News

Privatstiftung: Bestellung bzw Abberufung von Organen - Parteistellung, Vertretung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

PSG: § 17, § 27

Der Privatstiftung kommt grundsätzlich auch im Verfahren zur gerichtlichen Bestellung oder Abberufung von Stiftungsorganen Parteistellung zu.

Die Interessen der Privatstiftung werden dabei grundsätzlich vom Stiftungsvorstand wahrgenommen, was von vornherein keinem Zweifel unterliegt, soweit es um die Bestellung und Abberufung anderer Organe als Vorstandsmitglieder geht. Dem Stiftungsvorstand ist aber auch nicht in jedem Verfahren zur Bestellung und Abberufung des Stiftungsvorstands automatisch aus Gründen der Interessenkollision die Befugnis zur Vertretung der Privatstiftung abzusprechen. Vielmehr ist zunächst davon auszugehen, dass dieser weiter iSd § 17 PSG die Privatstiftung zu vertreten hat, wobei er sich dabei jedoch ausschließlich von den Interessen der Privatstiftung leiten zu lassen hat. Nur dann, wenn dies im Einzelfall ausnahmsweise erforderlich erscheint, könnte das Gericht einen Kollisionskurator zur Vertretung der Privatstiftung im Verfahren zur Bestellung oder Abberufung von Stiftungsvorständen bestellen. Mit dieser Bestellung erlischt die Befugnis des Vorstands zur Vertretung der Privatstiftung im Verfahren. Das Abstellen auf eine ausdrückliche gerichtliche Entscheidung, die erst konstitutiv die Vorstandsmitglieder von der weiteren Vertretung im Verfahren ausschließt, dient auch der Rechtssicherheit.

OGH 1. 9. 2015, 6 Ob 46/15f

Entscheidung

Parteistellung der Privatstiftung

Nach neuerer Rsp ist die Privatstiftung in einem Abberufungsverfahren nach § 27 Abs 2 PSG nicht Partei (6 Ob 40/12v PSR 2013/4 [Zollner], LN Rechtsnews 13719 vom 11. 9. 2012 = RdW 2012/634; 6 Ob 156/12b, RdW 2013/278; 6 Ob 75/14v, LN Rechtsnews 18375 vom 7. 11. 2014 = RdW 2014/770).

Demgegenüber hat der erkennende Senat in früheren Entscheidungen (vgl insb 6 Ob 82/11v, LN Rechtsnews 11663 vom 8. 9. 2011 = RdW 2011/684; vgl auch zur Bestellung des Aufsichtsrats 6 Ob 217/05p, LN Rechtsnews 654 vom 2. 2. 2006 = RdW 2006/89) - wenn auch ohne nähere Begründung - die Parteistellung der Privatstiftung bejaht.

Die neuere Rsp wurde im Schrifttum wiederholt kritisiert (Csoklich in FS Delle Karth [2013], 93 [104 f]; Melicharek in ecolex 2012, 1079; ders in PSR 2015, 10). Nach Arnold (PSG3 § 27 Rz 32a) sei es aufgrund der Erweiterungen der Rekurslegitimation durch den OGH nicht erforderlich, der Privatstiftung selbst Rekurslegitimation zuzuerkennen, wenngleich Arnold selbst die Rekurslegitimation der Privatstiftung bejaht.

Diese Kritik bildet für den OGH Anlass, die bisherige Rechtsprechung neuerlich zu prüfen und zu präzisieren.

Zusammenfassend ist nach Ansicht des OGH davon auszugehen, dass der Privatstiftung grundsätzlich auch im Verfahren zur gerichtlichen Bestellung oder Abberufung Parteistellung zukommt.

Damit ist jedoch noch nichts über die Frage ausgesagt, wer die Privatstiftung in diesem Verfahren vertritt. Diese Frage kann nur im Verfahren zur Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern problematisch sein. Soweit es um die Bestellung und Abberufung anderer Organe geht, kann von vornherein keinem Zweifel unterliegen, dass die Interessen der Stiftung auch im Gerichtsverfahren vom Stiftungsvorstand wahrgenommen werden.

