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Maßnahmen zur Bekämpfung des Sozialbetrugs - ME

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Verbesserung der Sozialbetrugsbekämpfung (Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz - SBBG) geschaffen wird sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern- Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, der Art III des Bundesgesetzes BGBl I 152/2004, das Firmenbuchgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Insolvenz- Entgeltsicherungsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden sollen

Ministerialentwurf 6. 5. 2015, 124/ME NR 25. GP -> Gesetzwerdung bleibt abzuwarten

1. Ziele des Gesetzesvorschlags

Durch Sozialbetrug - besonders durch Scheinfirmen in der Baubranche - entgehen der öffentlichen Hand und der Sozialversicherung jährlich Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in erheblichem Ausmaß. Betroffen von derartigen Malversationen sind auch die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) und der Insolvenz-Entgelt-Fonds. Auch legal operierende Unternehmen leiden unter den Wettbewerbsverzerrungen.

Ein besonderes Phänomen des Sozialbetrugs sind die sogenannten Scheinfirmen, die dazu verwendet werden, Lohn- und Sozialabgaben systematisch zu verkürzen. Zu diesem Zweck werden neue Gesellschaften gegründet oder bestehende - und bislang nicht rechtswidrig agierende - Gesellschaften übernommen bzw verwendet. Sie dienen als Anmelde- und Verrechnungsvehikel, indem sowohl tatsächlich beschäftigte Personen als auch Personen ohne tatsächliche Beschäftigung (bei) der Sozialversicherung, der BUAK oder der Finanzbehörde (an)gemeldet werden. Angehörige des letztgenannten Personenkreises erhalten so insbesondere de facto einen umfassenden Versicherungsschutz. Bei Personen, die tatsächlich beschäftigt werden, wird deren wahrer Vertragspartner bzw Arbeitgeber regelmäßig verschleiert.

Auch die missbräuchliche Inanspruchnahme von Krankenständen, die missbräuchliche Verrechnung von Leistungen durch Vertragspartner und auch die unrechtmäßige Verwendung von e-cards stellen Missstände dar.

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf - dem ersten im Zusammenhang mit der Gegenfinanzierung der geplanten Steuerreform - soll nun einerseits Scheinfirmen und anderseits dem Krankenstands- bzw auch dem E-Card-Missbrauch der Kampf angesagt werden. Mit der Schaffung eines neuen Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes wird die Zusammenarbeit der vom Sozialbetrug betroffenen und zur Bekämpfung desselben zuständigen Einrichtungen intensiviert. Weiters wird mit diesem Gesetz ein Instrumentarium zur Feststellung der Eigenschaft eines Unternehmens als Scheinunternehmen geschaffen. Die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen in Bezug auf bei Scheinunternehmen als Dienstnehmer angemeldeten Personen finden sich im ASVG und zielen darauf ab, ein (vermeintliches) Versicherungsverhältnis - inklusive reiner Scheinanmeldungen tatsächlich nicht beschäftigter Personen - zum Scheinunternehmen zu beenden und den wahren Dienstgeber zu eruieren. Von besonderer Bedeutung ist die gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse im Dienstgeberbereich - wobei die OÖGKK bereits ein entsprechendes Instrumentarium initiiert hat -, die sich mit bestimmten Aspekten des Sozialbetrugs wie etwa Schwarzarbeitsverdacht, Scheinanmeldung, Versichertenströme, Dienstgeberzusammenhänge, Insolvenzgefahr sowie Melde- und Beitragszahlungsverhalten auseinanderzusetzen hat.

Weiters sind auch im BUAG Maßnahmen zur Bekämpfung von Sozialbetrug vorgesehen, wie zB die Verpflichtung, Lohnzuschläge an die BUAK bargeldlos zu leisten. Darüber hinaus soll das Bundesvergabegesetz 2006 alle öffentlichen Auftraggeber verpflichten, alle Unternehmen, die Bauleistungen erbringen, in der Baustellendatenbank zu dokumentieren.

2. Geplante Maßnahmen

Überwiegend ab 1. 1. 2016 sind folgende Maßnahmen geplant:

2.1. Zusammenarbeit der zuständigen Stellen

Die Einrichtungen und Behörden haben im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereichs zur Sozialbetrugsbekämpfung zusammenzuwirken und sich gegenseitig zu unterstützen. Sie sind bei Bedarf verpflichtet, einen Verdacht auf Sozialbetrug den zuständigen Kooperationsstellen (Finanzstraf- und Abgabenbehörden, SV-Träger, BUAK, IEF-Service GmbH und Sicherheitsbehörden) möglichst frühzeitig zu melden, für den regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausch mit anderen Kooperations- und Informationsstellen zu sorgen und ihre Ermittlungen und Amtshandlungen bei der Verfolgung von Verstößen nach Möglichkeit aufeinander abzustimmen sowie bei Sachverhaltsermittlungen und Kontrollen koordiniert vorzugehen.

