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Hausdurchsuchung durch BWB - Einsatz forensischer Software

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

WettbG: § 11a, § 12, § 14

1. Für das Wesen einer Hausdurchsuchung ist charakteristisch, dass nach Gegenständen gesucht wird, von denen unbekannt ist, wo sie sich befinden. In diesem Zusammenhang kommt der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) nach § 12 Abs 4 vorletzter Satz iVm § 11a Abs 1 Z 2 WettbG die Befugnis zu, geschäftliche Unterlagen einzusehen, unabhängig davon, in welcher Form diese vorliegen. Mit dieser Bestimmung werden daher auch elektronisch gespeicherte Unterlagen erfasst, wie im Übrigen auch § 14 Abs 2 WettbG zeigt, der von der Sicherung von Unterlagen in elektronischer Form spricht. Entscheidend ist, dass diese Unterlagen in den vom Hausdurchsuchungsbefehl erfassten Räumlichkeiten eingesehen werden können. Es kommt daher nicht darauf an, ob derartige elektronische Unterlagen auf der Festplatte eines in den erfassten Räumlichkeiten befindlichen Endgerätes oder auf externen Speicherplätzen (etwa einem zentralen Server) gespeichert sind.

2. § 14 Abs 2 WettbG normiert (seit der Novelle BGBl I 2013/13), dass die gem § 14 Abs 1 WettbG hilfeleistenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen einer Hausdurchsuchung der BWB auch ermächtigt sind, die BWB durch die Sicherung von Unterlagen in elektronischer Form zu unterstützen. Damit sollte durch den Gesetzgeber klargestellt werden, dass auch die Sicherstellung von IT-Daten durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen ihrer Hilfeleistung bei Hausdurchsuchungen zulässig ist (RV 1804 BlgNR 24. GP, 17). Dass für eine Sicherstellung von IT-Daten forensische Software (hier: "osTRIAGE" und "DumpIT") ,eingesetzt werden kann, ist nicht zu bezweifeln. Somit besteht für den Einsatz forensischer Software eine gesetzliche Grundlage.

VwGH 22. 4. 2015, Ra 2014/04/0046 bis 0051

Sachverhalt

Im August 2013 führte die BWB Hausdurchsuchungen in den Geschäftsräumen der Revisionswerberinnen durch. Die Durchsuchungen waren wegen des Verdachts wettbewerbswidrigen Verhaltens (vertikale und horizontale Preisabstimmungen) vom Kartellgericht angeordnet worden.

Die betroffenen Unternehmen waren der Auffassung, dass die BWB über den Auftrag des Kartellgerichts hinausgegangen sei und unverhältnismäßige Maßnahmen gesetzt habe, ua durch die Verwendung von forensischer Software (von den Revisionswerberinnen als „Spionagesoftware“ bezeichnet). Ua wurde auch gerügt, dass Daten, die auf einem Server gespeichert seien, der sich nicht an der im Hausdurchsuchungsbefehl genannten Adresse befände, vom vorliegenden Hausdurchsuchungsbefehl nicht umfasst seien.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte die Maßnahmenbeschwerden der Unternehmen zurückgewiesen. Auch die dagegen erhobene Revision an den VwGH blieb erfolglos.

Entscheidung

Nach Ansicht des VwGH waren die von der BWB gesetzten Maßnahmen von den Hausdurchsuchungsbefehlen gedeckt.

Neben den im Leitsatz und im Sachverhalt angesprochenen Revisionspunkten wurde ua auch ein Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz gem § 1 DSG 2000 und die Verletzung der §§ 6 und 7 DSG 2000 geltend gemacht. Der VwGH erachtete es als zutreffend, dass diese geltend gemachten Verletzungen vom Verwaltungsgericht nicht im Rahmen des Maßnahmenbeschwerdeverfahrens nach Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG geprüft wurden. Unter Berücksichtigung der durch Art 83 Abs 2 B-VG geforderten eindeutigen Festlegung von Behördenzuständigkeiten (vgl so zur ausschließlichen Zuständigkeit der Datenschutzkommission iZm einer Maßnahmenbeschwerde nach SPG VwGH 22. 12. 2010, 2006/01/0488) komme ausschließlich der Datenschutzbehörde die Zuständigkeit zur Überprüfung von Datenanwendungen im Fall eines begründeten Verdachts auf Verletzung von Rechten nach dem DSG 2000 (§ 30 DSG 2000) zu sowie auf Entscheidung über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs 1 DSG 2000) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs 1 DSG 2000 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet (§ 31 Abs 2 DSG 2000).

Die Begründung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Erkenntnis betr die Ablehnung der von den Revisionswerberinnen vorgelegten Beweisanträge entsprach zwar nicht den Anforderungen der Rsp des VwGH an die Behandlung von Beweisanträgen. Vor dem Hintergrund, dass im vorliegenden Maßnahmenbeschwerdeverfahren nach Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG allein maßgeblich ist, ob es zu einer Überschreitung der angeführten Hausdurchsuchungsbefehle iS eines Exzesses gekommen ist, legte die Revision die Relevanz dieses Verfahrensfehlers jedoch nicht dar.

Hinweis:

Der Volltext der Entscheidung ist derzeit auf der Homepage des VwGH (www.vwgh.gv.at) unter „Aktuelles“ - „Pressemitteilungen“ abrufbar.

Zu diesem Fall vgl auch OGH als KOG 14. 2. 2014, 16 Ok 8/13 (16 Ok 9/13), LN Rechtsnews 17135 vom 23. 4. 2014 = RdW 2014/300.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19520 vom 19.05.2015