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Offene Gesellschaft: Passive Einzelvertretung der Gesellschafter

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UGB: § 125, § 159

Im Gesellschaftsvertrag kann zwar eine Gesamtvertretung festgelegt werden (Vertretung der Gesellschaft durch alle oder mehrere Gesellschafter nur in Gemeinschaft). Ist aber „der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben“, so genügt gem § 125 Abs 2 letzter Satz UGBjedenfalls die Abgabe gegenüber einem der zur Mitwirkung bei der Vertretung befugten Gesellschafter (passive Einzelvertretung)“. Mit dem Wort „jedenfalls“ wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass die passive Vertretungsmacht jedem einzelnen zur Vertretung befugten Gesellschafter immer auch alleine zukommen muss und davon abweichende Vereinbarungen oder Satzungsbestimmungen aus Gründen des Verkehrsschutzes unzulässig sind (ErlRV 1058 BlgNR 22. GP 41). Diese Regelung ist zwingend, die passive Einzelvertretungsmacht bezieht sich sowohl auf rechtserhebliche Erklärungen tatsächlicher Art (wie die Mitteilung von einem Zahlungsverzug), als auch auf die Empfangnahme von Kündigungen.

Hat die OG einen Leasingvertrag abgeschlossen, den die Leasinggeberin infolge Zahlungsverzugs der Gesellschaft vorzeitig aufgelöst hat, können die für die Verbindlichkeiten (der nunmehr gelöschten) OG haftenden Gesellschafter daher auch dann in Anspruch genommen werden, wenn die Leasinggeberin die Mahnung und Nachfristsetzung sowie Auflösung des Leasingvertrags lediglich gegenüber der Gesellschaft erklärt hat und diese einem einzelnen Gesellschafter zugegangen sind. Eine gesonderte Zustellung an jeden einzelnen Gesellschafter ist nicht notwendig.

OGH 28. 6. 2016, 8 Ob 133/15i

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21962 vom 12.07.2016