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Geschäftsführer: Schadenersatz an Arbeitgeber – Werbungskosten

Bearbeiter: Birgit Bleyer / Bearbeiter: Barbara Tuma

EStG: § 16

Schadenersatzzahlungen sind als Werbungskosten abziehbar, wenn das Fehlverhalten der beruflichen Sphäre zuzurechnen ist. Muss daher ein Geschäftsführer aufgrund eines pflichtwidrigen Verhaltens in der beruflichen Sphäre Schadenersatzleistungen an seinen (ehemaligen) Arbeitgeber leisten (hier: wegen Beauftragung zweier Banken zur Ausstelung von Bankgarantien iHv mehr als 4 Mio € zu Gunsten eines langjährigen Geschäftspartners, ohne zuvor die erforderliche Zustimmung der Gremien einzuholen), so kann er diese Zahlungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehen.

VwGH 27. 6. 2019, Ra 2019/15/0063

Sachverhalt

Der Mitbeteiligte war bis November 2013 Geschäftsführer der D GmbH & Co KG.

Für das Jahr 2013 erklärte er ua aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit und machte hiezu Werbungskosten von ca € 23.000,- geltend. Betreffend das Jahr 2014 machte er ebenfalls Werbungskosten zu diesem (nunmehr ehemaligen) Dienstverhältnis geltend (iHv € 70.000,-).

Das Finanzamt berücksichtigte diese Werbungskosten nicht, das BFG gab den Beschwerden des Mitbeteiligten jedoch Folge. Es ging davon aus, dass der Mitbeteiligte in seiner Funktion als Geschäftsführer ohne die erforderliche Zustimmung der Gremien (Beirat und Generalversammlung) zwei Banken damit beauftragt habe, Bankgarantien im Wert von insgesamt mehr als 4 Mio € zu Gunsten der W GmbH auszustellen, mit der die D GmbH & Co KG in langjährigem geschäftlichen Kontakt gestanden sei. Nachdem die Bankgarantien schlagend geworden seien, hätte die D GmbH & Co KG Schadenersatzforderungen gegen den Mitbeteiligten als ihren ehemaligen Geschäftsführer geltend gemacht. Einstweilen habe der Mitbeteiligte Schadenersatzforderungen iHv insgesamt € 990.000,- erfüllt (weitere Zahlungen, Abtretung von Gesellschaftsanteilen und Verrechnung mit Gesellschafterguthaben).

Anhaltspunkte für eine Veranlassung in der Privatsphäre des Mitbeteiligten sah das BFG nicht: Wie aus der Niederschrift über die Einvernahme des Mitbeteiligten vor der Staatsanwaltschaft hervorgehe, habe er dem Geschäftsführer der W GmbH aufgrund der langjährigen und problemlosen Geschäftsbeziehung vertraut und sei aufgrund entsprechender Informationen des Geschäftsführers der W GmbH der Auffassung gewesen, dass die Bankgarantien erforderlich seien, um Förderungen für die D GmbH & Co KG bzw deren Komplementärin lukrieren zu können. Nachträglich habe sich herausgestellt, dass der Geschäftsführer der W GmbH teilweise falsche Angaben gemacht und unrichtige Bilanzen vorgelegt habe. Der Mitbeteiligte habe geglaubt, zum Vorteil der Gesellschaften zu handeln, er habe diesen nie einen Schaden zufügen wollen, zumal er selbst Gesellschafter und langjähriger Geschäftsführer gewesen sei.

Nach Ansicht des BFG lag das pflichtwidrige Verhalten des Mitbeteiligten somit nicht außerhalb der beruflichen Sphäre, weshalb die geltend gemachten Schadenersatzzahlungen als Werbungskosten abzugsfähig seien.

In seiner Revision kritisierte das Finanzamt ua, dass das angefochtene Erkenntnis der Tatsache keine Bedeutung beimesse, dass mit der Ausstellung der Garantieerklärungen niemals Geschäfte verbunden gewesen seien, die zu Einnahmen für die D GmbH & Co KG hätten führen können; dieses Kriterium sei jedoch eine wesentliche Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit der Schadenersatzzahlungen des Mitbeteiligten an die D GmbH & Co KG.

Der VwGH wies die Revision nun als unbegründet zurück.

Entscheidung

Nach der Rsp des VwGH sind Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen abziehbar, wenn das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen ist (vgl VwGH 1. 6. 2017, Ra 2015/15/0070, ARD 6563/13/2017, mwN).

Auf Basis der Aussagen des Mitbeteiligten vor der Staatsanwaltschaft ist das BFG insgesamt zum Ergebnis gelangt, dass Anhaltspunkte für eine in der Privatsphäre begründete Veranlassung des Fehlverhaltens nicht erkennbar seien. Dass die Bewertung dieser Aussagen - wie in der Revision behauptet - auch die „gegenteilige Feststellung zu stützen vermag“, legt keine Fehlbeurteilung dar, die die Zulässigkeit der Revision begründen könnte.

Entgegen den Ausführungen des Finanzamts kommt es für die Abzugsfähigkeit der Schadenersatzzahlungen des Mitbeteiligten nicht darauf an, ob mit der Ausstellung der Garantieerklärungen Geschäfte verbunden gewesen seien, die zu Einnahmen für die D GmbH & Co KG hätten führen können.

Entscheidend kann im gegebenen Zusammenhang lediglich die Frage sein, ob die Schadenersatzzahlungen des Mitbeteiligten durch dessen steuerpflichtige Tätigkeit veranlasst sind (vgl etwa VwGH 28. 4. 2011, 2008/15/0259; vgl auch VwGH 23. 1. 2019, Ra 2018/13/0052, ARD 6644/11/2019, mwN).

Abgesehen davon ist auch unklar, aus welchem Grund das Finanzamt annimmt, dass das Ausstellen von Garantien zugunsten von Lieferanten nicht zu künftigen Einnahmen führen könne. Unternehmen werden im Allgemeinen von Lieferanten nur dann Wirtschaftsgüter beziehen (und in diesem Rahmen allenfalls Sicherheitsleistungen anbieten), wenn sie sich aus diesen Investitionen für die Zukunft Einnahmen erwarten. Dass dies im vorliegenden Fall anders gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27824 vom 21.08.2019