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Onlinemedium - Haftung für von Dritten hochgeladene Fotos

ECG § 16

UrhG § 81

1. Der Betreiber eines Onlinemediums, der Dritten ermöglicht, Inhalte auf seinen Website hochzuladen und dort öffentlich zugänglich zu machen, ist Hostprovider iSv § 16 ECG, wenn ihm die Dritten weder unterstellt sind, noch von ihm beaufsichtigt werden. Die Tätigkeit unterscheidet sich nicht grundlegend vom Betreiben eines Diskussionsforums, das jedenfalls unter diese Bestimmung fällt. Denn in beiden Fällen ermöglicht es der Diensteanbieter Dritten, eigene Inhalte durch zentrale Speicherung anderen Personen zugänglich zu machen, ohne selbst darauf Einfluss zu nehmen. Unmittelbare Täter von Urheberrechtsverletzungen sind in solchen Fällen jene Nutzer, die die Dienste des Providers für Handlungen in Anspruch nehmen, die in Verwertungsrechte des Urhebers - regelmäßig in das Zurverfügungstellungsrecht iSv § 18a UrhG - eingreifen. Der Hostprovider haftet mangels eigenen tatbildlichen Handelns nur als Gehilfe oder allenfalls als Anstifter.

2. Ein Unterlassungsanspruch gegen die in § 81 Abs 1a UrhG genannten Diensteanbieter setzt eine Abmahnung voraus. Dieses Erfordernis ist nur erfüllt, wenn die Rechtsverletzung für den Provider durch die Abmahnung ohne Notwendigkeit weiterer Nachforschungen offenkundig wird. Die Abmahnung kann durch entsprechendes Vorbringen in einem bereits anhängigen Verfahren ersetzt werden. In diesem Fall entsteht aber nur dann ein Unterlassungsanspruch, wenn der Provider das beanstandete Verhalten fortsetzt (Wiederholungsgefahr) oder das Vorliegen einer Rechtsverletzung bestreitet (Erstbegehungsgefahr).

3. Dem Gehilfen einer Immaterialgüterrechtsverletzung kann nur sein Tatbeitrag untersagt werden, nicht aber das tatbestandliche Verhalten des unmittelbaren Täters.

OGH 21. 10. 2014, 4 Ob 140/14p

Rechtliche Grundlage - § 81 UrhG:

Unterlassungsanspruch.

§ 81. (1) Wer in einem auf dieses Gesetz gegründeten Ausschließungsrecht verletzt worden ist oder eine solche Verletzung zu besorgen hat, kann auf Unterlassung klagen. Der Inhaber eines Unternehmens kann hierauf auch dann geklagt werden, wenn eine solche Verletzung im Betrieb seines Unternehmens von einem Bediensteten oder Beauftragten begangen worden ist oder droht; § 81 Abs 1a gilt sinngemäß.

(1a) Bedient sich derjenige, der eine solche Verletzung begangen hat oder von dem eine solche Verletzung droht, hiezu der Dienste eines Vermittlers, so kann auch dieser auf Unterlassung nach Abs 1 geklagt werden. Wenn, bei diesem die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Verantwortlichkeit nach den §§ 13 bis 17 ECG vorliegen, kann er jedoch erst nach Abmahnung geklagt werden.

Entscheidung:

Abmahnung

Nach § 81 Abs 1a letzter Satz UrhG „kann“ der Vermittler nur nach einer Abmahnung geklagt werden. Der OGH hält dazu fest, dass bei isolierter Betrachtung aus diesem Wortlaut abgeleitet werden könnte, dass ohne Abmahnung der Rechtsweg nicht zulässig sei. Aus dem Zusammenhang ergibt sich nach Auffassung des OGH jedoch, dass der Gesetzgeber hier eine materielle Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch anordnen wollte. Dies folge schon daraus, dass § 81 Abs 1 UrhG dieselbe Formulierung verwendet („kann […] klagen“), um damit auszudrücken, dass die Verletzung eines Ausschließungsrechts einen Unterlassungsanspruch begründet. In dieselbe Richtung weise auch die Begründung des Justizausschusses, wonach das „Entstehen eines Anspruchs“ - und eben nicht die Zulässigkeit des Rechtswegs zu dessen Durchsetzung - von einer Abmahnung abhängt.

Wie der OGH weiter ausführt, hat der nach § 16 ECG privilegierte Hostprovider ohne „Abmahnung“ iSv § 81 Abs 1a UrhG idR keine Kenntnis davon, dass Dritte unter Inanspruchnahme seiner Dienste in Ausschließungsrechte von Urhebern eingreifen. Damit würde er auch nach den allgemeinen Grundsätzen keinem Unterlassungsanspruch ausgesetzt sein. § 81 Abs 1a UrhG konkretisiert daher - so der OGH - lediglich eine Obliegenheit, die schon zuvor bestand und auch ohne ausdrückliche Anordnung weiterhin für andere Unterlassungsansprüche gegen Provider - etwa bei Marken- oder Persönlichkeitsrechtsverletzungen - gilt.

Die systematische Einordnung von § 81 Abs 1a UrhG als Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes führt vorliegend zu folgendem Ergebnis:

„(a) Da ein Unterlassungsanspruch nur besteht, wenn die Rechtsverletzung für den Provider ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist, hat die Abmahnung zumindest die schlüssige Behauptung einer Rechtsverletzung zu enthalten. Der Abmahnende muss daher nicht nur die (angeblich) rechtsverletzende Handlung bezeichnen, sondern auch darlegen, weshalb er über die Rechte an den Schutzgegenständen verfügt. Bestehen nach den Umständen des Einzelfalls Zweifel an der tatsächlichen Richtigkeit seiner Behauptungen, wird er nach Aufforderung durch den Provider auch Nachweise zu erbringen oder weitere Erläuterungen zu geben haben. Davor besteht kein Unterlassungsanspruch; eine Klage oder ein Sicherungsantrag wären daher abzuweisen.

