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GmbH: Insolvenzantrag bei kollektiver Vertretungsberechtigung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

IO § 69

Wird der Insolvenzantrag nur von einem kollektiv vertretungsberechtigten Geschäftsführer einer Schuldnergesellschaft gegen den Widerstand der weiteren Geschäftsführer gestellt und ist nach zwingender Anhörung der organschaftlichen Vertreter kein Einverständnis zu erzielen, so ist das Insolvenzverfahren nur dann zu eröffnen, wenn die Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung vom Antragsteller glaubhaft gemacht wird.

Ein mangels ausreichender Glaubhaftmachung der Voraussetzungen abgewiesener Eröffnungsantrag kann mit verbesserter Bescheinigung jederzeit neu gestellt werden. Der Hinderungsgrund der entschiedenen Rechtssache besteht insoweit nicht, als ein Insolvenzantrag immer nach den Verhältnissen bei seiner Einbringung zu beurteilen ist.

OGH 25. 11. 2015, 8 Ob 118/15h

Sachverhalt

Anders als das ErstG hatte das RekursG den von einem kollektiv vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Schuldnergesellschaft gegen den Widerstand der weiteren Geschäftsführer gestellten Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens abgewiesen.

Die Schuldnerin sei eine reine Beteiligungsgesellschaft und Teil eines komplizierten Unternehmensgeflechts, in dem zwei Investorengruppen mit divergierenden Interessen seit geraumer Zeit um ihren Einfluss ringen. Die Schuldnerin habe nur einen einzigen nicht zu diesem Unternehmensgeflecht zählenden Gläubiger, dessen Forderung noch Gegenstand eines anhängigen Gerichtsverfahrens sei. Nach eingehender Analyse des wechselseitigen Vorbringens gelangte das RekursG zu dem Ergebnis, dass Bestand und Fälligkeit der übrigen Forderungen, deren Gläubiger zum selben Konzern gehörten, nicht hinreichend glaubhaft gemacht wurden. Es könne nicht Sache des Insolvenzeröffnungsverfahrens sein, strittige Tat- und Rechtsfragen in einem komplexen Unternehmensgeflecht von Amts wegen endgültig zu klären. Der Versuch, die Klärung solcher Fragen in das Insolvenzverfahren zu verlagern, um den Prozessweg zu umgehen und vielleicht eine interne Pattstellung zu beenden, käme einem Missbrauch des Antragsrechts gleich.

Der OGH erblickte in dieser E keine korrekturbedürftige krasse Fehlbeurteilung und wies den Revisionsrekurs zurück.

Entscheidung

In seinen Entscheidungsgründen erinnert der OGH va an seine stRsp, wonach das Insolvenzeröffnungsverfahren summarisch und besonders rasch durchzuführen ist und das Gericht im Bescheinigungsverfahren ohne Bindung an ein förmliches kontradiktorisches Verfahren zu entscheiden hat (vgl va 6 Ob 650/93 [verst Senat]; 8 Ob 282/01f mwN, RdW 2002/549; 8 Ob 18/12y, LN Rechtsnews 13080 vom 18. 5. 2012 = RdW 2012/434; RIS-Justiz RS0012391).

Bei der Prüfung der Voraussetzungen sei keine abschließende Entscheidung über Bestand und Fälligkeit behaupteter Insolvenzforderungen zu treffen, sondern nur zu beurteilen, ob es überwiegend wahrscheinlich ist, dass sie zu Recht bestehen und vom Schuldner bei Fälligkeit nicht bezahlt werden können.

An die Bescheinigung nicht titulierter Forderungen bzw Verbindlichkeiten, wie sie im vorliegenden Verfahren in erster Linie behauptet wurden, ist - so der OGH weiters - ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Es müsse sichergestellt sein, dass der Schuldner nicht nur aufgrund von Behauptungen oder Handlungen, mit denen in Wahrheit sachfremde Anliegen verfolgt werden, in den Konkurs getrieben wird.

Gelingt es dem Antragsgegner im Laufe des Eröffnungsverfahrens, durch seine Bestreitung und durch die Vorlage von Gegenbescheinigungen solche Zweifel am Bestand der Forderungen zu wecken, dass eine Klärung umfangreiche Beweisaufnahmen und die Entscheidung von schwierigen Rechtsfragen erfordert, sei die Anspruchsbescheinigung misslungen.

Das RekursG folgte in seiner sorgfältig begründeten Entscheidung diesen Verfahrensgrundsätzen und der OGH sah keine korrekturbedürftige krasse Fehlbeurteilung. Ob bestimmte Tatsachen glaubhaft gemacht werden konnten, ist eine Frage der vom OGH nicht überprüfbaren Beweiswürdigung.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21036 vom 02.02.2016