2.2. Identifizierung von Scheinfirmen und Personen, die von diesen zur SV angemeldet werden

Scheinfirmen werden an Hand einer Reihe von Kriterien vorläufig identifiziert; der sich daraus ergebende Verdacht wird durch Ermittlungen überprüft und dem Rechtsträger schriftlich mitgeteilt. Besondere Zustellbestimmungen sollen gewährleisten, dass auch bei Fehlen einer Abgabestelle oder der Abwesenheit des Empfängers eine Zustellung bewirkt werden kann. Gegen den mitgeteilten Verdacht kann binnen einer Woche ab Zustellung Widerspruch bei der Abgabenbehörde erhoben werden (nur durch persönliche Vorsprache des Rechtsträgers oder dessen organschaftlichen Vertreters). Wird kein Widerspruch erhoben, hat die Abgabenbehörde mit Bescheid festzustellen, dass das Unternehmen, hinsichtlich dessen ein Verdacht vorliegt, als Scheinunternehmen gilt. Wird Widerspruch erhoben, kommt es zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, das ebenfalls mit Bescheid abgeschlossen wird. Ein rechtskräftiger Bescheid, mit dem das Vorliegen eines Scheinunternehmens festgestellt wurde, wird allen Kooperationsstellen (siehe oben), der Gewerbebehörde, dem Auftragnehmerkataster Österreich und allfällig dem Baustellenkoordinator übermittelt. Ebenso wird dieser Umstand im Firmenbuch eingetragen.

Wird das Vorliegen eines Scheinunternehmens rechtskräftig festgestellt, werden die von diesem Unternehmen zur Sozialversicherung angemeldeten Personen vom Versicherungsträger zur Auskunftserteilung über die Beschäftigung beim Scheinunternehmen schriftlich vorgeladen. Kommen sie dieser Aufforderung zum persönlichen Erscheinen nicht oder nicht rechtzeitig nach oder können sie nicht glaubhaft machen, dass sie tatsächlich Arbeitsleistungen verrichtet haben, endet das durchBeschäftigung beim Scheinunternehmen begründete Versicherungsverhältnis ex lege, und zwarrückwirkend mit der rechtskräftigen Feststellung des Scheinunternehmens.

Ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides, mit dem ein Unternehmen als Scheinunternehmen festgestellt worden ist, sind Anmeldungen zur Pflichtversicherung durch dieses Unternehmen nicht mehr zulässig. Infolge dieser Unzulässigkeit sind alle Beitragskonten eines solchen Unternehmens zu sperren; versuchte Anmeldungen gelten nicht als Anmeldungen iSd § 33 ASVG. Unzulässig angemeldete Personen sind zur Auskunftserteilung aufzufordern.

2.3. Änderungen bei der SV-Meldung

In jüngster Vergangenheit wurden im Rahmen der Vollziehung durch die KrV-Träger vermehrt dubiose Firmen im Baubereich, die als Scheinunternehmen zu qualifizieren sind, in der Rechtsform von Einzelfirmen wahrgenommen. Aus diesem Grund sollen künftig nur mehr Dienstgeber, die diese Funktion im Rahmen von Privathaushalten ausüben (im Unterschied von Dienstgebern, die als Unternehmer am Wirtschaftsleben teilnehmen), Meldungen in Papierform erstatten dürfen (zum Beispiel für die Anmeldung von Haushaltshilfen). Alle anderen Dienstgeber haben die Meldungen, abgesehen von der Anmeldung vorweg per Telefon oder Telefax, per elektronischer Datenfernübertragung zu erstatten; dies vor allem deshalb, weil diese Meldeform bessere Handhabungen bei der Bekämpfung von Scheinanmeldungen bietet.

2.4. Eindämmung des e-card-Missbrauchs

Um missbräuchliche Inanspruchnahmen der e-card vorzubeugen, soll die bestehende Rechtslage geschärft und die bisher nur bei Zweifeln an der Identität des Patienten bestehende Pflicht zur Identitätsüberprüfung im spitalsambulanten Bereich dahingehend verschärft werden, dass die Identität des Patienten in Krankenanstalten nun jedenfalls mittels Ausweiskontrolle zu überprüfen ist. Im niedergelassenen Bereich, wo es bislang ausreichte, dass die Identitätsüberprüfung im Zweifelsfall erfolgt, soll die Überprüfung im Zweifelsfall schon dann erfolgen, wenn der Patient dem behandelnden Arzt nicht persönlich bekannt ist.

Die Ermöglichung des sogenannten „Mystery Shoppings“ soll der missbräuchlichen Verrechnung von Leistungen (zB Ausstellung unrichtiger Krankenstandsbestätigungen, Verrechnung nicht erbrachter Leistungen) präventiv entgegenwirken.

Hinweis: Die Begutachtungsfrist endet am 3. 6. 2015.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19455 vom 07.05.2015