(b) § 81 Abs 1a UrhG geht vom Regelfall aus, dass die Abmahnung vor der Klage erfolgt. Dem ist es jedoch gleichzuhalten, wenn der Provider im Zuge des Verfahrens Klarheit über die Rechtsverletzung erhält und dennoch darauf beharrt, nicht zu einem Einschreiten verpflichtet zu sein.

Zwar ist der Provider - anders als von Guggenbichler (in Ciresa, Österreichisches Urheberrecht § 81 Rz 30) angenommen - auch nach einer Klarstellung durch den Kl nicht verpflichtet, den Anspruch unter Hinweis auf § 45 ZPO anzuerkennen (was nach 4 Ob 15/99f ohnehin in sich widersprüchlich wäre) oder einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich anzubieten. Denn bis zu dieser Darlegung hatte der Provider gegen keine ihn treffende Unterlassungspflicht verstoßen, sodass keine Wiederholungsgefahr bestand (vgl 4 Ob 194/07v = jusIT 2008, 65 [Staudegger] = MR 2008, 18 [Daum] = ÖBl 2008, 256 [Büchele] = ecolex 2008, 448 [Pichler] - LimeWire [= LN Rechtsnews 4608 vom 11. 3. 2008 = RdW 2008/354]).

Für die Zeit danach könnte sich Wiederholungsgefahr ergeben, wenn der beklagte Provider trotz nun bestehender Kenntnis nicht gegen die Rechtsverletzung einschreitet. Insofern müsste allerdings der Kl ein weiteres Tatsachenvorbringen erstatten.

Dem gleichzuhalten ist es aber, wenn der Provider nach Klarstellung durch den Kl darauf beharrt, nicht zur Unterlassung verpflichtet zu sein. Denn in diesem Fall besteht Erstbegehungsgefahr, die nach ständiger Rechtsprechung ebenfalls einen Unterlassungsanspruch begründet (RIS-Justiz RS0037661).“

Vorliegender Fall

Im vorliegen Fall legte der klagende Inhaber eines Fotostudios der Bekl zwei „Honorarnoten“, mit denen er erkennbar Rechte an den in deren Onlinemedium von Dritten veröffentlichten Lichtbildern behauptete. Nach Ansicht des OGH reichen diese „Rechnungen“ nicht aus, um die Rechtsverletzung für die Bekl offenkundig zu machen. Zwar ließ sich ihnen („gerade noch") die Behauptung entnehmen, dass der Kl über die Verwertungsrechte verfüge. Seine Stellung als Urheber oder Hersteller war aber - so der OGH - aus Sicht der Bekl objektiv zweifelhaft, weil einige Lichtbilder offenkundig nicht von ihm, sondern vom früheren Inhaber seines Fotostudios aufgenommen worden waren. Unter diesen Umständen wäre es dem Kl oblegen, die Gründe für seine Rechtsnachfolge dazulegen.

Bei Erhebung der Klage bestand daher noch kein Unterlassungsanspruch.

Im Verfahren legte der Kl jedoch dar, weswegen er auch über die Rechte an den vom früheren Inhaber aufgenommenen Fotos verfüge (Gesamtrechtsnachfolge). Ungeachtet dessen beharrte die Bekl darauf, dass sie nicht zu einem Einschreiten verpflichtet sei, weil der Rechtsvorgänger des Kl konkludent dem Fußballklub und dieser wiederum konkludent der Bekl das Recht zur Verwertung der Lichtbilder eingeräumt habe. Damit kann sich die Bekl aber nicht mehr auf eine nicht ausreichende Abmahnung stützen, so der OGH weiters. Denn die Behauptungs- und Beweislast für eine solche Rechteeinräumung trifft im Prozess nach allgemeinen Grundsätzen denjenigen, der sich darauf beruft.

Es ist für den OGH nicht erkennbar, weshalb die Abmahnung insofern strengeren Anforderungen unterliegen sollte. Auch sie muss daher keine Negativbehauptungen enthalten; vielmehr genügt es, wenn der Abmahnende seine (originäre oder abgeleitete) Berechtigung und die Eingriffshandlung darlegt. Alles Weitere ist Sache eines (allenfalls erforderlich werdenden) gerichtlichen Verfahrens.

Zusammenfassung

Die die vorliegende Entscheidung tragenden Erwägungen fasste der OGH wie folgt zusammen:

„Ein Unterlassungsanspruch gegen die in § 81 Abs 1a UrhG genannten Diensteanbieter setzt eine Abmahnung voraus. Dieses Erfordernis ist nur erfüllt, wenn die Rechtsverletzung für den Provider durch die Abmahnung ohne Notwendigkeit weiterer Nachforschungen offenkundig wird. Die Abmahnung kann durch entsprechendes Vorbringen in einem bereits anhängigen Verfahren ersetzt werden. In diesem Fall entsteht aber nur dann ein Unterlassungsanspruch, wenn der Provider das beanstandete Verhalten fortsetzt (Wiederholungsgefahr) oder das Vorliegen einer Rechtsverletzung bestreitet (Erstbegehungsgefahr).

Dem Gehilfen einer Immaterialgüterrechtsverletzung kann nur sein Tatbeitrag, nicht aber das tatbestandliche Verhalten des unmittelbaren Täters untersagt werden.“

Bearbeiterin: Sabine Kriwanek

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 18763 vom 15.01.2015