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Privathaftpflichtversicherung: Hantieren mit Waffe in fremder Wohnung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: §§ 914 f

VersVG: § 149

Nach den vorliegenden Versicherungsbedingungen (einer Haushaltsversicherung mit Privat- und Sporthaftpflichtversicherung) erstreckt sich die Versicherung auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens.

Am 27. 12. 2019 besuchte der damals beim Bundesheer als Ausbildner tätige Kl mehrere Freunde in einer Wohngemeinschaft. Da er für den darauffolgenden Tag eine private Waffenübung plante, hatte er seine Pistole in einer Sporttasche dabei. Nach dem Genuss von einigen Tassen alkoholhaltigem Punsch nahm er diese Waffe aus der Tasche, um sie herzuzeigen. Er legte ein Magazin ein, in dem sich seiner Meinung nach lediglich eine Übungspatrone befand. Tatsächlich befand sich unter der Übungspatrone eine scharfe Patrone, die der Kl im Zuge eines „Waffenchecks“ unabsichtlich nachlud und aus Unachtsamkeit nicht bemerkte. Danach betätigte er absichtlich den Abzug, ohne sich zu vergewissern, wo sich die verschiedenen Personen, die sich in den Räumlichkeiten bewegten, gerade aufhielten. Er schoss einem Mitbewohner in den Brustbereich und verletzte ihn schwer.

Wenn die Vorinstanzen das Mitnehmen einer Waffe in eine fremde Wohnung und das Manipulieren an dieser Waffe nach dem Konsum von Alkohol – einerseits völlig ohne Anlass und andererseits so unaufmerksam, dass die scharfe Patrone übersehen wurde – und letztlich das Betätigen des Abzugs in einer Wohnung voller Menschen als ein Verhalten qualifiziert haben, das über die Fehleinschätzung einer gefährlichen Situation hinausgeht, hält sich dies im Rahmen der Rsp. Der Versicherte schuf hier eine besondere Gefahrensituation, ohne dass dafür die geringste Notwendigkeit bestand. Eine solche Situation tritt erfahrungsgemäß auch im normalen Lebenslauf nicht immer wieder ein. Im vorliegenden Fall hat sich daher keine Gefahr des täglichen Lebens verwirklicht.

OGH 28. 6. 2023, 7 Ob 87/23d

Entscheidung

Auch aus den in der Revision zitierten Entscheidungen des Fachsenats ist für den Kl nichts gewonnen. Entgegen seiner Ansicht ist das bewusste und gewollte Schaffen einer Brand- oder Explosionsgefahr (7 Ob 100/20m, Rechtsnews 29811)und das Einlassen in einen Raufhandel (7 Ob 86/19a, Rechtsnews 27590) mit dem hier geschaffenen Gefahrenpotential durch Mitführen und Herzeigen einer Waffe sowie Betätigen des Abzugs durchaus vergleichbar.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34384 vom 16.08.2023