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Lauterkeitsrechtliche Ansprüche iZm einem Vergabeverfahren

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB § 890

UWG § 14

Auch im vergaberechtlichen Zusammenhang kann nach dem UWG die Erfüllung eines Vertrags mit einem Dritten verboten werden. Aktiv legitimiert zur Geltendmachung lauterkeitsrechtlicher Ansprüche in einem solchen Fall ist auch ein einzelnes Mitglied einer Bietergemeinschaft. Denn ungeachtet der Beteiligung am konkreten Vergabeverfahren als Teil einer Bietergemeinschaft ist das Mitglied jedenfalls Mitbewerber desjenigen, der den Zuschlag bekommen hat, und als solcher zur Geltendmachung lauterkeitsrechtlicher Ansprüche gegen diesen legitimiert. Im Übrigen könnte der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (hier: Bietergemeinschaft) lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche wohl auch selbstständig geltend machen und bedarf hiefür nicht der Zustimmung der Mitgesellschafter. Der Unterlassungsanspruch steht nämlich jedem zu, der von einem tatbestandsmäßigen Verhalten unmittelbar konkret betroffen ist.

OGH 11. 8. 2015, 4 Ob 247/14y

Sachverhalt

Die Universität für Bodenkultur (Zweitbeklagte) hat als öffentliche Auftraggeberin iSd BVergG 2006 den Abschluss einer „Rahmenvereinbarung technische Betriebsführung, Instandhaltung, Instandsetzung und Wartung der technischen Gebäudeausrüstung und Laborausstattung“ für drei Universitätsgebäude ausgeschrieben.

Die Kl, die bereits in der Vergangenheit mit derartigen Dienstleistungen von der Zweitbeklagten beauftragt war, hat sich in einer Bietergemeinschaft gemeinsam mit einem anderen Unternehmen an dieser Ausschreibung beteiligt. Die Erstbeklagte beteiligte sich ebenfalls als Bieterin an der Ausschreibung und erhielt als Ergebnis des Vergabeverfahrens den Zuschlag.

Die Kl beantragte zur Sicherung ihres inhaltsgleichen (auf das UWG gestützten) Unterlassungsbegehrens die Erlassung einer einstweiliger Verfügung. Sie macht (va) geltend, die Zweitbeklagte habe durch das Ausscheiden des Angebots der Kl deren vergaberechtlichen Rechtsschutz unzulässig ausgehebelt und dadurch den Wettbewerb der Erstbeklagten gefördert und diese habe sich durch Legung ihres ebenfalls auszuscheidenden Anbots rechtswidrig am Vergabeverfahren beteiligt bzw sich in diesem Verfahren rechtswidrig verhalten.

Entscheidung

Rechtswegzulässigkeit

Anders als das ErstG und das RekursG hält der OGH den Rechtsweg für zulässig:

Im Lichte der bisherigen Rsp zur Unzulässigkeit des Rechtswegs für Unterlassungsklagen, deren Gegenstand ein vom Vergaberecht erfasstes Verhalten des Auftraggebers oder eines Mitbewerbers ist (insb Wahl des Vergabeverfahrens, Auswahl der einbezogenen Unternehmen und Erteilung des Zuschlags; vgl § 341 Abs 2 BVergG 2006) waren die von der Kl erhobenen Ansprüche unter dem Blickwinkel der Zulässigkeitsbeschränkung des § 341 Abs 2 BVergG 2006 zu prüfen, weil nach dem Klagevorbringen kein Verhalten zu beurteilen war, das aus ganz anderen Gründen gegen das Lauterkeitsrecht verstößt (vgl OGH 9. 8. 2011, 4 Ob 100/11a, LN Rechtsnews 11725 vom 21. 9. 2011 = RdW 2011/632).

