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Rechtsschutzversicherung: Keine abgesonderte Befriedigung des Prozessgegners

VersVG: § 157, § 158j

Wurde über das Vermögen des Versicherungsnehmers der Konkurs (nunmehr: ein Insolvenzverfahren) eröffnet, kann der Dritte wegen des ihm gegen den Versicherungsnehmer zustehenden Anspruchs gem § 157 VersVG abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers verlangen.

Dieses Absonderungsrecht des § 157 VersVG ist für die Haftpflichtversicherung geregelt; eine analoge Anwendung auf die Rechtsschutzversicherung kommt mangels planwidriger Gesetzeslücke nicht in Betracht.

OGH 10. 9. 2014, 7 Ob 133/14f

Entscheidung:

Der Senat schloss sich damit der deutschen Lehre an. Dass eine analoge Anwendung aufgrund des eigenständigen Charakters der Rechtsschutzversicherung nicht in Betracht kommt, zeige - so der OGH - schon die Gegenüberstellung der Ziele der Haftpflichtversicherung und der Rechtsschutzversicherung.

Dazu hielt der OGH Folgendes fest:

„Nach allgemeinem Schadenersatzrecht kann jedermann für einen Schaden, den er durch sein Verhalten einem anderen zugefügt hat, ersatzpflichtig werden. Durch die Haftpflichtversicherung möchte sich der Versicherungsnehmer davor schützen, zur Erfüllung von Schadenersatzansprüchen Dritter eigenes Vermögen aufwenden zu müssen. Darüber hinaus kommt dem Geschädigten in der Haftpflichtversicherung ausdrücklich besonderer Schutz zu, obwohl er selbst am Vertrag nicht beteiligt ist. Zwar hat er - mit Ausnahmen, etwa in der Kfz-Haftpflichtversicherung - gegen den Versicherer keinen direkten Anspruch, sondern ist auf den Schadenersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer beschränkt. Verfügungen des Versicherungsnehmers über den Befreiungsanspruch sind aber zugunsten des Geschädigten unwirksam (§ 156 Abs 1 VersVG). Daher haftet dieser Anspruch dem Geschädigten bevorzugt. Auch der exekutive Zugriff durch andere Gläubiger des Versicherungsnehmers auf die Forderung ist gegenüber dem Geschädigten wirkungslos (§ 156 Abs 1 Satz 2 VersVG). Zuletzt dient der Anspruch selbst im Konkurs des Versicherungsnehmers primär zu seiner Befriedigung (§ 157 VersVG).

Die Rechtsschutzversicherung hingegen sorgt für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers. Ihr Zweck besteht allein darin, dem Versicherungsnehmer die Bezahlung von Rechtskosten abzunehmen und dadurch einen erleichterten „Zugang zum Recht“ zu ermöglichen (Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht3, 442). Die Rechtsschutzversicherung soll nicht nur streitfördernd, sondern womöglich streitschlichtend wirken (4 Ob 57/11b). Anders als die Haftpflichtversicherung dient sie keinem besonderen Schutz des Prozessgegners.

Einen diesbezüglichen rechtspolitischen Wunsch hat der Gesetzgeber trotz der vielfach sich bietenden Möglichkeiten bisher aber nicht aufgegriffen.“

Mangels planwidriger Gesetzeslücke verneinte der OGH somit eine analoge Anwendung des in § 157 VersVG für die Haftpflichtversicherung geregelten Absonderungsrechts auf die Rechtsschutzversicherung.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 18576 vom 11.12.2014