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Handels-Eigenmarken: Irreführung durch Verwendung von Gütezeichen

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UWG: § 2, Anh

UWG Anh Z 2 schützt vor Irreführung durch die Verwendung von unternehmens- oder produktbezogenen Auszeichnungen (Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem), die aufgrund einer objektiven Prüfung vergeben werden und im Verkehr als Hinweis auf eine besondere Güte oder Qualität verstanden werden. Bei den Zeichen nach UWG Anh Z 2 handelt es sich um solche, die nur mit Zustimmung („Genehmigung“) der vergebenden Stelle verwendet werden dürfen. Diese Genehmigung kann zivilrechtlich ausgestaltet werden, etwa als Lizenz.

Die IFS-Zertifizierung (IFS = International Featured Standard) entspricht rechtlich einem Gütezeichen, Qualitätszeichen oder Ähnlichem iSd UWG Anh Z 2. Klassische Zeichen dieser Art sind nach einhelliger Ansicht gerade Zertifikate, die aufgrund von Zertifizierungsverfahren vergeben werden, mit denen ein bestimmter Standard geprüft wird.

Verwendet eine Handelskette auf der Verpackung eines Produkts aus ihrer Eigenmarken-Linie den Hinweis „IFS-zertifizierter österreichischer Familienbetrieb“, ohne selbst die Genehmigung für einen Hinweis auf die IFS-Zertifizierung zu haben, verstößt dies gegen UWG Anh Z 2.

OGH 11. 8. 2015, 4 Ob 121/15w

Ausgangslage

Die bekl P ist im Lebensmitteleinzelhandel tätig. Sie bot in ihren Filialen sowie in ihrem Onlineshop in einer ihrer Eigenmarken-Produktlinien geräucherte Forellenfilets an, bei denen sich auf der Verpackung ua der Hinweis fand: „IFS-zertifizierter österreichischer Familienbetrieb“. Die Forellenfilets stammen aus italienischer Aquakultur, werden jedoch in Österreich von der K***** GmbH geräuchert und verpackt. Dieses Unternehmen ist ein nach dem IFS zertifizierter Betrieb und IFS-Lizenznehmerin. Die bekl P selbst ist nicht IFS-zertifiziert; sie ist und war nie Lizenznehmerin des IFS. Es liegt keine Genehmigung vor, die der bekl P den Verweis auf die IFS-Zertifizierung erlaubt.

Entscheidung

Der OGH setzte sich ausführlich mit UWG Anh Z 4 auseinander („Behauptung, dass ein Unternehmen ... oder ein Produkt von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden sei, obwohl dies nicht der Fall ist,...“), verneinte aber schlussendlich einen Verstoß gegen diese Bestimmung.

Hingegen bejahte der OGH einen Verstoß gegen UWG Anh Z 2 („Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung“), weil die Bekl selbst über keine für den Hinweis auf die IFS-Zertifizierung erforderliche Genehmigung verfügt. Für nicht entscheidungsrelevant hielt der OGH die Frage, ob die bekl P an die Bestimmungen des Lizenzvertrags gebunden ist, dh die Frage der mittelbaren Geltung von Lizenzbestimmungen bzw einer Bindung an ein entsprechendes Werbeverbot. Abzustellen sei vielmehr (nur) darauf, dass die bekl P für einen Hinweis auf die IFS-Zertifizierung über die dafür erforderliche Genehmigung nicht verfügt.

Den Hinweis auf den österreichischen Familienbetrieb erachtete der OGH als irreführend iSd § 2 UWG: Schon das BerufungsG war zutreffend davon ausgegangen, dass es für die Relevanz der Irreführung schon ausreicht, dass die Bezugnahme auf die geographische Herkunft geeignet sei, einen nicht unerheblichen Teil der umworbenen Abnehmer bei seiner Auswahlüberlegung irgendwie zu beeinflussen; die bloße Gefahr einer Täuschung genügt. Die allfällige Einhaltung der beruflichen Sorgfalt oder das Vertrauen der bekl P auf ein Untersuchungszeugnis der Lebensmitteluntersuchungsanstalt ist nach Ansicht des OGH nicht relevant, weil die Bekl bereits durch den unrichtigen Hinweis auf den österreichischen Familienbetrieb den Irreführungstatbestand des § 2 UWG erfüllt hat und die beanstandete Geschäftspraktik daher als unlauter und damit verboten zu beurteilen ist.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20305 vom 30.09.2015