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Urheberrechts-Novelle 2015 – Ministerialentwurf

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert werden sollen (Urheberrechts-Novelle 2015 – Urh-Nov 2015)

ME 2. 6. 2015, 132/ME NR 25. GP

Gesetzwerdung bleibt abzuwarten

Ausgangslage:

Geänderte wirtschaftliche, technische und rechtliche Rahmenbedingungen haben zu einer Reihe von Reformanliegen geführt, die die Regierungsparteien dazu veranlasst haben, eine Reform des Urheberrechtes in das Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013 – 2018 aufzunehmen.

In Umsetzung des Arbeitsprogramms greift dieser Entwurf dieses Vorhaben – aufbauend auf Vorarbeiten der vorangegangenen Legislaturperiode – auf.

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:

-Verwertungsrechte am Filmwerk – Änderung des § 38 UrhG:
Aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchen des HG Wien hat der EuGH in seiner Entscheidung C-277/10 (= LN Rechtsnews 12517 vom 10. 2. 2012 = RdW 2012/164) die Ansicht vertreten, dass die gesetzliche Übertragung der Rechte des Hauptregisseurs als Filmurheber auf den Filmproduzenten („cessio legis“) dem Unionsrecht widerspricht und durch eine Vermutungslösung zu ersetzen wäre. Dies bedeutet zunächst nur, dass § 38 Abs 1 UrhG für den Hauptregisseur nicht mehr iS einer gesetzlichen Rechteeinräumung, sondern als widerlegbare Vermutungsregel zu interpretieren ist. Dennoch schlägt der Entwurf vor, die cessio legis des § 38 Abs 1 UrhG für alle Filmurheber zu überarbeiten und die deutsche Regelung einer widerlegbaren Vermutung verbunden mit dem Verbot einer Vorausabtretung zu übernehmen.
-Vergütungen für private Vervielfältigungen – Neuregelung in § 42b UrhG:
Das UrhG gestattet die Vervielfältigung von Werken zum eigenen und privaten Gebrauch und sieht dafür in § 42b zwei Vergütungsansprüche vor, die den Urhebern Einnahmen aus der privaten Vervielfältigung sichern sollen. Die „Leerkassettenvergütung“ wird auf Trägermaterial eingehoben und soll die Urheber für private Vervielfältigungen auf Bild- und Schallträgern (also für „Aufnahmen“) entlohnen. Der Entwurf schlägt in Orientierung an der deutschen Rechtslage vor, Speichermedien jeglicher Art in die „Leerkassettenvergütung“ einzubeziehen und anlässlich dessen § 42b UrhG auch in anderen Aspekten zu überarbeiten.
Eine Rückzahlung der Vergütung kommt nur mehr für Letztverbraucher in Betracht, die glaubhaft machen, dass sie die Speichermedien überhaupt nicht für Vervielfältigungen zum eigenen oder privaten Gebrauch nutzen oder nutzen lassen. Dafür wird nach den EB „idR wohl die Vorlage der Rechnung für die Speichermedien und die Ausfüllung eines von der Austro-Mechana auf ihrer Website angebotenen Formulars ausreichen, wenn der Rückersatzwerber ein zur privaten Vervielfältigung nicht berechtigter Unternehmer oder eine juristische Person ist“.
Dieser Rückzahlungsanspruch soll darüber hinaus im Sinn der Praxis der Austro-Mechana sowie der Vorgaben der Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen C-467/08, Padawan (= LN Rechtsnews 9996 vom 22. 10. 2010 = RdW 2010/782), und C-521/11, Amazon (= LN Rechtsnews 15483 vom 12. 7. 2013 = RdW 2013/439), um eine Regelung ergänzt werden, nach der eine Vergütungspflicht von vornherein entfällt, wenn der Zahlungspflichtige glaubhaft macht, dass die Speichermedien weder von ihm selbst noch von Dritten für vergütungspflichtige Vervielfältigungen verwendet werden.
Mit der Neuregelung des Rückersatzanspruchs und der Ausnahme von der Vergütungspflicht sollen auch sprachlich die Anforderungen umgesetzt werden, die der EuGH in seiner Entscheidung in der Rs C-521/11, Amazon, an ein System der Einhebung der Leerkassettenvergütung bei den Produzenten und Importeuren gestellt hat. Dabei ordnet der Entwurf ausdrücklich an, dass die Verwertungsgesellschaft auf ihrer Website einen einfachen, verständlichen und für den durchschnittlichen Nutzer nachvollziehbaren Weg für die Geltendmachung des Rückersatzanspruchs und der Befreiung von der Zahlungspflicht anzubieten hat, der eine wirksame Geltendmachung ermöglicht und mit keiner übermäßigen Erschwernis verbunden ist. Die Verwertungsgesellschaft wird daher bereits auf der Startseite ihrer Website ein für den Rückzahlungswerber leicht auffindbares Formular anzubieten haben, aus dem sich die Anforderungen ebenso ergeben wie die Stelle, bei der das Rückzahlungsbegehren einzubringen ist.
