News

GenmbH: Investierende Mitglieder – Haftung, Stimmrecht

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GenG: § 2, § 5a, § 11, § 27, § 76, § 86a

1. § 76 GenG regelt zwingend (§ 11 GenG) das Minimum der Haftsumme der Genossenschafter: Danach haftet jedes Mitglied einer mit beschränkter Haftung errichteten Genossenschaft im Falle des Konkurses oder der Liquidation für deren Verbindlichkeiten nicht nur mit seinen Geschäftsanteilen, sondern auch noch mit einem weiteren Betrag in der Höhe derselben, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht einen höheren Haftungsbetrag festsetzt. Nach dem klaren Wortlaut des § 76 GenG greift die Satzungsautonomie lediglich hinsichtlich einer Erhöhung, nicht aber einer Verringerung der Haftsumme.

Eine Reduktion der Haftung unter die Grenzen des § 76 GenG durch die Satzung kommt auch für (bloß) investierende Mitglieder iSd § 5a Abs 2 Z 1 GenG nicht in Betracht. Dem Gesetzgeber kann weder eine Regelungslücke unterstellt werden, noch ist ein Anwendungsfall einer teleologischen Reduktion zu erblicken.

Im vorliegenden Fall sieht die geänderte Satzungsbestimmung vor, dass investierende Mitglieder „nur mit der Höhe des ersten gezeichneten investierenden Geschäftsanteils [haften]. Durch die Beteiligung mit weiteren investierenden Geschäftsanteilen tritt eine Erhöhung der Haftsumme nicht ein“. Damit würde im Ergebnis geregelt, dass ein Genossenschafter Geschäftsanteile mit beschränkter Haftung und solche mit Geschäftsanteilshaftung (vgl § 2 Abs 3, § 86a GenG) hielte. Diese Satzungsbestimmung tritt in Widerspruch zu § 76 GenG.

Die Argumentation, wonach ohne Haftungsbeschränkung faktisch keine investierenden Mitglieder generiert werden könnten, greift insofern zu kurz, als auch § 76 GenG eine Staffelung der Haftung zulässt, sofern das gesetzliche Minimum gewahrt bleibt. Im Übrigen wäre auch nicht ersichtlich, inwiefern eine von § 76 GenG abweichende Bestimmung im deutschen Genossenschaftsrecht Auswirkungen auf die Zulässigkeit inländischer Genossenschaftsverträge zeitigen soll.

2. Eine Statutenbestimmung, wonach investierenden Mitgliedern iSd § 5a Abs 2 Z 1 GenG von vornherein kein Stimmrecht zukommt, ist zwar unzulässig. Diese Rechtslage steht aber einer Regelung in der Satzung nicht entgegen, nach der – unter Beachtung des § 27 GenG – das Stimmrecht der investierenden Mitglieder und der förderbaren Mitglieder unterschiedlich ausgestaltet wird, etwa um eine Entfremdung von den genossenschaftlichen Prinzipien zu vermeiden, indem der Förderzweck gegenüber den Interessen einer kapitalanlageorientierten Mehrzahl von investierenden (nicht förderbaren) Mitgliedern in den Hintergrund tritt. Die hier vorgesehenen Satzungsbestimmungen, die den investierenden Mitgliedern nur bei Beschlussfassungen iZm der Wahl der Beiratsmitglieder und der Aufnahme von Drittmitteln über 30.000 € ein Stimmrecht einräumen, widersprechen daher § 27 Abs 1 GenG.

OGH 30. 8. 2023, 6 Ob 246/22b

Entscheidung

Im vorliegenden Fall kommt eine Teileintragung nur der weiteren Satzungsänderungen, ohne die vorgesehene Stimmrechts- und Haftungsbeschränkung, nicht in Betracht: Die gesamte Satzungsänderung hat die Einführung einer „Kurie“ (Gattung) finanzierender Mitglieder (nahezu) ohne Stimmrecht und ohne Nachschusspflicht zum Ziel, und alle geänderten Satzungsbestimmungen greifen diesbezüglich ineinander. Sie gestaltet somit bei objektiver Betrachtung sachlich eine einheitliche, untrennbare Materie.

Stehen aber die einzelnen Eintragungstatbestände bei objektiver Betrachtung (wie hier) in einem untrennbaren Zusammenhang, ist nur eine einheitliche Eintragung möglich und das Firmenbuchgesuch ist nach dem Grundsatz der „Einheitlichkeit des Firmenbuchgesuchs“ insgesamt abzuweisen, wenn auch nur einem Begehren ein – nicht behebbares bzw trotz Aufforderung nicht verbessertes – Hindernis entgegensteht (vgl zB 6 Ob 187/17v [ErwGr 4.1.], RdW 2018/178).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34664 vom 25.10.2023