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Überlassung von drittstaatsangehörigen Arbeitnehmern aus dem EU-Ausland

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

AEUV: Art 56, Art 57

Werden drittstaatsangehörige Arbeitnehmer eines Unternehmens mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU (hier: Slowenien), wo sie zum Arbeitsmarkt zugelassen sind und ihre Haupttätigkeit entfalten, an ein Unternehmen mit Sitz in Österreich überlassen, darf deren Verwendung in Österreich von keiner Beschäftigungsbewilligung oder anderen konstitutiv wirkenden Bewilligung oder Bestätigung abhängig gemacht werden. Im Hinblick auf das Urteil EuGH 11. 9. 2014, C-91/13, Essent Energie Productie, ARD 6426/23/2014, widersprechen die diesbezüglichen österreichischen Regelungen dem Gemeinschaftsrecht und haben aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem innerstaatlichen Recht unangewendet zu bleiben.

VwGH 21. 4. 2015, Ra 2015/09/0006

Sachverhalt

Die slowenische V**** d.o.o. hat - in einem Zeitraum nach dem 1. 5. 2011 - der österreichischen L**** GmbH drei drittstaatsangehörige Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung überlassen, die von der L**** GmbH zur Durchführung von Arbeiten auf einer Baustelle auf dem Gelände der V*** GmbH eingesetzt wurden. Weil für die betreffenden ausländischen Arbeitskräfte keine arbeitsmarktbehördliche Bestätigung bzw Bewilligung ausgestellt wurde, wurde die Geschäftsführerin der L**** GmbH wegen Übertretungen des § 28 Abs 1 Z 1 lit a Aus,BG iVm § 2 Abs 2 lit e und § 3 Abs 1 AuslBG zu drei Geldstrafen verurteilt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die vom VwGH zugelassen wurde, weil die Geschäftsführerin mit dem Hinweis auf das Urteil EuGH 11. 9. 2014, C-91/13, Essent Energie Productie, ARD 6426/23/2014, aufgezeigt hat, dass die bisherige Rechtsprechung des VwGH nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.

Abkehr von bisheriger Rechtsprechung

Im Urteil EuGH 11. 9. 2014, C-91/13, Essent Energie Productie, ARD 6426/23/2014, gelangte der EuGH in Abkehr von seiner bisherigen Position (vgl EuGH 10. 2. 2011, Vicoplus ua, C-307/09, ARD 6122/12/2011) zu dem Ergebnis, dass Art 56 AEUV und Art 57 AEUV einer Regelung entgegenstehen, wonach eine Überlassung drittstaatsangehöriger Arbeitnehmer von einem Unternehmen mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat an ein entleihendes Unternehmen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat (Beschäftiger) davon abhängig ist, dass für diese Arbeitnehmer eine Beschäftigungserlaubnis erteilt worden ist.

Diesbezüglich entspricht der gegenständliche Sachverhalt jenem, der dem Urteil C-91/13 zu Grunde liegt. Im vorliegenden Fall ist allerdings (noch) nicht festgestellt worden, ob sich die drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat Slowenien rechtmäßig aufhalten und arbeiten durften und ob sie ihre Haupttätigkeit in Slowenien oder in Österreich ausübten.

Die österreichischen Regelungen, die für die Beschäftigung der drittstaatsangehörigen überlassenen Arbeitnehmer auch nach dem Auslaufen der bis 1. 5. 2011 geltenden Einschränkungen gegenüber Slowenien - bei Annahme der Zulassung der Arbeitskräfte zum slowenischen Arbeitsmarkt sowie ihrer Haupttätigkeit in Slowenien - weiterhin eine Beschäftigungsbewilligung oder andere konstitutiv wirkende Bewilligungen oder Bestätigungen fordern, widersprechen somit - nach der durch das EuGH-Urteil C-91/13 insofern für den Zeitraum nach dem 1. 5. 2011 eindeutig geklärten Rechtslage - dem Gemeinschaftsrecht und haben aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem innerstaatlichen Recht unangewendet zu bleiben.

Indem das Verwaltungsgericht dies verkannte, erweist sich das angefochtene Erkenntnis daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und wurde vom VwGH aufgehoben. Im fortzusetzenden Verfahren wird das VerwG aber im Hinblick auf das Urteil des EuGH C-91/13 noch festzustellen haben, ob sich die drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer in Slowenien rechtmäßig aufhalten und arbeiten durften.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19739 vom 25.06.2015