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NÖ BO 2014:„Amnestie-Regelung“ des § 70 Abs 6 NÖ BO 2014

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

NÖ BO 2014: § 70

Wurde bei einem Gebäude im Bauland von der ursprünglichen Baubewilligung vor mehr als 30 Jahren ohne baubehördliche Beanstandung abgewichen und kann es nicht nach § 14 NÖ BO 2014 neuerlich bewilligt werden, gilt dieses Gebäude gem § 70 Abs 6 NÖ BO 2014 als bewilligt, wenn dies unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese Bestimmung beantragt wird, der Behörde die Zustimmung des Grundeigentümers (der Mehrheit der Miteigentümer) nachgewiesen wird und vollständige Bestandspläne vorgelegt werden. Die Baubehörde hat darüber einen Feststellungsbescheid zu erlassen (§ 70 Abs 6 erster Unterabsatz NÖ BO 2014).

Nach den Gesetzesmaterialien ist Zweck der „Amnestie-Regelung“ des § 70 Abs 6 NÖ BO 2014, dass Bauten mit langjähriger Bestandsdauer rechtlich abgesichert werden, die bereits eine Baubewilligung erlangt hatten, von der jedoch entweder ohne Verletzung von Nachbarrechten bzw Beanstandung durch die Baubehörde abgewichen wurde, oder deren Baubewilligung aufgrund der Änderung der Rechtslage erloschen ist. Da sich diese Objekte in vielen Fällen mittlerweile im Eigentum von Rechtsnachfolgern befinden, denen das Fehlen einer Baubewilligung gar nicht bewusst ist bzw nicht angelastet werden kann, erscheint die Erteilung eines Abbruchauftrags als unbillige Härte (vgl Motivenbericht der NÖ LReg zur Stammfassung der NÖ BO 2014 vom 7. 10. 2014, Ltg.-477/B-23/2-2014, S 42 f).

Da die rechtliche Absicherung, die laut Mat erwirkt werden soll, mit einem Feststellungsbescheid erlangt werden kann, ersetzt dieser letztlich die ursprüngliche bzw erloschene Baubewilligung. Ersetzt aber der Feststellungsbescheid die (erloschene) Baubewilligung, treten konsequenterweise auch die mit dem Feststellungsantrag einzureichenden Bestandspläne an die Stelle der seinerzeitigen Projektunterlagen, weshalb sie den Anforderungen entsprechen müssen, die im Bewilligungsverfahren gelten, sohin insb von einem befugten Fachmann erstellt sein müssen. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bewilligungsverfahrens für die Erstellung und Vorlage von Bauplänen sind daher in Feststellungsverfahren nach § 70 Abs 6 NÖ BO 2014 sinngemäß anzuwenden.

VwGH 6. 9. 2023, Ra 2021/05/0078

Entscheidung

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung des § 70 Abs 6 NÖ BO 2014 und in analoger Anwendung des § 25 Abs 1 NÖ BO 2014 mit der Erstellung der Bestandspläne Fachleute zu betrauen sind, die hierzu befugt sind, und die Bestandspläne - in analoger Anwendung der § 18 Abs 1 Z 3 lit a und Abs 2 NÖ BO 2014 - in dreifacher Ausfertigung vorzulegen und vom Verfasser zu unterfertigen sind. Der Mängelbehebungsauftrag wurde daher zu Recht erteilt.

Da der Revisionswerber die erforderlichen Unterlagen auch nach Erteilung eines Mängelbehebungsauftrags nicht vorgelegt hat, hat das VwG zu Recht die Abweisung des verfahrenseinleitenden Antrags des Revisionswerbers dahingehend abgeändert, dass dieser Antrag als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34645 vom 19.10.2023