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Fremdwährungskredite: Verjährung von Schadenersatzansprüchen

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1295, § 1299, § 1489

Hinsichtlich der Verjährung von Schadenersatzansprüchen iZm mit Fremdwährungskrediten ist auf den Vertragsabschlussschaden abzustellen. Für eine gesonderte Verjährung des „Mehraufwendungsschadens“ besteht idR keine Grundlage; damit würde nämlich entgegen der Einheitstheorie der an sich einheitliche Schaden in einen Primär- und verjährungsrechtlich selbstständige Folgeschäden zerlegt. Der maßgebliche Primärschaden liegt grundsätzlich bereits im Abschluss des Fremdwährungskreditvertrags.

OGH 25. 9. 2015, 6 Ob 153/15s

Sachverhalt

Im Frühjahr 2004 erwarb der Kl eine hypothekarisch belastete Liegenschaft, zu deren Finanzierung er mit der bekl P zwei Kreditverträge über insgesamt 260.000 € abschloss. Es handelt sich um endfällige Fremdwährungskredite in Schweizer Franken mit dem 31. 10. 2028 als Rückzahlungstermin. Zur Besicherung und als Tilgungsträger diente eine fondsgebundene Erlebens- und Ablebensversicherung mit einer Versicherungsdauer bis 1. 4. 2029.

Am 15. 12. 2008 informierte ein Mitarbeiter der Bekl den Kl ausführlich mündlich und auch schriftlich über das Kurs- und Zinsänderungsrisiko von Fremdwährungskrediten, insb beim Schweizer Franken, die Entwicklung des Kurses des Schweizer Franken bisher und die unabschätzbare Kursentwicklung im Umfeld der weltweiten Finanzkrise, den Wertverlust der in den Ansparplänen vorhandenen Wertpapiere durch die fallenden Börsenkurse etc und rechnete dem Kl mögliche Verluste anhand von Beispielen vor.

Im November 2010 fand abermals ein Gespräch zwischen einer Mitarbeiterin der Bekl und dem Kl statt. Neuerlich erklärte die Mitarbeiterin dem Kl die aktuelle Kurs- und Zinssituation bei seinem Fremdwährungskredit und die dadurch bedingte Erhöhung des aushaftenden Kreditbetrags auf 279.140,03 € und übergab ihm ein zweiseitiges Informationsblatt. Dennoch entschied sich der Kl dafür, die Kredite nicht in Euro zu konvertieren, weil er hoffte, dass sich die Lage bei Fälligkeit des Kredits gebessert haben werde.

Wegen der im Jahr 2012 noch größer gewordenen Deckungslücke fand eine weitere Besprechung mit dem Kl statt, wobei der Kl nun zustimmte, weitere 200 € monatlich in einen Tilgungsträger einzuzahlen.

Mit seiner am 12. 9. 2013 eingebrachten Klage begehrt der Kl die Feststellung der Haftung der bekl P für jenen Schaden, welcher der kl P aus der Vermittlung von sowie aus der fehlerhaften Beratung iZm dem Erwerb der dargestellten Hebelfinanzierung entstehe.

Das ErstG wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass die dreijährige Verjährungsfrist bei Einbringung der Klage bereits abgelaufen war, weil dem Kl spätestens nach dem Gespräch am 15. 12. 2008 klar sein habe müssen, dass er ein - entgegen seinen Vorstellungen - risikobehaftetes Finanzierungsmodell gewählt habe.

Das BerufungsG hob das Urteil des ErstG auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es teilte die Rechtsansicht des ErstG, wonach der Primärschaden bereits mit dem Gespräch am 15. 12. 2008 erkennbar gewesen sei. Allerdings hielt das BerufungsG die Rechtssache noch nicht für spruchreif, weil Zusatzfeststellungen dahin fehlten, ob die Bekl den Kl über das Zusammenwirken des Risikos von Zinsänderungen und Währungsschwankungen bei einem Fremdwährungskredit und einer schlechteren als der zugesagten Entwicklung des Tilgungsträgers aufgeklärt habe.

Der OGH hielt die Sache für spruchreif und stellte das Urteil des ErstG wieder her.

Entscheidung

Verjährung - Feststellungsklage

In seinen Entscheidungsgründen setzt sich der OGH ausführlich mit Rsp und Lehre zur Verjährung von Schadenersatzansprüchen aufgrund Beratungsfehlern bei Anlegerschäden auseinander und übernimmt auch für Fremdwährungskredite die Ansicht, dass ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit der gewählten Anlageform eingetretener weiterer Schaden als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren ist, dessen Verjährung gleichfalls mit Kenntnis vom Eintritt des Erstschadens beginnt.

Eingehend beschäftigt sich der OGH auch mit der Frage der Zulässigkeit einer Feststellungsklage. Nach der Rsp schaltet ein Feststellungsurteil die Verjährungseinrede für Folgeschäden für 30 Jahre aus, an der Feststellung eines verjährten Rechts besteht im Allgemeinen aber kein rechtliches Interesse.

Von diesen Grundsätzen ist das BerufungsG nach Ansicht des OGH nicht abgewichen, er hält jedoch die geforderten zusätzlichen Feststellungen betr die Aufklärungspflicht der Bekl für nicht erforderlich. Die vom Kl behaupteten Beratungsfehler sind nämlich nach Auffassung des OGH nicht geeignet, einen selbstsständigen Lauf der Verjährungsfrist zu begründen.

Aufklärungspflicht

Bezüglich der Aufklärungspflicht iZm mit dem endfälligen Fremdwährungskredit hält der OGH weiters ua fest:

-Nicht anzuerkennen ist ein eigenständiges Risiko des „Zusammenwirkens des Risikos von Zinsänderungen und Währungsschwankungen“ neben den dem klagenden Anleger ohnedies bereits bekannten Zins- und Wechselkursrisiken, auf das der Anleger gesondert hinzuweisen wäre, sodass die Unterlassung eines diesbezüglichen Hinweises allenfalls eine gesonderte Verjährungsfrist auslösen könnte.
-Dass die Zinsen bei einem endfälligen Kredit bis zum Laufzeitende vom vollen Kreditbetrag berechnet werden, während sie beim Abstattungskredit vom fallenden Kapital berechnet werden, ist geradezu Wesensmerkmal des hier vom Anleger abgeschlossenen Kreditvertrags; eines ausdrücklichen Hinweises auf diesen Umstand bedurfte es nicht. Das Risiko lag im vorliegenden Fall nicht in dem - mit jedem endfälligen Kredit verbundenen - Umstand, dass Zinsen für die gesamte Laufzeit vom vollen Kreditbetrag zu entrichten sind (der ja dem Anleger auch für die volle Laufzeit in voller Höhe zur Verfügung steht), sondern im Risiko einer für den Anleger ungünstigen Entwicklung des Zinssatzes oder des Wechselkurses.
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20943 vom 20.01.2016