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Schadensteilung bei Warnpflichtverletzung

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

ABGB: §§ 1168a, 1304

Die Warnpflicht des Werkunternehmers, deren Verletzung zu einer Haftung gegenüber dem Besteller führt, bezieht sich gerade auf solche (offenbare) Hindernisse für die Vertragserfüllung, die in der Sphäre des Bestellers liegen. Eine Schadensteilung kann daher nicht bereits deshalb vorgenommen werden, weil die Umstände, vor denen der Unternehmer warnen hätte müssen (hier: Bodenverhältnisse), zur Sphäre des Bestellers gehören. Vielmehr ist ein Mitverschulden des Werkbestellers in Form einer unmittelbaren oder zurechenbaren Obliegenheitsverletzung erforderlich.

OGH 15. 12. 2015, 8 Ob 97/15w

Sachverhalt

Am Haus des Klägers kam es aufgrund des instabilen Untergrundes zu schweren Setzungen. Er beauftragte die Beklagte mit der Sanierung durch Unterfangen des Fundaments. Zuvor übergab er ihr ein Bodengutachten, das die Untergrundverhältnisse als sehr schwierig beschrieb und die Empfehlung enthielt, vor Sanierungsmaßnahmen zusätzliche Erkundungen und Laborversuche durchzuführen. Diese Untersuchungen fanden nicht statt.

Die Beklagte musste die Sanierungsarbeiten abbrechen, weil die eingesetzte Methode keine ausreichende Schonung des Gebäudes gewährleistete, sondern die Setzungen temporär noch stark beschleunigte. Erst nach einiger Zeit kam es dadurch zu einer teilweisen Stabilisierung des Untergrundes. Der Grund dafür lag in den besonderen Bodenverhältnissen, den teilweise mürben Gebäudefundamenten sowie unvorhergesehenen Spannungs- und Lastumlagerungen im Bauwerk und den Fundamentpfählen.

Im vorliegenden Verfahren begehrte der Kläger von der Beklagten Schadenersatz (Rückzahlung des Werklohns, Ersatz des Gebäudesanierungsaufwandes). Die Beklagte habe ihre Warnpflicht bezüglich einer näheren Untersuchung der Bodenverhältnisse verletzt.

Entscheidung

Dass eine Warnpflichtverletzung der Beklagten vorliegt, war im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt, wobei sie davon ausgingen, dass der Kläger 30 % (Erstgericht) bzw 50 % (Berufungsgericht) des Schadens selbst zu tragen hat, weil das Bodenrisiko in seine Sphäre fällt.

Hingegen lehnte der OGH eine Schadensteilung mit der Begründung ab, die Sphärenzurechnung reiche dafür nicht aus. Eine Obliegenheitsverletzung des Klägers, die die Anrechnung eines Mitverschuldens rechtfertigen würde, sei hier nicht erkennbar. Dies bedeute aber nicht, dass das Bodenrisiko durch die Warnpflichtverletzung zur Gänze auf die Beklagte überwälzt wird. Deren Schadenersatzpflicht umfasse nur die kausalen Sanierungskosten, nicht aber Sowiesokosten, die der Kläger für die Stabilisierung seines Gebäudes jedenfalls aufwenden hätte müssen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20929 vom 19.01.2016