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Schwerarbeit: Pflege bei besonderem Pflegebedarf – Teilzeit

Bearbeiter: Bettina Sabara / Bearbeiter: Barbara Tuma

SchwerarbeitsV: § 1 Abs 1 Z 5, § 4

ASVG § 231 Z 1 lit a

Wird Schwerarbeit in Form einer Tätigkeit zur berufsbedingten Pflege von kranken oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV ausgeübt, so liegt dann ein Schwerarbeitsmonat vor, wenn diese Tätigkeit in dem Mindestmaß von 15 Tagen im Kalendermonat tatsächlich ausgeübt wurde, wobei jeder Tag, an dem eine solche Tätigkeit verrichtet wurde, als Tag zählt, an dem Schwerarbeit geleistet wurde, und es bei dieser tageweisen Belastung nicht auf die Dauer der an dem jeweiligen Tag geleisteten Arbeitszeit ankommt.

Deshalb sind auch Teilzeitkräfte nicht vom Anwendungsbereich dieses Tatbestands der SchwerarbeitsV ausgeschlossen, wobei allerdings eine Untergrenze im Ausmaß der Hälfte der Normalarbeitszeit anzunehmen ist.

OGH 13. 4. 2016, 10 ObS 23/16d, und OGH 10. 5. 2016, 10 ObS 30/16h

Entscheidungen

In zwei aktuellen Fällen hatte der OGH erstmalig zu klären, ob bei Tätigkeiten nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV („Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz- oder Palliativmedizin“) auch die Dauer der Arbeitszeit pro Arbeitstag maßgeblich ist, um diesen Tag für das erforderliche Mindestmaß an Schwerarbeit von 15 Tagen im Kalendermonat anzurechnen.

Klägerin zur E OGH 13. 4. 2016, 10 ObS 23/16d, war eine diplomierte Krankenschwester auf der Neonatologie-Intensivstation, die zunächst im Ausmaß von 50 %, später im Ausmaß von 75 % bzw 87,5 % einer Vollzeitarbeitskraft teilzeitbeschäftigt war und regelmäßig 12-stündige Nachtdienste leistete.

In der E OGH 10. 5. 2016, 10 ObS 30/16h, ging es um die Schwerabeitszeiten einer teilzeitbeschäftigten diplomierten Krankenschwester, die auf der onkologischen Station eines Krankenhauses beschäftigt war.

Die rechtlichen Ausführungnen des OGH lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Schwerarbeit wegen psychischer Belastung

Für die Beantwortung der Frage, wann ein Schwerarbeitsmonat vorliegt, ist davon auszugehen, dass jedenfalls das Vorliegen von Versicherungsmonaten erforderlich ist (vgl § 231 Z 1 lit a ASVG; danach ist ein Versicherungsmonat jeder Kalendermonat, in dem mindestens Versicherungszeiten in der Dauer von 15 Tagen oder zwei ganze Beitragswochen liegen), und darüber hinaus ist auch entscheidend, ob in dieser Versicherungszeit Schwerarbeit iSd SchwerarbeitsV (BGBl II 2006/104 idF BGBl II 2013/201) geleistet wurde.

Zur Frage der Berechnung bzw Zählung der Schwerarbeitstage ist somit grundsätzlich von einer tageweisen Betrachtung auszugehen. Die Frage, welche Tage zu einer Qualifikation als Schwerarbeitsmonat führen können, ist in § 4 der SchwerarbeitsV nur indirekt, unmittelbar aber in § 1 der SchwerarbeitsV geregelt.

Während die Tatbestände nach § 1 Abs 1 Z 1 und 4 SchwerarbeitsV auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit abstellen, ist der Tatbestand nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV nicht zeitbezogen, sondern knüpft an die psychische Belastung an, die sich aus dem besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf schwerstkranker Patienten in besonders schwierigen Lebenssituationen ergibt.

Dauer der Arbeitszeit nicht maßgeblich

Auch für die Ermittlung als Schwerarbeitsmonat nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV ist somit nach Ansicht des OGH grundsätzlich maßgeblich, ob eine Schwerarbeit darstellende Tätigkeit in dem Mindestmaß von 15 Tagen im Kalendermonat tatsächlich ausgeübt wurde. Arbeitsunterbrechungen bleiben dabei außer Betracht, solange die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung weiter besteht. Da in § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV auf die Dauer der Arbeitszeit nicht Bezug genommen, sondern an die psychische Belastung angeknüpft wird, kommt es bei dieser tageweisen Belastung nicht auf die Dauer der an dem jeweiligen Tag geleisteten Arbeitszeit an. Jeder Tag, an dem eine Tätigkeit nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV verrichtet wurde, zählt daher als Tag iSd § 4 SchwerarbeitsV, also etwa auch dann, wenn an einem Tag nur vier Stunden Schwerarbeit nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV geleistet worden sind.

Um die Betrachtung pro Kalendertag zu illustrieren, nennt der OGH als Beispiel hier: Wurden im Rahmen einer besonders belastenden Pflegetätigkeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV bspw an drei hintereinander liegenden Tagen Nachtdienste in der Dauer von jeweils 12 Stunden verrichtet, erstreckt sich die Tätigkeit auf insgesamt vier Tage, sodass auch vom Erwerb von vier Tagen iSd § 4 SchwerarbeitsV auszugehen ist.

Eine generelle Übertragung einer über acht Stunden hinausgehenden Arbeitszeit von einem Arbeitstag auf andere Arbeitstage und eine Umrechnung dieser „monatlichen Gesamtarbeitszeit“ auf fiktive Acht-Stunden-Arbeitstage, um das Erfordernis der 15 Tage an geleisteter Schwerarbeit zu erreichen, kommt aber auch im Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV nicht in Betracht.

Teilzeitkräfte

Auch bei dem nicht zeitbezogenen Tatbestand der besonders belastenden Pflegetätigkeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV geht die Intention des Verordnungsgebers dahin, dass nur jener Tag als Schwerarbeitstag iSd § 4 SchwerarbeitsV zählen solle, an dem die besonders belastende Pflegetätigkeit auch tatsächlich geleistet wird. Da bei der berufsbedingten Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV nicht auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit abgestellt wird, sind Teilzeitkräfte auch nicht vom Anwendungsbereich dieses Tatbestands der Verordnung ausgeschlossen.

Da Schwerarbeit aber immer auch in Relation von Belastungs- und Erholungsphasen zu betrachten ist, weil sich mit der Möglichkeit von Erholungsphasen zwischen den einzelnen Tagen der Schwerarbeit auch die Gesamtbelastung verringert, wird eine Untergrenze anzulegen sein, die im Schrifttum mit der Hälfte der Normalarbeitszeit angenommen wurde.

Dass ein Versicherter nicht vollzeit-, sondern (zumindest im Ausmaß der Hälfte der Normalarbeitszeit) teilzeitbeschäftigt war, steht der Anwendung der SchwerarbeitsV somit nicht grundsätzlich entgegen.

Anmerkung: In der E 10 ObS 30/16h hat die dortige Klägerin auch die Verfassungsmäßigkeit des § 4 SchwerarbeitsV in Frage gestellt. Der OGH sieht jedoch keinen Anlass zu einer Antragstellung an den VfGH und führt dazu ua aus, dass die Tatsache, dass beim Erwerb von Schwerarbeitszeiten iSd § 1 Abs 1 Z 5 iVm § 4 SchwerarbeitsV auf die Anzahl der Arbeitstage pro Kalendermonat und nicht auf die Wochenarbeitszeit abgestellt werde, die Regelung noch nicht unsachlich mache. (Bettina Sabara)

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21855 vom 23.06.2016