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Internationale Gerichtsstandsvereinbarung in AGB

EuGVVO 2001: Art 23 Abs 1

Bei einer in AGB enthaltenen Gerichtsstandsklausel kann es sich nur dann um eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung iSd Art 23 Abs 1 EuGVVO 2001 (= Art 25 Abs 1 EuGVVO 2012) handeln, wenn die Geschäftsbedingungen dem Vertragspartner spätestens im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorlagen. Die leichte Abrufbarkeit der AGB im Internet reicht nicht aus, solange der AGB-Verwender nicht davon ausgehen kann, dass der Vertragspartner auch tatsächlich darin Einsicht genommen hat. Dies gilt auch bei Rechtsgeschäften zwischen Unternehmern.

OGH 21. 10. 2014, 4 Ob 161/14a

Sachverhalt

Ein Facharzt aus Österreich kaufte bei einem Händler aus Deutschland ein Haarentfernungsgerät für den Einsatz in seiner Ordination. Er verhandelte zunächst telefonisch mit dem Händler. Anschließend erhielt er von diesem ein Bestellformular zugesendet, das er handschriftlich ausfüllte und (allerdings ohne die vorgesehene Unterschrift) zurücksendete. In der Folge leistete er die vorgesehene Anzahlung und erhielt das Gerät geliefert.

Im Bestellformular wurde gut sichtbar darauf hingewiesen, dass das Vertragsverhältnis den AGB des Händlers unterliegen soll, die unter einer angeführten Internet-Adresse abrufbar sind. Die AGB enthalten eine Gerichtsstandsklausel, die einen deutschen Gerichtsstand festlegt. Der Facharzt hat die Bedingungen vor Vertragsabschluss nicht abgerufen.

Mit der vorliegenden, unter Berufung auf den Wahlgerichtsstand des Erfüllungsorts (Art 5 Nr 1 EuGVVO 2001) in Österreich eingebrachten Klage begehrte der Facharzt die Rückzahlung der Anzahlung wegen Wandlung des Vertrags. Der Händler erhob unter Hinweis auf die Gerichtsstandsklausel die Einrede der fehlenden internationalen Zuständigkeit.

Entscheidung

Abweichend von den Vorinstanzen gelangte der OGH zum Schluss, dass keine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung vorliegt, weil die AGB dem Facharzt weder vorlagen noch der Händler Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein Vertragspartner vor Vertragsabschluss darin Einsicht genommen und von der Klausel Kenntnis erlangt hat. Die internationale Zuständigkeit des angerufenen österreichischen Gerichts wurde daher bejaht.

Anmerkung: Bestätigung von 2 Ob 192/07k = Zak 2008/251, 139.

Hinweis

Am 28. 1. 2015 ab 18:00 Uhr findet in der Säulenhalle des OGH (Schmerlingplatz 11, 1011 Wien, 2. Stock) die Präsentation der 4. Auflage des Buchs Czernich/Kodek/Mayr (Hrsg.), Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht statt. Im Anschluss an die Buchpräsentation erwarten Sie interessante Gespräche bei Erfrischungen und kleinen Speisen. Um Anmeldung per E-Mail an bianca.witzmann@wu.ac.at wird gebeten.

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 18797 vom 21.01.2015