Vertretung durch Stiftungsvorstand

Nach Auffassung des erk Senats entspricht es den Grundsätzen des Privatstiftungsrechts und der darin dem Stiftungsvorstand zukommenden Rolle eher, dem Stiftungsvorstand nicht in jedem Verfahren zur Bestellung und Abberufung des Stiftungsvorstands automatisch aus Gründen der Interessenkollision die Befugnis zur Vertretung der Privatstiftung abzusprechen. Vielmehr ist zunächst davon auszugehen, dass dieser weiter iSd § 17 PSG die Privatstiftung zu vertreten hat, wobei er sich dabei jedoch ausschließlich von den Interessen der Privatstiftung leiten zu lassen hat.

Dafür spricht nach Auffassung des OGH auch, dass das Verfahren außer Streitsachen durch den Grundsatz der Amtswegigkeit gekennzeichnet ist. Dazu komme, dass nicht nur die abberufenen Vorstandsmitglieder im eigenen Namen, sondern zusätzlich auch allen Organmitgliedern die Möglichkeit zukommt, sich am Verfahren zu beteiligen. Schon in Hinblick auf diese Ausgestaltung des Verfahrens werde in aller Regel keine Gefahr einer weiteren Schädigung der Privatstiftung dadurch bestehen, dass der Vorstand auch in diesen Verfahren die Privatstiftung weiter vertritt.

Kollisionskurator nur ausnahmsweise

Nur dann, wenn dies im Einzelfall ausnahmsweise erforderlich erscheint, könnte das Gericht einen Kollisionskurator zur Vertretung der Privatstiftung im Verfahren zur Bestellung oder Abberufung von Stiftungsvorständen bestellen, so der OGH. Mit dieser Bestellung erlösche die Befugnis des Vorstands zur Vertretung der Privatstiftung im Verfahren. Das Abstellen auf eine ausdrückliche gerichtliche Entscheidung, die erst konstitutiv die Vorstandsmitglieder von der weiteren Vertretung im Verfahren ausschließt, diene auch der Rechtssicherheit.

Der Vollständigkeit halber verwies der erk Senat darauf, dass sich die Frage der Notwendigkeit eines Kollisionskurators überhaupt nur dann stellen kann, wenn die Privatstiftung nicht über eine ausreichende Anzahl anderer, also nicht von einem Vertretungsausschluss betroffener Vorstandsmitglieder verfügt. Außerdem könnte die nach der Stiftungsurkunde zur Bestellung des Vorstands zuständige Stelle gegebenenfalls - sofern die satzungsmäßige Höchstzahl der Vorstandsmitglieder noch nicht ausgeschöpft ist - weitere Vorstandsmitglieder bestellen, um die unmittelbare Wahrnehmung der Interessen der Privatstiftung im Verfahren zur Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern durch die Privatstiftung selbst zu gewährleisten. Im Ergebnis liege damit die Verantwortung für die Gewährleistung der Vertretung der Privatstiftung auch insoweit - dem Konzept des PSG entsprechend - weitgehend bei der Ausgestaltung der Stiftungsurkunde durch den Stifter.

Der OGH hielt auch fest, dass von der Bestellung eines Kollisionskurators die Verpflichtung allfälliger späterer Vorstände unberührt bleibt, jene Vorstandsmitglieder, die durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Privatstiftung aus der Vertretung im Verfahren von etwa wegen Pflichtverletzung abberufenen Vorstandsmitgliedern Kosten erwachsen sind, auf Ersatz dieser Kosten in Anspruch zu nehmen.

Vertretung durch andere Organe?

Ob gegebenenfalls ausnahmsweise auch andere Organe in Vertretung der Privatstiftung einschreiten können, konnte im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben (vgl zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Vorstand Arnold, PSG3 § 29 Rz 13 mwN; Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht [2008] Rz 7/61; zur Erweiterung der Aufgaben des Aufsichtsrats allgemein zurückhaltend Arnold aaO § 25 Rz 38 ff mwN).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20894 vom 12.01.2016