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Restschuldbefreiung - Billigkeitsentscheidung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

IO § 213

Billigkeitsentscheidungen sind von völlig individuellen Umständen und gegeneinander abzuwägenden Interessen geprägt, sodass es weder möglich noch sinnvoll erscheint, im Anwendungsbereich des § 213 Abs 3 IO einen fixen Schwellenwert für das gerade noch zulässige Unterschreiten der Mindestquote festzulegen. Dies gilt umso mehr, als diese Bestimmung eine der Interessenlage angepasste Ungleichbehandlung der Gläubiger erlaubt, sodass unterschiedliche Quoten innerhalb desselben Verfahrens möglich sind.

Bleibt die erreichbare Quote außerordentlich weit hinter der Mindestquote zurück, ist im Gegenzug ein besonders hohes Gewicht der zu berücksichtigenden Billigkeitsgründe erforderlich, um eine Restschuldbefreiung rechtfertigen zu können. Der Umstand, dass ein Schuldner exorbitant hohe Verbindlichkeiten angehäuft hat, kann für sich allein de lege lata nicht hinreichend sein, um ihm über den gesetzlichen 90%igen Schuldenerlass hinaus noch weitere Nachlässe in einem Ausmaß zuzubilligen, das einem durchschnittlichen Privatschuldner mit einer geringeren Forderungssumme selbst dann verwehrt bleibt, wenn diesem die Aufbringung seiner Mindestquote genauso schwer oder schwerer fällt.

Für das Vorliegen von entsprechenden Billigkeitsgründen ist der Schuldner behauptungspflichtig.

OGH 27. 5. 2015, 8 Ob 51/15f

Sachverhalt

Am 8. 4. 2013 stellte der Schuldner den Antrag, das Abschöpfungsverfahren für beendet zu erklären und ihm nach Aussetzung gem § 213 Abs 3 IO unter Auferlegung von Ergänzungszahlungen die Restschuldbefreiung nach Billigkeit zu erteilen, in eventu das Abschöpfungsverfahren gem § 213 Abs 4 IO zu verlängern.

In der Begründung führte er ua an, er sei nicht fahrlässig in seine Situation geraten und habe sich im Abschöpfungsverfahren sehr eingeschränkt und bemüht. Er sei nach wie vor im selben Unternehmen beschäftigt und habe sein Einkommen steigern können. Er trage aber einen erhöhten Unterhaltsaufwand für seine Tochter, die an Knocheneiterung leide und aus diesem Grund keine Lehrstelle finde. Im Jahre 2012 sei auch noch seine Gattin an Brustkrebs erkrankt.

Das RekursG wies sämtliche Anträge des Schuldners ab und erklärte das Abschöpfungsverfahren für beendet.

Entscheidung

Unter den gegebenen Umständen hielt der OGH die Ermessensentscheidung des RekursG für jedenfalls nicht unvertretbar und im Einklang mit der höchstgerichtlichen Rsp:

Die Risikokreditvergabe durch einen der Gläubiger hatte das RekursG bereits berücksichtigt, sie betraf aber ohnedies nur rund die Hälfte der festgestellten Forderungen iHv insg mehr als 6 Mio Euro.

Das Antragsvorbringen des Schuldners, er sei ohne Verschulden in die Insolvenz geraten, war mit dem Akteninhalt (Bericht des Treuhänders) nicht vereinbar und es konnte hier nicht von einem redlichen kaufmännischen Scheitern ausgegangen werden, das aus rechtspolitischen Erwägungen besondere Erleichterungen bei der privaten Entschuldung des ehemaligen Unternehmers rechtfertigen würde.

Die Verwertung des mit Absonderungsrechten überlasteten Reihenhauses - das der Schuldner anscheinend nach wie vor bewohnt - erbrachte keinen Erlös für die Masse. Auch die aus der Beiziehung eines Masseverwalters resultierenden höheren Verfahrenskosten fielen im Verhältnis zum hohen auf die Mindestquote fehlenden Differenzbetrag nicht ins Gewicht.

Erkrankungen eines Schuldners während des Abschöpfungszeitraums, die seine Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen, werden in der Rsp zwar als berücksichtigungswürdige Gründe im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung anerkannt (vgl 8 Ob 119/13b, LN Rechtsnews 17113 vom 17. 4. 2014); im vorliegenden Fall war aber nicht der Schuldner selbst betroffen. Auch wenn die Krankheiten seiner Familienangehörigen auch für den Schuldner mit großer emotionaler Belastung verbunden waren und sind, könne daraus aber nicht eine damit einhergehende wesentliche Behinderung seiner Berufstätigkeit abgeleitet werden, so der OGH.

Ein erhöhter Unterhaltsbedarf der Tochter des Schuldners für diverse Heilbehelfe war für den OGH nicht nachvollziehbar: Die konkret genannten Beträge bewegten sich im Bereich von wenigen hundert Euro pro Jahr, der Schuldner war nicht Alleinverdiener und nach Abzug der Abschöpfungsbeträge verblieb ihm laufend ein unpfändbares Nettoeinkommen von rund 1.500 € monatlich plus Sonderzahlungen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20024 vom 10.08.2015