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Kfz-Begutachtung: Objektivität der Begutachtung, Vertrauenswürdigkeit

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

KFG 1967: § 57a

PBStV: § 3, § 14

§ 57a Abs 2 KFG 1967 verlangt für die Verleihung der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen nach Abs 1, dass der Betreffende vertrauenswürdig ist; ist er dies nicht mehr, ist die Ermächtigung zu widerrufen. Ein Gewerbetreibender ist nach der stRsp dann als vertrauenswürdig iSd § 57a Abs 2 KFG 1967 anzusehen, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörde könne sich darauf verlassen, dass er die übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes (Gewährleistung, dass nur Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen, die verkehrs- und betriebssicher sind und nicht übermäßig Emissionen verursachen) ausüben werde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nach § 57a Abs 2 KFG beliehenes Unternehmen hoheitliche Aufgaben erfüllt, die in die Ausstellung einer öffentlichen Urkunde münden. Nach § 57a Abs 2 KFG 1967 Beliehene sind zwar Verwaltungsorgane im funktionellen Sinn. Die Begutachtung erfolgt jedoch außerhalb eines behördlichen Verfahrens, weshalb § 7 AVG über die Befangenheit von Verwaltungsorganen nicht zur Anwendung gelangt.

Allerdings verlangt § 57a Abs 2a KFG 1967 ebenso wie § 14 PBStV die Objektivität der Begutachtung. Der Begriff der Objektivität ist dabei in der Bedeutung zu verstehen, die er in der RL 2014/45/EU [über die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen ...] hat. Wie sich sowohl aus dem Erwägungsgrund 34 als auch aus Art 13 Abs 4 RL 2014/45/EU ergibt, dürfen sich die Prüfer (d.i. das geeignete Personal iSd § 57a Abs 2 KFG 1967 iVm § 3 PBStV) in keinem Interessenkonflikt - auch wirtschaftlicher oder persönlicher Art - befinden, sodass die Behörde davon ausgehen kann, dass Unparteilichkeit und Objektivität bei der Begutachtung gewährleistet sind. Dafür haben nach dem Erwägungsgrund 32 und Art 12 Abs 2 RL 2014/45/EU die Prüfstellen (d.s. die Ermächtigten iSd § 57a Abs 2 KFG 1967) Sorge zu tragen.

Liegt allerdings ein Interessenkonflikt der „geeigneten Person“ bei der Begutachtung vor und wird eine derartige Begutachtung durch den Ermächtigten nicht verhindert, so kann sich die Behörde auf die Unparteilichkeit und Objektivität der Begutachtung und daher darauf nicht mehr verlassen, dass der Ermächtigte die übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des KFG 1967 ausüben werde. Bereits die Duldung solcher Interessenkonflikte bei der Begutachtung bewirkt eine Beeinträchtigung der Vertrauenswürdigkeit des Ermächtigten, an die ein strenger Maßstab anzulegen ist, sodass es nicht mehr darauf ankommt, ob tatsächlich unrichtige Gutachten ausgestellt wurden oder nicht.

Für den Revisionsfall bedeutet dies: Schon der Umstand, dass die Unternehmensleitung der Mitbeteiligten geduldet hat, dass die bei ihr Beschäftigten (das geeignete Personal) jeweils ihre eigenen Privatfahrzeuge bzw jene naher Angehöriger begutachteten, war grundsätzlich geeignet, die Vertrauenswürdigkeit der Mitbeteiligten zu erschüttern. Dabei spielt es keine Rolle, dass nach dem Revisionsbericht des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen kein positives Gutachten zu Unrecht erstattet wurde.

Gleiches gilt für die zahlreichen anderen Mängel (sorglose Plakettenverwaltung, falsche Eintragungen in Gutachten, falsche Methode bei der Abgasmessung, Auffälligkeiten bei den eingetragenen Messwerten bei der Bremsprüfung), die im geprüften dreijährigen Zeitraum auftraten.

VwGH 7. 9. 2023, Ra 2021/11/0100

Entscheidung

Im vorliegenden Fall wäre es daher geboten gewesen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, danach die Mängel im Einzelnen festzustellen und im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu beurteilen, ob diese Mängel den Verlust der Vertrauenswürdigkeit zur Folge hatte. Sowohl durch seine Rechtsauffassung, es beeinträchtige die Vertrauenswürdigkeit der Mitbeteiligten von vornherein nicht, wenn ihre Beschäftigten eigene Fahrzeuge oder jene von Angehörigen begutachteten, als auch durch die Unterlassung einer mündlichen Verhandlung hat das VwG sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet, weshalb es aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34750 vom 17.11.2023