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Kreditauskunftei: Straftatbestände iZm Zugriff auf Exekutionsregister

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

DSG 2000: § 1, § 7, § 8, § 51

GewO 1994 § 152

StGB: § 302, § 307, § 310

§ 152 GewO 1994 (Auskunfteien über Kreditverhältnisse) setzt zwar implizit die grundsätzliche Zulässigkeit einer solchen gewerblichen Tätigkeit voraus, womit der Gesetzgeber erkennen lässt, dass in bestimmten Fallkategorien ein - die Betroffeneninteressen überwiegendes - berechtigtes Interesse dieser Gewerbetreibenden (und deren Kunden) an der Verwendung (insbesondere der Sammlung, Aufbewahrung und Weitergabe) bonitätsrelevanter Daten gegeben ist. § 8 Abs 1 Z 1 DSG 2000 verlangt jedoch eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zum Ermitteln derartiger Daten, die § 152 GewO 1994 hingegen gerade nicht enthält (vgl den auffallend anders formulierten § 151 GewO - Adressverlage und Direktmarketingunternehmen).

Ein aus einer Gewerbeberechtigung (grundsätzlich) ableitbarer, legitimer Zweck einer Datenverarbeitung iSd § 7 Abs 1 DSG 2000 sagt noch nichts darüber aus, ob ein darauf gestützter konkreter Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz zulässig ist, also schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen (im Einzelfall) nicht verletzt. Dies ist anhand der Erlaubnistatbestände des § 8 Abs 1 (und § 1 Abs 1 zweiter Satz) DSG 2000 zu prüfen.

Dass das Interesse von Betreibern einer Kreditauskunftei an der Ermittlung von Daten aus dem Exekutionsregister nicht iSd § 8 Abs 1 Z 4 DSG 2000 berechtigt ist (also nicht von der Rechtsordnung als überwiegend anerkannt ist), ergibt sich aus der eindeutigen Wertung des Gesetzgebers, insb aus der Entwicklung der einschlägigen Regelung in der EO. Selbst der im Großteil des Tatzeitraums (noch) in Geltung stehende § 73a EO enthielt eine Einschränkung der (ohnehin nur) für Rechtsanwälte, Notare und Körperschaften öffentlichen Rechts vorgesehenen Möglichkeit der Einsichtnahme mittels automationsunterstützter Datenübermittlung auf das Vorliegen eines spezifischen Interesses („zur Einleitung eines Rechtsstreits oder einer Exekution, zur Geltendmachung von Einwendungen gegen eine bereits eingeleitete Exekution oder sonst zur Führung eines gerichtlichen Verfahrens“). Bonitätsauskünfte oder Abfragen zu privaten (rein wirtschaftlich motivierten) Zwecken waren hingegen bereits damals, selbst für die grundsätzlich Abfrageberechtigten, ausgeschlossen. Datenschutzrechtliche Bedenken wurden jedoch auch durch diese Einschränkung nicht gänzlich beseitigt und führten zur ersatzlosen Aufhebung des § 73a EO durch die Zivilverfahrens-Novelle 2009.

OGH 21. 1. 2015, 17 Os 43/14y

Sachverhalt

Mit dem angefochtenen Urteil wurde H***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB (A) sowie jeweils mehrerer Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach §§ 12 zweiter Fall, 310 Abs 1 StGB (B), der Bestechung nach § 307 Abs 1 StGB (C) und der Datenverwendung in Gewinn- oder Schädigungsabsicht nach § 51 DSG (D) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

(A/1 bis 9) von Jänner 2002 bis Oktober 2010 Justizbedienstete bestimmt, systematische Listenabfragen in den Applikationen „Namensabfrage“ und „Liste der Vermögensverzeichnisse“ im Exekutionsregister der Verfahrensautomation Justiz (VJ) durchzuführen, die Ergebnisse dieser Abfragen auszudrucken und ihm gegen Entgelt weiterzugeben;

(B/1 bis 3) von Jänner 2002 bis Juni 2008 Justizbedienstete in zahlreichen Fällen aufgefordert, ihm durch Aktenbearbeitung erlangte Informationen darüber, gegen welche Personen Exekutionsverfahren anhängig waren und welche Personen ein Vermögensverzeichnis nach § 47 EO abgegeben hatten, gegen Bezahlung zu übermitteln,

(C/1 und 2) von 1. 9. 2009 bis Oktober 2010 in zahlreichen Fällen Justizbediensteten für die pflichtwidrige Vornahme der zu den Punkten A/1 und 3 angeführten Amtsgeschäfte Vorteile in Form von - im Einzelnen 3.000 € nicht übersteigenden - Überweisungen von insgesamt mehr als 130.000 € gewährt;

(D) von November 2004 bis 20. 10. 2010 personenbezogene Daten, die er sich widerrechtlich durch die zu den Punkten A und B angeführten Straftaten verschafft hatte, anderen, nämlich Verfügungsberechtigten der D***** GmbH, zugänglich gemacht, indem er diese Daten über eine elektronische Verbindung dem genannten Unternehmen zur Verfügung stellte und hierfür von diesem insgesamt 3.968.348,41 €, aufgeteilt auf monatliche Zahlungen, erhielt.

