags ändern kann. Art 25 Buchst b RL 2006/112/EG betreffend die „Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen“, sei daher nicht zu berücksichtigen.

Steueranspruch

Zur Frage des Entstehens von Steuertatbestand und Steueranspruch verweist der EuGH darauf, dass im Ausgangsverfahren der Gegenstand der Dienstleistung nicht darin besteht, genau bestimmte Beratungsleistungen zu erbringen, sondern darin, dem Klienten zur Beratung zur Verfügung zu stehen. Die Dienstleistung werde vom Auftragnehmer daher gerade dadurch erbracht, dass er - unabhängig von Umfang und Art der tatsächlich erbrachten Beratungsdienstleistungen - für den im Abonnementvertrag bestimmten Zeitraum zur Verfügung steht. Die Leistung gelte daher als in dem Zeitraum bewirkt, auf den sich die Zahlung bezieht, und zwar unabhängig davon, ob der Auftragnehmer während dieses Zeitraums seinem Klienten tatsächlich Beratungsleistungen erbracht hat.

Da die Leistung somit mit Ablauf jedes Zeitraums, auf den sich die Zahlungen beziehen, als bewirkt iSv Art 64 Abs 1 RL 2006/112/EG gilt und der Steuertatbestand und der Steueranspruch nach Art 63 RL 2006/112/EG von dem Zeitpunkt abhängen, zu dem die Dienstleistung erbracht wird, treten folglich mit Abschluss jedes dieser Zeiträume auch diese beiden Ereignisse ein.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20172 vom 07.09.2015