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Umweltorganisation – Beschwerdelegitimation lt Anerkennungsbescheid

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UVP-G 2000: § 19

Auch in jenen Fällen, in denen (wie hier) die Beschwerdelegitimation einer Umweltorganisation mangels innerstaatlicher Implementierung eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes nach der Aarhus-Konvention und GRC zu beurteilen ist, kann eine Beschwerde an das VwG somit nur von jenen gem § 19 Abs 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen erhoben werden, die sich für den Umweltschutz einsetzen und deren Tätigkeit sich inhaltlich und räumlich auf den „Schutz des Allgemeininteresses“ bezieht. In einem Parallelverfahren hat der VwGH bereits klargestellt, dass bei der Beurteilung der Antragslegitimation einer Umweltorganisation im Rahmen des Art 9 Abs 2 und Abs 3 Aarhus-Konvention (AK) nicht nur auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs 6 UVP-G 2000 abzustellen ist, sondern gerade auch auf die bescheidmäßige Anerkennung gem § 19 Abs 7 UVP-G 2000 und den sich daraus ergebenden räumlichen Tätigkeitsbereich einer Umweltorganisation (VwGH 30. 9. 2020, Ra 2019/10/0070 und 0071, ZfV 2021/33-18).

Der geografische Tätigkeitsbereich einer anerkannten Umweltorganisation ergibt sich im Hinblick auf die Geltendmachung ihrer Parteienrechte somit aus dem Anerkennungsbescheid des BM. Der revisionswerbenden Partei kam hier nach dem Anerkennungsbescheid als Umweltorganisation iSd § 19 Abs 7 UVP-G 2000 zum Zeitpunkt der Erlassung des naturschutzbehördlichen Bewilligungsbescheides die Befugnis zur Ausübung der Parteienrechte in Kärnten zu. Daran vermögen die Bedenken des VwG iZm vereinsrechtlichen Bestimmungen nichts zu ändern (nach Ansicht des VwG war der Bereich der Beschwerde geografisch nicht vom Tätigkeitsbereich lt Satzung gedeckt und könnte eine Überschreitung des statutenmäßigen Wirkungskreises grds gem § 29 Abs 1 Vereinsgesetz zur Auflösung des Vereins führen).

§ 19 Abs 6 Z 1 UVP-G 2000 nimmt insoweit auf die Vereinsstatuten Bezug, als sich aus diesen als vorrangiger Zweck der „Schutz der Umwelt“ ergeben muss; damit hebt § 19 Abs 6 Z 1 UVP-G 2000 den aus den Statuten ablesbaren, konkreten Vereinszweck für die Zwecke der Anerkennung als Umweltorganisation auf eine allgemein-abstrakte Ebene. Für die Anerkennung als Umweltorganisation - und für die Ausübung der damit verbundenen Parteienrechte - sind die Statuten jedoch nur insoweit maßgeblich, als sich daraus ergeben muss, dass sich die Organisation in erster Linie dem Umweltschutz widmet (vgl RV 648 BlgNR 22. GP 11). Eine Beschränkung einer anerkannten Umweltorganisation auf den statutengemäßen sachlichen Wirkungsbereich ergibt sich daraus nicht.

VwGH 13. 6. 2023, Ro 2021/10/0004

Entscheidung

In Kärnten wurde die Beteiligung von anerkannten Umweltorganisationen im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren mit der Novellierung des K-NSG 2002 mit dem Kärntner Aarhus- und Umwelthaftungs-Anpassungsgesetz, LGBl 2019/104, neu geregelt. Das VwG ging davon aus, dass die Übergangsbestimmung des Art VII Abs 2 leg cit eine rückwirkende Anfechtungsmöglichkeit (nur) bis zum Stichtag 20. 12. 2017 vorsehe, und verneinte die Beschwerdelegitimation der revisionswerbenden Partei (ua), weil der hier angefochtene naturschutzrechtliche Bewilligungsbescheid mit 28. 2. 2017 datierte.

Nach Ansicht des VwGH ist diese Übergangsbestimmung auf den vorliegenden Fall jedoch nicht anzuwenden und das VwG durfte die Zurückweisung der Beschwerde daher nicht darauf stützen:

Kurz zusammengefasst geht der VwGH davon aus, dass im Rahmen der Übergangsbestimmung nicht festgelegt wird, wie mit Verfahren über Beschwerden von Umweltorganisationen umzugehen ist, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Anpassungsgesetzes bereits anhängig waren, weil die Beschwerde trotz fehlender ausdrücklicher gesetzlicher Beschwerdemöglichkeit eingebracht wurde. Der Wortlaut der Übergangsbestimmung spricht dafür, dass damit eine Regelung nur für Bescheide getroffen werden sollte, die von der Umweltorganisation noch nicht angefochten worden waren; etwas anderes lässt sich auch nicht aus den Mat ableiten (s RV zu 01-VD-LG-1891/18-2019, 6).

Hinsichtlich anhängiger Revisionsverfahren vor dem VwGH trifft der Landesgesetzgeber mit Abs 4 Anpassungsgesetz eine Regelung dahingehend, dass solche weitergeführt werden sollen, auch wenn der Bescheid, auf den sich die Revision bezieht, vor dem 20. 12. 2017 in Rechtskraft erwachsen ist. Alleine daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass beim VwG bereits anhängige Beschwerdeverfahren nicht weitergeführt werden dürften, zumal weder die Erläuterungen zum Anpassungsgesetz (RV zu 01-VD-LG-1891/18-2019, 5f), noch jene zum Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018 des Bundes (EBRV 270 BlgNR 26. GP), das Schicksal anhängiger Beschwerdeverfahren thematisieren.

Da somit die Übergangsbestimmung des Artikels VII Anpassungsgesetz Beschwerdeverfahren nicht erfasst, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes beim VwG anhängig waren, ist diese Übergangsbestimmung auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Das VwG durfte daher die Zurückweisung der Beschwerde nicht auf Artikel VII Anpassungsgesetz stützen, sondern hätte vielmehr anhand der Grundsätze der Rsp des VwGH eine allfällige Parteistellung aus der Aarhus-Konvention iVm Art 47 GRC beurteilen müssen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34477 vom 08.09.2023