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Fortbestehensprognose - Frist bei Insolvenzantragspflicht

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

KO/IO: § 69

Die Fortbestehensprognose erfordert realistische Annahmen; bloßer Optimismus vermag eine entsprechend sorgfältige Analyse nicht zu ersetzen.

Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 66 und 67 KO/IO) vor, so ist diese ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 60 Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beantragen. Diese 60-tägige Frist des § 69 Abs 2 KO/IO darf auch zur Fortsetzung eines bereits im Rahmen der Fortbestehensprognose berücksichtigten Sanierungsversuchs ausgenützt werden. Diese Frist ist jedoch eine absolute Höchstfrist, die nicht überschritten werden kann. Daher ist auch ein allenfalls sanierbarer Schuldner nach Ablauf dieser Frist verpflichtet, den nicht erfolgreich abgeschlossenen Sanierungsversuch abzubrechen und einen Insolvenzantrag zu stellen.

OGH 19. 2. 2015, 6 Ob 19/15k

Ausgangsfall

Die kl P wurde am 20. 7. 2004 von der mittlerweile in Konkurs befindlichen B***** GmbH mit Umbauarbeiten im Bereich der Elektroinstallationen in einer ihrer Filialen beauftragt. Mit der vorliegenden Klage macht die Kl gegen die beiden Bekl als seinerzeitige selbstständig vertretungsbefugte Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Schadenersatzansprüche gem § 69 KO iVm § 1311 ABGB geltend.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren mit Zwischenurteil dem Grunde nach statt. Nach den Feststellungen des ErstG trat die Zahlungsunfähigkeit spätestens Anfang Juli 2004 ein; die insolvenzrechtlich relevante Überschuldung war aber bereits am 30. 4. 2004 eingetreten und spätestens mit 15. 5. 2004 erkennbar. Die 60-Tagefrist des § 69 Abs 2 KO sei am 14. 7. 2004 abgelaufen, sodass die Bekl seit dem 15. 7. 2004 einen Insolvenzantrag zu stellen gehabt hätten. Die Finanzierung des Sanierungskonzepts der Bekl sei nicht mit überwiegender, also 50 % übersteigender Wahrscheinlichkeit gesichert gewesen, und zwar auch nicht, als A***** „einige Tage vor dem 21. 7. 2004“ - unter der Bedingung der verbindlichen Zusage eines Finanzierungsrahmens von 800.000 € durch die Bank - eine grundsätzliche mündliche Bereitschaftserklärung abgab, die für die Besicherung des Investitionskredits der Bank unbedingt notwendige Kreditgarantie abzugeben.

Der OGH wies die dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionen zurück. Auch durch die bedingte, mündlich erklärte Bereitschaft der A***** zur Übernahme der Kreditgarantie knapp vor der Auftragserteilung an die Kl wurde nach Ansicht des OGH keine mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gesicherte Zahlungs- und Lebensfähigkeit der Gemeinschuldnerin erreicht, zumal auch im Zeitpunkt dieser Zusage keine tragfähigen Anhaltspunkte bestanden, ob überhaupt und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen die Bank überhaupt bereit gewesen wäre, der Gemeinschuldnerin eine weitere Kreditierung zu gewähren. Damit war die Rechtsansicht des BerufungsG, dass auch im Zeitraum bis zum 21. 7. 2004 weiterhin nicht von der Herstellung einer positiven Fortbestehensprognose iSd Rsp auszugehen gewesen sei, vom OGH nicht zu beanstanden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19452 vom 07.05.2015