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Kein UV-Schutz auf einem Arztweg während des Krankenstandes

Bearbeiter: Manfred Lindmayr / Bearbeiter: Barbara Tuma

ASVG § 175 Abs 2 Z 2

Arztwege während eines Krankenstands erfolgen nicht im Zusammenhang mit einem Weg vom/zum Arbeitsplatz und stehen daher auch dann nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sich der Unfall des Dienstnehmers auf dem Weg von einer Behandlung bei seinem Hausarzt ereignet, die wegen einer früheren Verletzung bei einem Arbeitsunfall erforderlich war.

OGH 19. 1. 2016, 10 ObS 131/15k

Sachverhalt

Der Kläger zog sich bei einem Arbeitsunfall im Jahr 2004 beim Hantieren mit einem Schraubenzieher eine Stichverletzung an der Hand zu, die zunächst komplikationslos verheilte. In der Folge entwickelte sich aber an der Einstichstelle ein kleiner Knoten, der Ende November 2012 operativ entfernt wurde. Während des anschließenden Krankenstandes fuhr der Kläger mit seinem Pkw von seinem Wohnhaus zur Ordination seines Hausarztes zur Kontrolle und zum Verbandwechsel. Auf dem Rückweg wurde er bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt.

Strittig war, ob ein gesetzlich geschützter Arbeitsunfall (Wegunfall) vorliegt.

Entscheidung:

Dass für den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung für einen Arztweg der unmittelbare Zusammenhang mit einem Weg von oder zur Arbeitsstätte erforderlich ist und ein Arztweg während eines Krankenstands daher nicht unter UV-Schutz steht, hat der OGH bereits mehrfach entschieden (vgl OGH 24. 4. 2001, 10 ObS 85/01z , ARD 5264/12/2001). Auch dass der erforderliche unmittelbare Zusammenhang mit einem Weg von oder zur Arbeitsstätte während eines Krankenstands selbst dann nicht gegeben ist, wenn es sich um einen Weg zur Behandlung wegen einer bei einem Arbeitsunfall erlittenen Verletzung handelt, entspricht der bisherigen Rsp (vgl OGH 25. 10. 1988, 10 ObS 262/88, ARD 4074/2/89).

In seiner Revision fordert der Kläger va eine analoge Auslegung des § 175 Abs 2 Z 2 ASVG dahin, dass - zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs - auch Unfälle dem UV-Schutz unterliegen, die im Zuge eines Krankenstands auftreten, der seinerseits auf einem Arbeitsunfall beruht. Dem hält der OGH ua entgegen, dass er bereits in einer Entscheidung zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 90 Abs 2 Z 2 B-KUVG idF BGBl 1991/679 eine ausdehnende Interpretation abgelehnt hat (OGH 24. 4. 2001, 10 ObS 85/01z , ARD 5264/12/2001).

Dass entgegen dieser Rechtsprechung dennoch eine Lücke gegeben wäre und das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig wäre, kann der OGH im Hinblick auf die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers nicht erkennen: Während nämlich der Gesetzgeber den Arbeitsweg ganz allgemein geschützt hat, entschloss er sich beim Arztweg, dem Schutz der Unfallversicherung nur den Arztbesuch zu unterstellen, der nach entsprechender vorheriger Bekanntgabe im Betrieb absolviert wird. Von einer planwidrigen Gesetzeslücke kann nach Ansicht des OGH demnach nicht die Rede sein.

Mit der 50. ASVG-Novelle, BGBl 1991/676, wurde zwar auch der Weg von zu Hause direkt zur ärztlichen Untersuchungsstelle zwecks Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe unter den Schutz der Unfallversicherung gestellt. Voraussetzung für den UV-Schutz ist aber weiterhin die vorherige Bekanntgabe im Betrieb. Auch wenn also - etwa am Morgen - die ärztliche Untersuchungsstelle direkt von zu Hause aus aufgesucht wird, ist für den UV-Schutz (weiterhin) erforderlich, dass der Arztweg im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Weg von oder zur Arbeitsstätte steht, so der OGH.

Auch dass die Maßnahme zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit zugleich den Interessen (auch) des Unternehmens dient, führt nach Ansicht des OGH nicht zur Anerkennung des Versicherungsschutzes bei ihrer Durchführung.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21129 vom 17.02.2016