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KV-Textilreiniger: Zulässigkeit von Feiertagsarbeit

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

KV-Textilreiniger: § 5 Abs 4

ARG § 27

Nach dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Gewerbe der Textilreiniger, Wäscher und Färber darf in allen Wäschereien, die im Gesundheitsdienst tätig sind, Feiertagsarbeit „nur im Einvernehmen zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat, in Betrieben ohne Betriebsrat schriftlich mit Einzelvereinbarung eingeführt werden“. Diese Bestimmung ist dahin auszulegen, dass auch eine mündliche erklärte Zustimmung des Betriebsrats als wirksames Einvernehmen anzusehen ist, Schriftlichkeit bzw der Abschluss einer Betriebsvereinbarung ist nicht erforderlich.

VwGH 31. 8. 2015, Ro 2015/11/0013, Ro 2015/11/0014

Sachverhalt

Gegen den Geschäftsführer einer Wäscherei, die im Gesundheitsdienst tätig ist, wurden zwei Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, weil an drei Feiertagen (26. 10. 2012, 1. 11. 2012 und 26. 12. 2012) Arbeitnehmer in der Wäscherei beschäftigt wurden. Die Verfahren wurden in der Folge eingestellt, wogegen das Arbeitsinspektorat Beschwerden erhob. Diese wurden vom Verwaltungsgericht mit den nun angefochtenen Erkenntnissen abgewiesen, weil das erforderliche Einvernehmen zwischen dem Betriebsrat und der Betriebsleitung bezüglich der Feiertagsarbeit unstrittig hergestellt worden war. Dass dies nicht schriftlich, sondern bloß mündlich erfolgte, sei unbeachtlich, weil die maßgebliche Bestimmung des § 5 Abs 4 des Kollektivvertrags für Arbeiter im Gewerbe der Textilreiniger, Wäscher und Färber nur von „Einvernehmen mit dem Betriebsrat“ spreche, aber nicht von einem „schriftlichen Einvernehmen“.

Dagegen richtet sich die Amtsrevision des BMASK, die vom VwGH zugelassen wurde, weil Rechtsprechung zur hier maßgebenden Frage fehle.

Entscheidung

Interpretation des KV

Die in der Anlage zur ARG-VO umschriebenen Ausnahmen kommen im vorliegenden Fall nicht zum Tragen; keine Verwaltungsübertretung liegt hier somit nur vor, wenn der Kollektivvertrag Ausnahmen von der Feiertagsruhe zulässt (vgl § 12a Abs 1 ARG). Der Kollektivvertrag für Arbeiter im Gewerbe der Textilreiniger, Wäscher und Färber sieht diesbezüglich in § 5 Abs 4 KV vor, dass in allen Wäschereien, die im Gesundheitsdienst tätig sind, Feiertagsarbeit „nur im Einvernehmen zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat, in Betrieben ohne Betriebsrat schriftlich mit Einzelvereinbarung eingeführt werden“ darf.

Nach Analyse des KV kommt der VwGH zum Ergebnis, dass den KV-Parteien nicht zugesonnen werden kann, dass sie das Einvernehmen mit dem BR nur dann als wirksam ansehen wollten, wenn dessen Zustimmung schriftlich vorliegt:

-Bereits der Wortlaut des § 5 Abs 4 KV spricht dafür, dass nur für die Einzelvereinbarung Schriftlichkeit gefordert ist, andernfalls Schriftlichkeit auch für die Zustimmung des BR vorgesehen wäre.
-Die Gegenüberstellung des Erfordernisses eines Einvernehmens mit dem BR (für Betriebe mit BR) und desjenigen der schriftlichen Einzelvereinbarung (für Betriebe ohne BR) findet sich auch in anderen Bestimmungen des KV.
-Demgegenüber stellen andere Bestimmungen des KV-Textilreiniger explizit auf eine Betriebsvereinbarung (in Betrieben ohne BR hingegen auf schriftliche Einzelvereinbarung) ab.
-Wieder andere Bestimmungen des KV erwähnen zwar nicht eine Betriebsvereinbarung, wohl aber Vereinbarungen mit dem BR bzw, wenn kein BR vorhanden ist, mit den betroffenen Arbeitnehmern (ohne dass dabei Schriftlichkeit erwähnt würde).

Mag auch die Wortwahl im KV-Textilreiniger nicht völlig einheitlich sein, so ergibt sich nach Ansicht des VwGH doch, dass zwischen Fällen unterschieden wird, in denen auf eine „Vereinbarung mit dem BR“ abgestellt wird, und solchen, in denen das „Einvernehmen mit dem BR“ gefordert wird. Wolle man den vertragschließenden Parteien nicht sprachliches Unvermögen unterstellen, gibt es - so der VwGH - keinen Anhaltspunkt dafür, dass auch in allen Fällen, in denen - sprachlich deutlich abgehoben - auf das Vorliegen eines Einvernehmens mit dem BR abgestellt wird, unausgesprochen die Schriftlichkeit der Zustimmung vorausgesetzt wäre. Die differenzierte Wortwahl indiziere im Gegenteil, dass dieser nicht ein Versehen, sondern eine entsprechende Regelungsabsicht der vertragschließenden Parteien zugrunde liegt.

Zustimmung des BR nicht immer nur durch BV

Der VwGH verwirft in seiner Begründung weiters ua auch die Argumente, dass die schriftliche Zustimmung des BR erforderlich sei, um die normunterworfenen Arbeitnehmer von der Vereinbarung in Kenntnis zu setzen, oder dass unter einer Zustimmung des BR generell der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu verstehen wäre:

Dazu verweist der VwGH ua auf § 100 und § 102 ArbVG, die zwar jeweils die „Zustimmung des Betriebsrats“ für die Rechtswirksamkeit der jeweiligen Einzelregelung verlangen, unzweifelhaft damit aber nicht eine Betriebsvereinbarung iSd § 29 ArbVG fordern.

Bei der (betriebsbezogenen) Ausnahme von der Feiertagsruhe in Einzelfällen liege weiters - so der VwGH - kein Tatbestand der § 97 Abs 1 Z 2 und Z 13 ArbVG vor (keine „generelle Festsetzung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit, der Dauer und Lage der Arbeitspausen und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage“ und keine „Anordnung der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit“).

Dass Ausnahmen von der Feiertagsruhe in § 97 ArbVG nicht genannt würden, weil § 12a ARG später erlassen worden wäre, hält der VwGH einerseits für eine bloße Mutmaßung und andererseits auch insofern für wenig überzeugend, als die in Rede stehende Ausnahme von der Feiertagsruhe, wie in § 5 Abs 4 des KV-Textilreiniger vorgesehen, nicht auf der selben Stufe der Allgemeinheit steht wie die in § 97 ArbVG genannten Angelegenheiten.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20567 vom 12.11.2015