In diesem Zusammenhang hält der 4. Senat auch an seiner Rsp fest, wonach die Zulässigkeitsbeschränkung § 341 Abs 2 BVergG 2006 teleologisch zu reduzieren ist, dh das Erfordernis eines Feststellungsbescheids für die gerichtliche Verfolgung von Lauterkeitsverstößen auf jene Beteiligten zu beschränken ist, die zur Einleitung vergaberechtlicher Feststellungs- oder Nachprüfungsverfahren legitimiert sind (vgl OGH 28. 2. 2012, 4 Ob 216/11k, LN Rechtsnews 12858 vom 5. 4. 2012 = RdW 2012/228). § 341 Abs 2 BVergG 2006 soll nach dem Willen des Gesetzgebers divergierende Entscheidungen der Vergabekontrollbehörden und der Gerichte vermeiden bzw die Gerichte entlasten, weswegen das Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes von der zuständigen Vergabekontrollbehörde beurteilt werden soll (EB, 1.171 BlgNR 22. GP, 146).

Der Kl ist es hier nach rechtskräftiger Ausscheidung aus dem Vergabeverfahren nicht möglich, ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren anzustrengen und eine inhaltliche Prüfung allfälliger Rechtswidrigkeiten des Vergabeverfahrens zu erreichen (fehlende Antragslegitimation). Mangels Antragslegitimation der Kl (der Bietergemeinschaft, der die Kl angehörte) im vergaberechtlichen Verfahren ist aber nicht mehr zu befürchten, dass es zu divergierenden Entscheidungen kommt.

Die Vorinstanzen sind daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kl der Rechtsweg gar nicht offenstünde.

Keine lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsansprüche gegen Universität

Da das RekursG den Rechtsweg für unzulässig hielt, hat es die weiteren Rekursargumente gegen die erstgerichtliche Antragsabweisung nicht überprüft und sich insb nicht mit der Mängelrüge befasst. Diese Prüfung wird hinsichtlich der Erstbeklagten im fortzusetzenden Rekursverfahren nachzuholen sein.

Die Kl nimmt (auch) die Universität als Zweitbeklagte nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG in Anspruch, wofür Voraussetzung ein Handeln im geschäftlichen Verkehr ist.

Im vorliegenden Fall will die Universität aber (nur) Dienstleistungen für den Betrieb ihrer Gebäude einkaufen und wird damit nicht unternehmerisch iS einer Beteiligung am Erwerbsleben tätig; es liegt vielmehr reine Beschaffungstätigkeit vor, mag sie auch einen großen Umfang haben. Nur wenn die öffentliche Hand Güter zum Zweck des weiteren Umsatzes beschafft, handelt sie als Unternehmer.

Eine lauterkeitsrechtlich relevante Förderung fremden Wettbewerbs setzt zwar grundsätzlich nur die objektive Eignung des Verhaltens voraus, diese Wirkung zu entfalten, aber auch bei Zutreffen dieser Voraussetzung greift das Lauterkeitsrecht nicht ein, wenn bei objektiver Betrachtung eine andere Zielsetzung eindeutig überwiegt. Das trifft bei Erfüllung typischer Aufgaben der öffentlichen Hand zu, etwa im Bereich der Daseinsvorsorge oder der Schaffung von Infrastruktur. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass einzelne Unternehmen aus solchen Maßnahmen (mittelbar) einen Vorteil ziehen, dennoch wird meist das öffentliche Interesse so eindeutig im Vordergrund stehen, dass eine lauterkeitsrechtlich relevante Förderung fremden Wettbewerbs auszuschließen ist (vgl OGH 21. 6. 2011, 4 Ob 40/11b - Murpark, LN Rechtsnews 11812 vom 10. 10. 2011 = RdW 2011/753).

Ins Leere geht nach Ansicht des OGH auch das Vorbringen der Kl, die Zweitbeklagte gehe strategisch vor und heble absichtlich den Rechtsschutz vor den Vergabekontrollbehörden aus: Damit werde zwar die gezielte Förderung des Wettbewerbs der Erstbeklagten behauptet, nicht aber ein von der gebotenen Interessenverfolgung (Aufwandsminimierung bei der Beschaffung) losgelöster Wille, gerade die Kl zu schädigen und die Erstbeklagte aus irgendwelchen speziellen Motiven in ihrem Wettbewerb zu fördern.

Die von der Kl gegen die Zweitbeklagte auf Grundlage des Lauterkeitsrechts erhobenen Unterlassungsansprüche müssen daher nach Ansicht des OGH von vornherein scheitern und der OGH bestätigte daher die Abweisung des Sicherungsbegehrens gegenüber der Zweitbeklagten durch die Vorinstanzen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20595 vom 17.11.2015