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Produktsicherheitsgesetz als Schutznorm?

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

ABGB: § 1295 Abs 1, § 1311

PSG § 7 Abs 3

Der Fahrradhändler verständigte den ihm namentlich bekannten Käufer eines E-Bikes nicht davon, dass der Hersteller eine Rückrufaktion hinsichtlich der Akkus des Modells wegen Brandgefahr gestartet hat. Daraus lässt sich keine Haftung gegenüber Dritten ableiten, die bei dem späteren Brand des Akkus Sachschäden erlitten haben. Weder die Pflichten des Händlers nach dem PSG noch seine allgemeinen oder (nach-)vertraglichen Verkehrssicherungspflichten bieten dafür eine Anspruchsgrundlage.

Offen bleibt, ob aus § 7 Abs 3 PSG überhaupt eine Pflicht des Händlers zur Verständigung von Kunden über Rückrufaktionen des Herstellers abzuleiten ist und ob es sich dabei um ein Schutzgesetz handelt, das auch Dritte schützen soll, die das gefährliche Produkt nicht verwenden. Jedenfalls wäre der Schutzbereich des PSG auf Personenschäden beschränkt. Vermögens- und Sachschäden sind davon nicht umfasst.

OGH 22. 1. 2015, 1 Ob 103/14z

Sachverhalt

Der Akku eines in einem Kellerabteil verwahrten E-Bikes fing während des Ladevorgangs Feuer. Durch den Brand wurden auch Gegenstände eines Dritten in einem anderen Kellerabteil beschädigt. Der Dritte erhielt den Schaden von seiner Versicherung – der Klägerin – ersetzt.

Der Eigentümer des E-Bikes hatte das Fahrrad bei dem beklagten Fachhändler erworben. Einige Monate vor dem Brand war der Beklagte vom Hersteller des E-Bikes schriftlich davon verständigt worden, dass die Akkus dieses Modells beim Laden nach einer Tiefentladung Feuer fangen können und deshalb zurückgerufen werden. Der Beklagte brachte das Schreiben an seiner Geschäftsauslage an. Obwohl ihm Name und Anschrift bekannt waren, nahm er jedoch keinen Kontakt mit dem Käufer des gegenständlichen E-Bikes auf, um ihn auf die Gefahr und die Rückrufaktion hinzuweisen.

Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten für ihre Versicherungsleistung Regress gem § 67 VersVG. Der Beklagte hafte für die entstandenen Sachschäden, weil er durch die unterlassene Verständigung des Kunden von der Rückrufaktion seine allgemeinen und (nach-)vertraglichen Verkehrssicherungspflichten sowie seine Pflichten nach dem PSG verletzt habe.

Entscheidung

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der OGH bestätigte diese Entscheidung. Aus den Händlerpflichten nach § 7 Abs 3 PSG könne schon deshalb keine Haftung abgeleitet werden, weil der Schutzbereich dieses Gesetzes nur Personen-, nicht aber Sach- oder Vermögensschäden umfasse. In die Schutzwirkungen des Kaufvertrags, aus dem eine (nach-)vertragliche Verständigungspflicht abgeleitet werden könnte, sei der geschädigte Dritte nicht einbezogen.

Auch eine Haftung des Beklagten aufgrund der Verletzung allgemeiner Verkehrssicherungspflichten bzw aufgrund des Ingerenzprinzips erscheine nicht gerechtfertigt, weil er die Gefahr nicht geschaffen oder in seiner Sphäre belassen hat. Dass ihm diese bekannt war, reiche nicht aus.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19142 vom 16.03.2015