Letztlich sieht der Entwurf eine Verpflichtung vor, in Rechnungen über die Veräußerung von Geräten und Speichermedien auf die Vergütung hinzuweisen. Dies soll die Durchsetzung des Rückersatzanspruchs erleichtern.
-Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger:
Schon derzeit nutzen Newsaggregatoren und Suchmaschinen Presseerzeugnisse für ihre eigenen gewerblichen Zwecke. Verleger können dagegen nicht aus eigenem Recht, sondern nur aus dem von den Autoren abgeleiteten Rechten vorgehen, was die Rechtsdurchsetzung erschwert und ihre Verhandlungsposition schwächt. Es wird daher ein Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse vorgeschlagen, das Verlegern die Möglichkeit einräumt, ihre Erzeugnisse zu lizenzieren und gegen die unbefugte Nutzung aus eigenem Recht vorzugehen.
-Neuregelung des Zitatrechts, Einführung einer freien Werknutzung für das „unwesentliche Beiwerk“:
Das Zitatrecht soll großzügiger formuliert ( § 42f UrhG ) und eine Ausnahme für „unwesentliches Beiwerk“ nach deutschem Vorbild geschaffen werden ( § 42e UrhG ; danach dürfen Werke „vervielfältigt, verbreitet, durch Rundfunk gesendet, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und zu öffentlichen Vorträgen, Aufführungen und Vorführungen benutzt werden, wenn sie dabei nur zufällig oder beiläufig und ohne Bezug zum eigentlichen Gegenstand der Verwertungshandlung genutzt werden.“
-Erleichterung der Werknutzung für Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtung:
In § 42a UrhG soll klargestellt werden, dass der Versand von Kopien durch Bibliotheken auf Bestellung auch in digitaler Form möglich ist.
Darüber hinaus soll die freie Werknutzung der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch von Sammlungen geringfügig erweitert werden, um die Anfertigung von Sicherungskopien auf gesicherte Grundlagen zu stellen (§ 42 Abs 7 und 8 UrhG).
In § 42g UrhG soll eine Rechtsgrundlage für die Zuverfügungstellung von Lehrmaterialien in einem Intranet für Bildungszwecke geschaffen werden.
Um die Nutzung von Werken in Prüfungsaufgaben („Zentralmatura“) zu vereinfachen, soll § 59c UrhG um einen darauf Bezug nehmende Bestimmung ergänzt werden, die eine Verwertungsgesellschaftenpflicht mit Außenseiterwirkung vorsieht.
-Zweitverwertungsrecht für Urheber wissenschaftlicher Beiträge:
Zur Förderung von Zweitveröffentlichungen im Weg des Open Access soll für wissenschaftliche Urheber ein Zweitverwertungsrecht für die Ergebnisse hauptsächlich öffentlich-finanzierter Forschung eingeführt werden.
-Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Werken in Formaten, die für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind:
In vorweggenommener Umsetzung des WIPO-Marrakesch-Abkommens zur Erleichterung lesebehinderter Personen zu veröffentlichten Werken soll die freie Werknutzung nach § 42d UrhG zugunsten behinderter Menschen erweitert und auch sonst an die Vorgaben des Vertrags angepasst werden.
-Modernisierung der Bestimmungen über das verwandte Schutzrecht der ausübenden Künstler und Veranstalter:
Der Entwurf schlägt eine sprachliche und systematische Modernisierung des I. Abschnitts des II. Hauptstücks (§§ 66 bis 72 UrhG) über das verwandte Schutzrecht für die Leistungen der ausübenden Künstler und der Veranstalter vor. Inhaltlich sollen dabei aber nur die Persönlichkeitsrechte der ausübenden Künstler an die der Urheber angenähert werden.
-Auflassung des „Urheberregisters“:
Um in den Genuss des Laufs der Regelschutzfrist (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) zu kommen, müssen die Urheber anonym erschienener Werke innerhalb der für sie geltenden Schutzfrist (70 Jahre nach Erstveröffentlichung) in das Urheberregister eingetragen und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlicht werden. Die Revidierte Berner Übereinkunft und die Schutzdauerrichtlinie hingegen lassen hiefür die Offenbarung der Identität des Urhebers genügen.
Derzeit wird das Urheberregister so gut wie gar nicht genutzt. Es wird daher vorgeschlagen, das Urheberregister abzuschaffen und nach den konventions- und gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für den Lauf der Regelschutzfrist nur noch die Offenbarung der Identität des Urhebers vorzusehen.

Inkrafttreten:

Als Datum des Inkrafttretens ist grds der 1. 10. 2015 vorgesehen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19612 vom 03.06.2015