Die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom OGH zurückgewiesen. Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem OLG Wien zugeleitet.

Entscheidung

§ 51 DSG hier in Realkonkurrenz

Im Rahmen der Subsumtionsrüge behauptete der Bf unter Berufung auf die Subsidiaritätsklausel des § 51 DSG, der Schuldspruch D „zusätzlich zu den Verurteilungen wegen §§ 302, 304 und 310 StGB“ sei „rechtsirrig“ erfolgt. Diese Argumentation verfehlt - so der OGH - die methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz (RIS-Justiz RS0116565):

„Die angesprochene Subsidiaritätsklausel betrifft nämlich [...] ausschließlich Fälle von Idealkonkurrenz (arg „die Tat“ [...]). Durch die vom Schuldspruch D erfassten Weitergaben der - zuvor rechtswidrig erlangten - Daten an die D***** GmbH wurden die Vergehen der Datenverwendung in Gewinn- oder Schädigungsabsicht jedoch in Realkonkurrenz zum Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt (Schuldspruch A) und zu den Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses (Schuldspruch B) verwirklicht.

Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass auch eine [...] Konsumtion der Strafbarkeit nach § 51 DSG in Form strafloser Nachtaten nicht in Betracht kommt. Solche wären nämlich nur dann anzunehmen, wenn sie keinen über die Haupttaten hinausreichenden Schaden bewirkt hätten [...]. Davon kann vorliegend jedoch keine Rede sein, denn durch die Weitergabe der Daten an die D***** GmbH zum Zweck der Zurverfügungstellung an potentielle Gläubiger und Geschäftspartner der Betroffenen wurden deren schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen in weitaus größerem Maß beeinträchtigt als durch die Abfrage der Daten und deren Übermittlung an den Beschwerdeführer.“

Abschöpfung

Ebenfalls unter dem Aspekt einer Subsumtionsrüge bekämpfte der Bf die gem § 20 Abs 1 Z 2 StGB idF BGBl I 2002/134 angeordnete Abschöpfung der bei ihm eingetretenen Bereicherung im Ausmaß von € 1.532.630,01.

Nach den Urteilsannahmen stellt der abgeschöpfte Betrag einen Teil des Entgelts für die Zurverfügungstellung widerrechtlich erlangter Daten (Schuldspruch D) aufgrund des Vertrags mit der D***** GmbH dar. Wurden aber - so der OGH - (wie hier) Vermögenswerte (in eindeutig bestimmter Höhe) tatsächlich vereinnahmt, wäre Verfall nach § 20 StGB idgF - ungeachtet seiner Gegenstandsbezogenheit (vgl EBRV 918 BlgNR 24. GP, 7 f) - auch hinsichtlich Ersatzwerten (Abs 2) oder eines (diesen Vermögenswerten entsprechenden) Geldbetrags (Abs 3) möglich. Die dagegen vom Bf insb ins Treffen geführte Kommentarstelle (Fuchs/Tipold in WK2 StGB § 20 Rz 17 [vgl auch Rz 9 und 37]), welche die Verfallsbestimmung (anders als die Gesetzesmaterialien) einschränkend auslegt, beziehe sich auf den (hier nicht gegebenen) Fall von Vermögensvorteile, die bloß in ersparten Aufwendungen oder Nutzungen von Gebrauchsgegenständen bestehen.

Indem das ErstG von den festgestellten (brutto erlangten) Vermögenswerten Aufwendungen und Umsatzsteuer abzog und solcherart lediglich die tatsächlich (netto) beim Bf eingetretene Bereicherung abschöpfte, habe es die vermögensrechtliche Anordnung (unter Beachtung des Günstigkeitsvergleichs) rechtsrichtig auf § 20 Abs 1 Z 2 StGB idF BGBl I 2002/134 gestützt (RIS-Justiz RS0119545 [T4 und T5]).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 18967 vom 17.02.2015