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Exekution einer im Schuldenregulierungsverfahren nicht angemeldeten Forderung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

IO: § 51, § 156, § 197

1. Nach dem klaren Wortlaut bezieht sich § 197 IO auf Insolvenzforderungen nach § 51 IO, also auf Forderungen, die zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits entstanden waren.

2. Der betreibende Gläubiger, der über einen Titel vor Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens verfügt („alter“ Titel) und seine Forderung bei Abstimmung über den Zahlungsplan nicht anmeldete, benötigt für die Exekutionsführung auf die Quote die Vorlage eines Beschlusses gem § 197 Abs 2 IO. Die Exekution aufgrund eines „alten“ Titels ist auch bei Wiederaufleben nur mit Vorlage eines Beschlusses nach § 197 Abs 2 IO zu bewilligen.

Bei Wiederaufleben einer nicht angemeldeten Forderung muss der Gläubiger daher entweder nachträglich einen Beschluss nach § 197 Abs 2 IO erwirken oder auf Feststellung der Vollstreckbarkeit des alten Exekutionstitels klagen. Es ist dann im Provisorial- oder im Feststellungsverfahren zu prüfen, ob die Quote den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schuldners entsprach und geschuldet wurde.

Keiner Beschlussfassung nach § 197 Abs 2 IO bedarf es jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 156 Abs 4 IO, wonach Gläubiger, deren Forderungen nur aus Verschulden des Schuldners unberücksichtigt blieben, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Forderung in voller Höhe verlangen können. Ist der Tatbestand des § 156 Abs 4 IO verwirklicht, tritt eine Forderungskürzung auf die Quote unabhängig von der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners von vornherein nicht ein, woran daher auch ein Beschluss nach § 197 Abs 2 IO nichts ändern könnte.

Will die betreibende Partei wegen Wiederauflebens ihrer Forderung auf die Gesamtforderung Exekution führen, muss sie ein entsprechendes Vorbringen dazu erstatten, dass sie sich auf den Tatbestand des § 156 Abs 4 IO beruft, weil ihre Forderung nur aus Verschulden des Schuldners unberücksichtigt geblieben sei. Erstattet sie weder ursprünglich noch nach Erteilung eines Verbesserungsauftrags ein entsprechendes Vorbringen, ist der Exekutionsantrag abzuweisen.

OGH 18. 3. 2015, 3 Ob 189/14m

Entscheidung

Im Exekutionsverfahren kann zwar das Vorliegen der Voraussetzungen des § 156 Abs 4 IO nicht geprüft werden, wenn die Entscheidung von strittigen Tatumständen abhängt. In diesem Fall ist die Exekution zu bewilligen und der Verpflichtete muss mit Oppositionsklage gegen die Exekutionsbewilligung vorgehen (vgl 3 Ob 247/13i).

Hier ging es nach Ansicht des OGH aber nicht um strittige Tatumstände: Selbst unter Zugrundelegung der Richtigkeit des Vorbringens, wonach die Nichtanmeldung darauf zurückzuführen sei, dass der Verpflichtete sie schuldhaft nicht von der Verfahrenseröffnung informiert habe, sei ein Alleinverschulden des Verpflichteten iSd § 156 Abs 4 IO zu verneinen. Schon aus dem Wortlaut von § 156 Abs 4 IO („nur aus Verschulden des Schuldners ...“) ergibt sich - so der OGH -, dass bereits ein leichtes Mitverschulden des Gläubigers die Anwendung des § 156 Abs 4 IO ausschließt. Die Nichtberücksichtigung der Forderung müsse ausschließlich durch ein zumindest fahrlässiges Verhalten des Schuldners verursacht worden sein (RIS-Justiz RS0052293 vgl auch RS0027281).

Der OGH verwies dazu darauf, dass er bereits ausgesprochen hat, dass nicht nur von Banken (4 Ob 65/01i, SZ 74/64 = RdW 2001/662), sondern auch von Mittel- und Kleinunternehmern grundsätzlich eine Einsicht in die Insolvenzdatei zu fordern ist (2 Ob 4/11v, ÖBA 2011/1741 [Schumacher] = LN Rechtsnews 10736 vom 11. 3. 2011 = RdW 2011/221; vgl auch Kodek, Handbuch Privatkonkurs Rz 436; Schneider, Privatinsolvenz2 154).

Im vorliegenden Fall verfügte die betreibende Partei, eine GmbH, durch den Abschluss des Vergleichs am 26. 5. 2011 über einen seit 7. 7. 2011 vollstreckbaren Titel über eine Kapitalforderung von 435.018,12 €. Der Umstand, dass ihr die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens am 30. 1. 2013 jedenfalls bis zu der mit einer nachträglichen Prüfungstagsatzung verbundenen Zahlungsplantagsatzung am 16. 12. 2013 nicht bekannt wurde, stellte nach Ansicht des RekursG und des OGH ein Mitverschulden an der Nichtanmeldung der Insolvenzforderung dar, das darin begründet ist, dass die betreibende Partei trotz des Bestehens einer seit 2011 vollstreckbaren Forderung in beträchtlicher Höhe in einem Zeitraum von nahezu einem Jahr seit Eröffnung des Verfahrens bis zur Annahme des Zahlungsplans nicht in die Insolvenzdatei Einsicht nahm.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19561 vom 27.05.2015